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Kulturstaatsministerin Monika Grütters. Foto: Hufner
Grütters will Strukturfonds für Kulturszene in Corona-Krise. Foto: Hufner
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Grütters: Filmförderung «behutsam umsteuern» - gegen deutsche Quote

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Berlin (dpa) - Mit Blick auf einen deutlichen Rückgang der Kinobesuche setzt Kulturstaatsministerin Monika Grütters die Filmförderung in Deutschland auf den Prüfstand. «Wir müssen mit den Verantwortlichen im Filmschaffen darüber reden, wie wir unsere Filmförderung strukturieren», sagte die CDU-Politikerin der Deutschen Presse-Agentur vor dem Start der Berlinale in Berlin.

«Es geht ja um mehr als 400 Millionen Euro, die Bund- und Länderförderer zusammen in die Film- und Serienförderung geben.» Grütters verwies auf jüngste Zahlen: «Die Jahresbilanz liegt knapp über 100 Millionen Kinobesuchern, das ist ein deutliches Minus gegenüber den Vorjahren.» In den beiden Jahren zuvor waren es nach Zahlen der Filmförderanstalt (FFA) jeweils gut 120 Millionen Besucher. «Das vergangene Jahr war hoffentlich nur ein Ausreißer nach unten», sagte Grütters und verwies auf Rahmenbedingungen. «Das ist eine Momentaufnahme, die Gründe sind bekannt: es gab eine Fußball-WM und einen heißen langen Sommer. Das merken die Kinos sofort.»

Für mögliche Reformen setzt die Kulturstaatsministerin auf Kooperation im Rahmen der anstehenden Beratung über die Novelle des Filmförderungsgesetzes. «Die Branche muss auch selber sagen, wo man vielleicht noch behutsam umsteuern könnte.» Da lohne sich ein Runder Tisch: «Verleiher haben andere Interessen als Produzenten, Schauspieler andere als TV-Intendanten, Kino-Betreiber andere als Drehbuchautoren.» Es gebe zwar viele Akteure, aber das gemeinsame Ziel «möglichst viele gute deutsche Filme an der Kasse zu haben, möglichst viele Besucher glücklich zu machen».

Den Anteil deutscher Produktionen an allen in Deutschland gezeigten Kinofilmen bewertet Grütters positiv. «Der Marktanteil des deutschen Films liegt jetzt bei etwa 23 bis 24 Prozent, die endgültigen Zahlen kommen zur Berlinale. Der Anteil des deutschen Films ist also gegenüber den Vorjahren gleich geblieben. Das ist eine gute Nachricht», sagte sie.

Einen festen Anteil für deutsche Filme beurteilt die Politikerin skeptisch. «Eine Quote widerspricht unserem Geist der Autonomie in der Programmplanung, wir reden ja von selbstbewussten kulturellen Betrieben. Da verbietet es sich, als Staat reinzureden, auch dann, wenn es um das Interesse geht, mehr deutsche Produktionen in die Kinos zu bekommen», sagte Grütters. Eine Quotierung - wie etwa in Frankreich - stünde für eine andere Geisteshaltung. «Ich glaube nicht, dass wir auf nationaler Ebene mit einer Quotierung weiterkämen.»

Die Zielrichtung der Förderung will Grütters nicht in Frage stellen: «Dass gute, relevante deutsche Filme wieder mehr auf den Filmfestivals gesehen und ausgezeichnet werden, die auch einen experimentellen Charakter haben, ist eine Bestätigung dafür, dass die massive Stärkung der kulturellen Filmförderung richtig war und nicht schwächer werden darf.»

Grütters, die selbst keinen Streaming-Dienst abonniert hat, sieht eine Öffnung der Festivals für solche Produktionen skeptisch. «Ich glaube, dass es im Moment noch verfrüht wäre, ausschließlich für Streaming-Dienste produzierten Filmen die Festivaltüren zu öffnen. Die Festivals müssen zu allererst natürlich Verhandlungsort über die Qualität von Kinofilmen bleiben.»

Filme, die ausschließlich bei Streaming-Diensten gezeigt werden, bekommen bislang keine Förderung. Es könne aber sein, dass dies irgendwann nicht mehr so ausschließlich der Fall sein werde, sagte Grütters. «Im Moment ist das aber so, und es hat gute Gründe. Wir haben eine Philosophie entwickelt, die immer noch gilt: Kinos sind Kulturorte, da werden gesellschaftliche Themen verhandelt.»

Da werde nicht nur technisch korrekt ein Film abgespult. «Hier geht es auch um Gemeinschaftserlebnisse. Da trifft sich Gesellschaft, da sind Gleichgesinnte, die von dem Gruppenerlebnis Kino mehr haben, als wenn sie alleine zu Hause auf dem Sofa säßen.» Kinos seien ein wichtiger kultureller und wirtschaftlicher Faktor in städtischen und ländlichen Lebensräumen.

Die Berlinale, deren 69. Ausgabe von Donnerstag an bis zum 17. Februar dauert, sieht Grütters als Erfolgsgeschichte. «Was ich gut finde an dieser Berlinale: 17 Filme im Wettbewerb, davon allein drei deutsche. Von 17 Filmen sind sieben von Frauen, was sehr gut ist.» Die Retrospektive sei diesmal den Frauen gewidmet. «49 Filme von 49 Regisseurinnen - das finde ich großartig.»

Für Grütters ist dies ein Zeichen der Klasse des scheidenden Festival-Chefs Dieter Kosslick, das das Engagement für mehr Chancengleichheit für Frauen in Kultur und Medien ergänze. «Es zieht sich ein schöner roter weiblicher Faden durch diese Berlinale», sagte sie. «Mit Charlotte Rampling bekommt eine tolle Frau den Ehrenbären, mit Juliette Binoche ist eine tolle Frau Präsidentin der Jury».

Grütters hofft auf einen neuerlichen Erfolg des Festivals. «Die Berlinale ist das größte Publikumsfestival der Welt, bei einigen anderen Festivals ist das Straßenpublikum ja gar nicht die entscheidende Zielgruppe. Hier dagegen gibt es knapp eine halbe Million Besucher, fast 350 000 verkaufte Tickets.»

Bei der Bundesförderung geht es für das Festival in zwei Schritten aufwärts. Vom Berlinale-Budget in Höhe von 26 Millionen Euro trägt der Bund in diesem Jahr 8,2 Millionen Euro. Dafür sei die Förderung in 2019 um 500 000 Euro erhöht worden, «auch als Respektbekundung für Dieter Kosslick». Im nächsten Jahr, wenn beim 70. Berlinale-Jubiläum mit der Geschäftsführerin Mariette Rissenbeek und dem künstlerischen Leiter Carlo Chatrian eine Doppelspitze bilden, soll der Zuschuss noch mal um eine halbe Million Euro steigen.

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