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Musikland-Jahreskonferenz zeigt Perspektiven für geflüchtete Musiker. Foto: Hufner
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Grönemeyer fordert mehr Politik in der Musik und kritisiert Merkel

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Hamburg - Was bedeutet heute Haltung? Wie können Musiker politische Verantwortung zeigen? Und warum kann das Engagement auch zu Problemen führen? Über diese Fragen haben Musiker und Mitarbeiter von Hilfsorganisationen auf dem Reeperbahnfestival debattiert.

Sänger Herbert Grönemeyer erklärte, dass das Musikmachen für ihn immer auch ein politischer Vorgang sei. «Ich komme aus der alten Rock 'n' Roll-Zeit aus den 60ern und 70ern, und Musik ist für mich bis heute politisch», sagte der 61-Jährige am Donnerstag in Hamburg. «Kunst ist dafür da, eine Gesellschaft aufzurütteln. Das ist unsere Aufgabe. Wir sind dafür da, die Leute zu verärgern und nervös zu machen.»

Bei den heutigen Künstlern vermisse er oftmals eine gewisse Haltung. «Die Politik findet vielleicht im Hip-Hop, im Rap statt, aber ansonsten ist die Musikszene wie vieles andere sehr «Frau-Merkel-durchgenebelt».» Kunst, gerade junge Kunst sei dazu da, «den Etablierten auf die Nerven zu gehen und zu sagen: das ist Mist, was ihr hier macht.»

Soulsänger Fetsum, der selbst als Flüchtlingskind nach Deutschland kam, ist der Meinung, dass man die Menschen am besten über Emotionen sensibilisieren und motivieren kann: «Die Themen sind so schwer, wenn wir versuchen, da intellektuell ranzugehen, werden wir scheitern. Wir brauchen die Emotionen. Wir müssen die Herzen öffnen», erklärte Fetsum, der in diesem Sommer zum zweiten Mal das Berliner Benefizfestival «PeaceXPeace» organisierte. «Wir leben in einem Land, das Mauern und Grenzen erlebt hat, das ist nicht so lange her.» Deshalb erwarte er von Deutschland einen viel sensibleren Umgang beispielsweise mit der Flüchtlingsthematik.

Michael Schwickart von der Initiative Sea Watch, die sich der zivilen Seenotrettung von Flüchtlingen verschrieben hat, betonte, wie wichtig der Support von Künstlern sei. «Uns fehlt die Stimme nach außen.» Für viele Medien sei das Thema nicht mehr so interessant, umso wichtiger sei das Sprachrohr der Prominenten.

Zur Sprache kam auch, dass das Engagement von Künstlern manchmal belächelt und diese schnell mit dem Negativbegriff «Gutmensch» betitelt würden. «Das ist auch der Grund, warum manche keine Haltung beziehen, weil sie so schnell auf die Fresse bekommen», sagte Michael Fritz von der Trinkwasser-Initiative Viva Con Agua. Er interessiere sich nicht für solche Kritiker, sagte Grönemeyer. «Man kann sich nicht den Schneid abkaufen lassen von irgendwelchen Vollidioten.»

Harsche Kritik übte der Sänger («Mensch», Männer») an der Politik von Bundeskanzlerin Angela Merkel (CDU): «Ich hab von Frau Merkel auch noch nichts dazu gehört, was im Osten vorgeht, was da für ein Rechtsruck passiert.» Und auch von Merkels vielfach gelobter Flüchtlingspolitik aus dem Jahr 2015 hält der 61-Jährige nicht viel. «Man verbindet jetzt Frau Merkel immer mit dem Flüchtlingsthema, aber Frau Merkel hat das Flüchtlingsthema einen Mist interessiert», meinte Grönemeyer. «Die Gesellschaft ist den Geflüchteten entgegengegangen, und dann hat sie reagiert und sich das ans Revers gehängt.»

Und welche Verantwortung haben die Künstler? «Wir sollten unseren eigenen Hintern hochkriegen und versuchen, auch wieder stärker politisch in unseren Songs zu sein», erklärte Grönemeyer. Und: «Wir müssen trommeln und die Leute motivieren, sich zu engagieren. Das ist unsere Aufgabe in dieser Kette von Menschen, die etwas verändern wollen.»

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