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Halbmillardenprojekt: Hamburg will Elbphilharmonie mit Hochtief weiterbauen

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Hamburg - Hamburg hat eine Entscheidung zum Weiterbau der umstrittenen wie kostspieligen Elbphilharmonie getroffen: Die Stadt will das prestigeträchtige Konzerthaus in der HafenCity mit Hochtief zu Ende bauen. Dabei würde der Essener Baukonzern künftig alle Risiken übernehmen, wie Bürgermeister Olaf Scholz (SPD) und Kultursenatorin Barbara Kisseler (parteilos) am Samstag in der Hansestadt sagten.

 

Das bedeutet für die Stadt Mehrkosten in Höhe von 198 Millionen Euro und schraubt den Gesamtpreis auf mehr als eine halbe Milliarde Euro. Die Übergabe verzögert sich auf Mitte 2016, die Eröffnung auf das Frühjahr 2017. Eine endgültige Entscheidung trifft der Senat allerdings erst bis Ende Februar.

Das Konzerthaus ist seit Jahren Streitobjekt zwischen der Stadt Hamburg und Hochtief. Ursprünglich sollte die Elbphilharmonie 2010 fertiggestellt werden - mit einem veranschlagten Kostenanteil von 77 Millionen Euro für die Stadt. Auch der Eröffnungstermin wurde seit der Grundsteinlegung im April 2007 stets verschoben. Die Kosten für den Bau betragen mittlerweile 377 Millionen Euro. Insgesamt geht die Stadt nun - nach dem jüngsten Angebot von Hochtief - von einem Preis in Höhe von 575 Millionen Euro aus.

"Dieser endgültige Pauschalfestpreis wird die vollständige bauliche Fertigstellung der Elbphilharmonie beinhalten", sagte Hochtief-Sprecher Bernd Pütter. Hamburg werde volle Planungstransparenz erhalten, die Mitwirkung der Stadt an der Planung sei aber nicht mehr vorgesehen.

Mit dem Wunsch, an Hochtief festhalten zu wollen, trifft Scholz knapp zwei Jahre nach seinem Amtsantritt eine richtungsweisende Entscheidung: Gemeinsam mit seinen Senatoren sprach sich der Regierungschef in einer Sondersitzung für Hochtief aus. Hätte der Baukonzern in dieser Woche bei seinem Angebot nicht nachgelegt, hätte die Stadt den Vertrag laut Scholz gekündigt. Am Samstag jedoch lenkte das Essener Unternehmen ein und sicherte das weitreichende und überarbeitete Angebot schriftlich zu.

Hochtief übernimmt alle Risiken

Demnach würde das Unternehmen alle Risiken bei dem Bau übernehmen und zugleich alle Rechtsstreitigkeiten mit der Stadt beenden. Im Gegenzug muss Hamburg 198 Millionen Euro zusätzlich für den Bau zahlen. Damit wären alle Ansprüche, inklusive die der Architekten Herzog & de Meuron, abgedeckt. "Die Neuordnung des Projekts wird möglich, weil alle Parteien zu weitgehenden finanziellen Zugeständnissen bereit sind", sagte der Vorstandsvorsitzende von Hochtief, Marcelino Fernández Verdes. Sein Unternehmen werde viele Millionen Euro aufwenden, umfassende Garantien abgeben und viel mehr Verantwortung übernehmen, "um die Elbphilharmonie so schnell und so gut wie möglich zu realisieren".

"Das ist ein Vorschlag, der wirtschaftlich vernünftig ist", sagte Scholz. Sollte es teurer werden, seien es nicht die Risiken der Stadt, sondern die von Hochtief. Hamburg bleibe somit eine Art Bauherr mit Kontrollfunktion. Hochtief verpflichtet sich ferner, das Konzerthaus bis Mitte 2016 schlüsselfertig zu übergeben. Die Eröffnung verschiebt sich auf Frühjahr 2017.

Scholz betonte, dass er sich die Entscheidung für Hochtief nicht leicht gemacht habe. Er mache sich auch mit Blick auf den Berliner Flughafen "größte Sorgen" um die Akzeptanz von öffentlichen Projekten in der Bevölkerung, weil diese am Ende stets teurer würden.

Nun will der Bürgermeister das Angebot von Hochtief bis zum 28. Februar rechtsverbindlich machen. Sollte dies misslingen, werde er das Verhältnis zu dem Baukonzern kündigen. Alternativ erwägt der Senat ein zweites Szenario, wonach die Stadt das äußerst komplexe Konzerthaus alleine fertig bauen könnte. Aber auch diese Variante würden Mehrkosten in Höhe von 200 Millionen Euro bedeuten. Zudem würde sich die Eröffnung um weitere sechs bis zwölf Monate verzögern.

