Berlin - Kulturstaatsministerin Monika Grütters (CDU) will das geplante Gesetz zum Schutz von Kulturgütern angesichts massiver Kritik weiter entschärfen. In einem Gespräch mit der Deutschen Presse-Agentur kündigte die CDU-Politikerin mehrere Nachbesserungen für das parlamentarische Verfahren an.
«Unser Anliegen bleibt, national wertvolles Kulturgut bestmöglich vor der Abwanderung ins Ausland zu schützen», sagte sie. «Ich setze darauf, dass wir eine einvernehmliche Lösung zwischen Bundestag und Bundesrat finden und das Gesetz noch vor der Sommerpause verabschieden können.»
Vor allem bei Händlern und Galeristen waren Grütters' Vorschläge auf heftigen Widerstand gestoßen. Am Mittwoch (13. April) will sich der Kulturausschuss des Bundestags in einer ungewöhnlich umfangreichen Anhörung mit dem Vorhaben befassen. 14 Experten sind geladen, jeweils einen fünf Seiten umfassenden Fragenkatalog zu beantworten.
Grütters will vorschlagen, noch genauer zu definieren, was als «national wertvolles Kulturgut» nicht ins Ausland ausgeführt werden darf. «Uns geht es nur um wirklich herausragende Einzelstücke, deren Abwanderung ein Verlust für Deutschland wäre», betonte sie. «Einen Kippenberger, einen Nolde oder einen Liebermann etwa müssen wir nicht zwangsläufig unter Schutz stellen, weil unsere Museen ja sehr viele Werke dieser Künstler haben.»
Zudem soll im Gesetz ausdrücklich die Möglichkeit zu einem sogenannten Negativ-Attest festgeschrieben werden. Sammler und Eigentümer könnten sich danach von den Behörden und Sachverständigenausschüssen bestätigen lassen, dass ihre Kunstwerke nicht zum schützenswerten Bestand gehören, sie also jederzeit frei über ihr Eigentum verfügen können.
Und schließlich soll eine «Laissez Passer»-Regel festhalten, dass nur vorübergehend nach Deutschland eingeführte Kunstwerke innerhalb von zwei oder drei Jahren keine Ausfuhrgenehmigung brauchen. Das könnte etwa für Stücke gelten, die hier nur restauriert oder versteigert werden und dann ins Ausland zurückkehren sollen.
«Mir ist an einer Befriedung der Situation gelegen», betonte Grütters. «Ich bedauere es, dass durch die in weiten Teilen unsachliche Debatte der vergangenen Monate viel Verunsicherung entstanden ist. Letztlich stehen dahinter in erster Linie wohl die wirtschaftlichen Interessen eines zunehmend unberechenbaren Kunstmarktes.»
Besonders wies sie den Vorwurf zurück, ihre Vorschläge bedeuteten einen großen bürokratischen Aufwand mit mehr als 100 000 Ausfuhrgenehmigungen pro Jahr. «Das sind unseriöse Horrorzahlen. Wir rechnen mit einigen tausend Anträgen jährlich», so Grütters.
Die Museen, die bisher fast 90 Prozent der Genehmigungsverfahren ausmachten, seien künftig pauschal von der Antragspflicht befreit. Zudem vertreibe der deutsche Kunsthandel vor allem zeitgenössische Werke, für die das Gesetz ohnedies nicht gelte.
Ein Vorkaufsrecht des Staates für unter Schutz gestellte Kulturgüter, wie es Großbritannien hat, lehnte Grütters ab. «Das läuft in Deutschland viel effektiver und fairer durch die Koordinierung der Kulturstiftung der Länder, die gemeinsam mit dem Bund viele Ankäufe ermöglicht hat», sagte sie.
Danach sei es mit Hilfe des Bundes und privater Geldgeber gelungen, seit 1988 mit 160 Millionen Euro aus den Länderkassen Kunstwerke für 600 Millionen Euro anzukaufen. «Das ist ein viel besseres Verfahren, als wenn sich der Staat über ein Vorkaufsrecht am internationalen Kunsthandel beteiligte.»
Hintergrund
Was das neue Kulturgutschutzgesetz will
Berlin (dpa) - Das neue Kulturgutschutzgesetz soll die Vorschriften zum Kunsthandel in Deutschland an europäische und internationale Standards anpassen. Bisher musste bei uns nur die Ausfuhr von Kunstwerken in Nicht-EU-Länder genehmigt werden. Künftig soll dies auch im Binnenmarkt der Fall sein. In 26 von 28 EU-Ländern gelten solche Regeln schon länger.
Die Grenzen für die neue Genehmigungspflicht sollen vergleichsweise moderat sein. Nur Kunstwerke, die älter als 70 Jahre und wertvoller als 300 000 Euro sind, fallen unter die Vorschrift. Die EU sieht eine Altersgrenze von 50 Jahren und eine Wertgrenze von 150 000 Euro vor.
Zeitgenössische Kunst ist ganz von den Vorgaben ausgenommen. Auch Münz- und Briefmarkensammler sowie die Händler von Fossilien sind nach Angaben von Kulturstaatsministerin Monika Grütters (CDU) in der Regel nicht betroffen.
Ohnedies ist der hiesige Kunsthandel im internationalen Vergleich bescheiden. Deutschland liegt mit einem weltweiten Anteil von 2 Prozent weit abgeschlagen hinter den USA (43), Großbritannien (21), China (19) und Frankreich (6).
Zudem soll das neue Gesetz die Einfuhr von Raubkunst aus Kriegs- und Krisengebieten erschweren. Deutschland kommt damit einer Unesco-Konvention von 1970 nach.