Body
Zum 47. Mal fand vom 07. bis 29. August 1997 das Internationale Jugend-Festspieltreffen in Bayreuth statt. 1950 unter der Patronage von Jan Sibelius gegründet, hat sich „Das Treffen“ in den letzten Jahrzehnten zu einer Institution von internationaler Bedeutung entwickelt. Bedeutende Protektoren wie Herbert von Karajan, Pierre Boulez und Birgit Nilsson unterstützten das Festival und förderten dessen Idee und Ziele. Das Treffeen bietet jungen Künstlern aus der ganzen Welt die Möglichkeit sich kennenzulernen und Kontakte zu knüpfen, sich weiterzubilden und unter professionellen Bedingungen, betreut von erfahrenen Dozenten zu arbeiten. Insbesondere will „Das Treffen“ ein Forum sein für die Entwicklung neuer Ideen und für das Experiment in der Kunst. In diesem Jahr beteiligten sich über dreihundert Teilnehmer aus dreißig Nationen, etwa ein Drittel von Ihnen aus Osteuropa. Der Austausch mit Ländern, die einst jenseits des eisernen Vorhangs lagen, ist eine Besonderheit des Jugend-Festspieltreffens, die auch sein Profil ausmachen, wie Sissy Thammer, Kulturmanagerin und seit elf Jahren Leiterin des Treffens in einem Interview betont hat.
Das Festival, das sich zu gleichen Teilen aus öffentlichen Mitteln, Eigeneinnahmen und Sponsorengeldern finanziert, leistet mit seiner internationalen Ausrichtung einen nicht zu unterschätzenden Beitrag zur europäischen Einigung und nicht nur auf das Musikalische beschränkten Völkerverständigung.
Etwa achtzig bis hundert der Studenten hatten die Chance unter dem jungen Dirigenten Marc Piollet, der ab der kommenden Spielzeit zum 1. Kapellmeister am Staatstheater Kassel berufen wurde, im Symphonieorchester zu spielen. Mit Mendelssohns „Hebridenouvertüre“, Brahms’ Doppelkonzert a-Moll op. 102 und Strawinskys „Le Sacre du Printemps“ hatte sich Piollet ein Repertoire ausgesucht, das höchste Anforderungen an die jungen Spieler, die sich ja erst wenige Tage kannten, stellte. Gegen Ende des Festivals kam das Programm an zwei Abenden in der Michaeliskirche Hof und vor ausverkauftem Hause in der Stadthalle Bayreuth zur Aufführung.
Ein anderes Highlight des diesjährigen Treffens war der Workshop für Komponisten. Unter der Leitung des Neuburgers Tobias PM Schneid erhielten fünf junge Komponisten, der Jüngste siebzehn Jahre alt, eine Einführung in die klang- und spieltechnischen Möglichkeiten verschiedenster Instrumente und deren sinnvolle Einbeziehung in ein kompositorisches Konzept.
Ein Teil des Workshops beschäftigte sich mit der Analyse von Stücken moderner Komponisten, jedoch lieferte jeder Teilnehmer im Laufe der drei Wochen auch selbst einen Kompositionsbeitrag. Die fünf Werke, welche trotz gleicher Besetzung (Klarinette, Violoncello, Klavier und Schlagzeug) sehr unterschiedliche Ansätze und Einflüsse, von der Spätromantik bis zur modernen Rockmusik offenbarten, wurden, nebst der Aufführung von „Cascando II“ für Klarinette, Violoncello und Klavier des Kursleiters Schneid, bei einem Abschlußkonzert von Mitgliedern des XSEMBLE für Neue Musik, München uraufgeführt.
Unter dem Motto „Ein Netz von Musik über die Region“ brachten die Ensembles des Treffens – zum Teil feste, gemeinsam angereiste, aber auch im Rahmen des Workshops neu gebildete Gruppen – in zahlreichen Orten im Großraum Bayreuth, in Kirchen, Rathäusern, Stadthallen oder auch open air, ihre Arbeit auch einem breiteren Publikum nahe.