"Ein sehr teuer erkauftes Friedensangebot"

Für welchen Weg sich die Stadt Ende Februar auch entscheidet - eine Zustimmung der Bürgerschaft steht noch aus. Kritik kam am Samstag sogleich aus der Opposition: "Olaf Scholz hatte Hamburg versprochen, die Elbphilharmonie zügig fertig zu bauen und nicht mehr als die vereinbarten 323 Millionen Euro auszugeben. Beide Ziele hat er nicht erreicht", sagte der CDU-Fraktionsvorsitzende Dietrich Wersich. Grünen-Fraktionschef Jens Kerstan nannte es eine "bittere Nachricht", dass die Stadt noch einmal 200 Millionen Euro in den Bau investiert. "Diese Einigung mit Hochtief ist ein sehr teuer erkauftes Friedensangebot", sagte Kerstan.

Lob kam dagegen vom Bund der Steuerzahler Hamburg. "Bei der völlig verunglückten Vertragssituation ist dies ein optimales Verhandlungsergebnis des Ersten Bürgermeisters", sagte Vorsitzender Frank Neubauer. Der hohe Preis schmerze, aber eine Kündigung hätte die Stadt weitaus mehr gekostet, fügte er an. Mehr sei in dieser Situation für Hamburg nicht erreichbar gewesen.

 

Hamburgs Elbphilharmonie in zehn Daten

- Die ersten Skizzen für die Hamburger Elbphilharmonie gab es 2003;

- der Architekt Alexander Gérard und die Kunsthistorikerin Jana Marko hatten die Idee zu dem Bau  einer funktionale Mischung aus Konzerthaus, Hotel und Wohnungen direkt am Rand von Deutschlands größtem Seehafen;

- entwickelt wurde das Prestigeprojekt auf dem traditionsreichen Kaispeicher A in der HafenCity schließlich nach den Plänen der Schweizer Architekten Jacques Herzog und Pierre de Meuron;

- dieser Entwurf kombiniert Backstein-Klassik mit einer Glasfassade;

- Gérard schied 2004 aus dem Vorhaben aus und übergab die Verantwortung an die Stadt Hamburg, die das Projekt zwei Jahre später erstmals ausschrieb;

- nach dem einstimmigen Beschluss der Bürgerschaft am 28. Februar 2007 begannen die Bauarbeiten der Elbphilharmonie mit der Grundsteinlegung am 2. April 2007;

- nach der Entkernung begannen die Nachgründungen, wobei zu den 111 Pfählen, auf denen der Kaispeicher A im Elbschlick ruhte, weitere etwa 620 sogenannte Ortbetonverdrängungspfähle eingebracht wurden;

- die Elbphilharmonie wird drei Konzertsäle haben, unter denen der Große Konzertsaal mit 2.150 Plätzen und einer viermanualigen Orgel mit 65 Registern das Herzstück bilden soll;

- die Glasfassade setzt sich aus 1.100 Glaselementen mit 2.200 Scheiben zusammen;

- der höchste Punkt des Baus ist 110 Meter hoch.
 

Nachtrag: Hamburg stellt neuen ReGe-Geschäftsführer für Elbphilharmonie ein
Infolge der massiven Probleme beim Bau der Elbphilharmonie hat der Hamburger Senat die Geschäftsführung der stadteigenen Realisierungsgesellschaft (ReGe) erweitert. Der frühere Manager der ECE-Projektmanagement GmbH, Martin Heyne, nehme am 7. Januar die Arbeit als dritter Geschäftsführer auf, sagte der Sprecher der ReGe, Björn Marzahn, am Montag (17.12.) der dapd und bestätigte damit einen Bericht der "Bild"-Zeitung. Heyne werde sich ausschließlich um den Bau des Konzerthauses und das damit verbundene "operative Geschäft" kümmern.

Beim bisher für die Elbphilharmonie zuständigen Rege-Geschäftsführer Heribert Leutner sollen "die Fäden zusammenlaufen". "Angesichts der bevorstehenden Aufgaben halten wir es für sinnvoll, die Geschäftsführung zu verbreitern", betonte Marzahn. Die stadteigene ReGe baut in Hamburg Gebäude der öffentlichen Verwaltung.
 

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