Die Musikerin Diana Ezerex gibt Konzerte, wo sonst eher Stille herrscht: im Gefängnis. In der JVA Volkstedt spielt sie zum 50. Mal vor Inhaftierten. Für manche, ihr erstes Live-Konzert.
Eine Gitarre, ein Mikrofon - und Stille in der Sporthalle. Das Konzert der Künstlerin Diana Ezerex findet nicht auf einer klassischen Bühne statt: Sie spielt für Menschen im Gefängnis. «Ich finde es einfach wichtig, Kunst und Kultur zugänglich für alle zu machen», sagt die 30-Jährige der Deutschen Presse-Agentur.
Die Musikerin stammt aus Biberach in Baden-Württemberg. Sie tritt seit acht Jahren ehrenamtlich in Justizvollzugsanstalten auf - deutschlandweit, aber auch in Österreich. Sie singt für Männer, Frauen, Jugendliche; für Menschen, die leichte wie auch schwere Straftaten begangen haben. «Es ist egal, in welchem Ort die Kunst stattfinden darf, egal wer die Kunst hört», betont Ezerex. In der Justizvollzugsanstalt Volkstedt, einem Ortsteil der Lutherstadt Eisleben in Sachsen-Anhalt, gibt sie nun ihr 50. Konzert.
Begeisterung in der JVA
Etwa 50 Gefangene kommen zu Ezerex' Konzert. Dafür müssen sie - wie für fast alles im Gefängnis - einen Antrag stellen. «Sie waren vorher schon aufgeregt, sie haben sich rasiert und schick gemacht», erzählt Kerstin Geisenhahn, Justizbeamtin in der Anstalt.
Als Ezerex zu singen beginnt, ist es still. Sie singt auf Englisch, spricht auf Deutsch mit dem Publikum - über Freundschaft, Selbstfindung, Trauer, Identität und das Leben im Gefängnis. Die Männer hören aufmerksam zu. Beim Lied über das Zuhause glänzen vereinzelt Augen.
Für viele ist das Konzert etwas Besonderes. «Es war mein erstes Live-Konzert im ganzen Leben. Ich fand es super», sagt ein 38-jähriger Insasse. Am Ende überreicht er der Künstlerin einen Blumenstrauß und bittet um ein Autogramm.
«Es ist mal was anderes als unser Alltag», sagt ein 47-Jähriger. Er erinnert sich an ein Konzert mit seinem Sohn in Berlin - Depeche Mode. Live-Musik sei etwas ganz Besonderes. Solche Veranstaltungen könnten gern öfter stattfinden, meint er. Die Insassen müssen anonym bleiben.
Kultur als Teil von Resozialisierung
Justizvollzugsanstalten sind gesetzlich verpflichtet, Freizeitangebote für Gefangene bereitzustellen. Solche Veranstaltungen seien keine «nette Abwechselung», wie ein Sprecher des Justizministeriums erklärt, sondern Teil des Resozialisierungsprozesses. Das letzte Kulturangebot in Volkstedt ist jedoch drei Jahre her - ein Theaterstück, wie Geisenhahn erklärt.
Künstlerin Ezerex macht das ehrenamtlich. «Ich finde es wichtig, dass Kunst nicht nur in klassischen Räumen stattfindet», sagt die Oberschwäbin. Musik könne inspirieren, Mut machen. Bei Gefängniskonzerten erlebe sie oft, wie Menschen sich öffnen. Manchmal bekommt sie Jahre später Briefe von ehemaligen Inhaftierten, die sich bedanken. Auch in Volkstedt zeigt sich die Wirkung: «Ich hoffe, sie irgendwann mal wieder zu sehen», sagt der 38-Jährige begeistert nach dem Konzert. «Sie hat eine gute Stimme.»
Ein etwas anderes Gefängnis
Die JVA Volkstedt liegt auf einem Hügel im Mansfelder Land, umgeben von Abraumhalden des Kupferschieferbergbaus. Die Gefangenen, die hier bis zu zweieinhalb Jahre absitzen, können aus ihren Zellen den Himmel sehen - das sei nicht in allen Einrichtungen üblich, sagt der Justizsprecher.
Etwa 150 Männer ab 28 Jahren verbüßen in Volkstedt ihre Strafen - viele wegen Drogendelikten, andere wegen Betrugs oder Sexualstraftaten. Einige kämpfen mit Sucht- oder Gesundheitsproblemen, viele sind Rückfalltäter, wie Justizbeamtin Geisenhahn erklärt. Für die Männer, die ihre Freizeit meist mit Sport oder Gärtnern verbringen, war das Konzert ein Highlight, sagt sie. «Ich glaube, das wirkt eine Weile nach.»
Ezerex lockert die Stimmung mit Witzen, animiert zum Mitsingen. Erst zögerlich, dann immer lauter stimmen die Männer beim letzten Song «Now I stand» ein. Zum Abschluss gibt es langen Applaus, einige bitten um eine Zugabe. «Ich dachte sowas wär' in Gefängnissen schon ausgestorben», sagt ein 40 Jahre alter Insasse.