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Hertin und Obergfell im Dialog. Foto: Hufner
Hertin und Obergfell im Dialog. Foto: Hufner
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Hitzige Abkühlungsversuche

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Die Berliner Humboldt-Universität hat eine Dialogreihe zum Thema „Wem gehört mein Werk?“ gestartet
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Das Vorhaben, das Holger Schulze und Eva Inés Obergfell im Auditorium des Jacob-und-Wilhelm-Grimm-Zentrum der Humboldt-Universität Berlin in fünf Dialogen konzipieren, ist ehrenwert. Die Reihe „Immaterielle Güter: Wem gehört mein Werk?“ möchte, so die Veranstalter, „die überhitzte Debatte unter betroffenen, beleidigten und aggressiven Verteidigern ihres jeweiligen Lebensstils und Geschäftsmodells abkühlen“. Dabei ist jeweils ein Dialogpartner ein Rechtswissenschaftler, dem ein Fachvertreter aus einer anderen Disziplin beisitzt: Aus der Rechtsethnographie, der Musikwissenschaft, der Kunsttheorie, der Literatur und dem Bereich Theater/Tanz.

In den ersten beiden Veranstaltungen trafen der Musikwissenschaftler und -ethnologe Veit Erlmann und die Rechtswissenschaftlerin Eva Inés Obergfell sowie Rechtsanwalt Paul W. Hertin und Peter Wicke aufeinander. Dabei kam es leider nicht zu Dialogen, die den Namen verdient hätten, sondern es zeigte sich sehr schnell, dass zwischen Rechtswissenschaft beziehungsweise -theorie und Fachwissenschaft beziehungsweise den Untersuchungsgegenständen (Musik) eine grundsätzliche Lücke besteht.

Eva Inés Obergfell deklinierte die grundsätzliche Frage „Wem“ „gehört“ „mein“ „Werk“ – unterlegt mit Beispielen aus der Bildenden Kunst und der historischen Rechtsprechung – einzeln durch. Obergfell konnte an den Beispielen durchaus sinnfällig darstellen, dass schon die Einzelbestandteile der Frage für sich (fast) unlösbare Probleme aufwerfen. Was ist ein „Werk“, wer ist „wem“, was ist „Besitz“ und was ist „mein“? Obergfell konnte daran anknüpfend zeigen, wie sich die einzelnen Rechtsgebiete gegebenenfalls durchdringen, oder, je nach Sichtweise, in die Quere kommen. Dagegen blieb Erlmann blass und inhaltsleer.

In der zweiten Veranstaltung trafen Rechtsanwalt Paul W. Hertin und „der“ popmusikalisch analysierende Musikwissenschaftler Peter Wicke aufeinander. Und sie belegten in ihrem „Dialog“, dass man offenbar auch von ganz anderen Gegenständen spricht. Hertin ist Rechtspositivist: Recht ist, was Recht ist. Wicke dagegen fragte nach dem Musikbegriff, der für das Gesetz relevant ist, und stellte ihm die künstlerische Praxis des Pop gegenüber, die sich in der DJ-Kultur des Remixens und Sampelns mitunter, wenn nicht gar zentral, äußert. Pop als Kommunikationsform auch in der Musik selbst kommt dann mit geltenden Rechtsauslegungen in Konflikt und Wicke sieht es als legitime Forderung, dass hier das Recht nicht Kunst behindern möge. Als Hertin fragte, was denn im Pop noch an großen Hits seit 2000 so passiert sei, erntete er ungläubiges Kopfschütteln seitens Wickes und weiter Teile des Publikums.

Die Probleme, die das Urheberrecht mit sich bringt, insbesondere durch veränderte Reproduktionstechniken, allgemeiner der Entwicklung der Technik, könnte die Frage grundsätzlich aufwerfen, ob das Urheberrecht überhaupt ein sinnvoller Rechtsmechanismus ist. Gesetze und Recht schafft nicht die Rechtswissenschaft, sondern die Politik der Gesellschaft.

Die politische (und auch ästhetische) Dimension der Urheberrechtsfragen blieben in diesem Dialog unbeantwortet, ja, wurden nicht einmal ansatzweise mitbedacht.

Die nächsten Themen der Veranstaltungsreihe :

  • Donnerstag 22.5.2014, 19.30 Uhr: III. Kunsttheorie und Ökonomie
  • Donnerstag 5.6.2014, 19.30 Uhr: IV. Medien und Literatur
  • Donnerstag 3.7.2014, 19.30 Uhr: V. Tanz und Theater

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