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Hoffnung beim Aufbau-Verlag

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Berlin (ddp) - Nach der überraschenden Pleite des Berliner Aufbau-Verlages will das Traditionshaus seinen Geschäftsbetrieb auch ohne finanzkräftigen Verleger im Rücken weiterführen. Es bestünden «sehr gute Chancen für eine Sanierung», sagte der als vorläufiger Insolvenzverwalter eingesetzte Rechtsanwalt Joachim Voigt-Salus am Montag.

Der bekannteste Verlag der DDR war am Freitag in die Insolvenz gegangen, nachdem Verleger Bernd Lunkewitz die Übernahme weiterer Zahlungsverpflichtungen abgelehnt hatte.

Die derzeitigen Verbindlichkeiten des Hauses bezifferte der Insolvenzverwalter auf rund fünf Millionen Euro. Der Verlag sei nach dem Rückzug von Lunkewitz zahlungsunfähig und «voraussichtlich» auch überschuldet, sagte Voigt-Salus. Lunkewitz hatte das Traditionshaus 1991 als Investor von der Treuhand erworben und den Verlag jahrelang mit Bürgschaften gestützt. Parallel führte er einen aufwendigen Rechtsstreit zur Klärung der Besitzverhältnisse, da der Kauf seitens der Behörde offenbar fehlerhaft abgewickelt worden war und damit die Rechtssicherheit von Lizenzen und Rechten zur Disposition stand.

Die Geschäftsführung des Verlages zeigte sich trotz Lunkewitz´ Rückzug überzeugt, dass sich das Geschäft kostendeckend führen lasse. Es gebe «keinerlei Anlass, irgendwelche Aktivitäten einzustellen», sagte Tom Erben als einer von zwei Geschäftsführern. Es seien vor allem Altschulden, die das Geschäft nach wie vor unwirtschaftlich machten. Die Gehälter der rund 60 Berliner Mitarbeiter sind nach Angaben der Geschäftsführung bis Ende August gesichert. Entlassungen seien «zum jetzigen Zeitpunkt» nicht geplant.

In den kommenden Wochen wollen sich Insolvenzverwalter und Geschäftsführung nun auf die Suche nach neuen Investoren oder strategischen Partnern begeben. Laut Voigt-Salus könnte dies die «eleganteste und schnellste Lösung» für eine erfolgreiche Zukunft des Hauses sein. Erste «Sondierungsgespräche» seien bereits geführt worden, hieß es. Aus Sicht des Insolvenzverwalters ist der Verlag weiter im Besitz aller Lizenzen und Rechte, die seit 1992 erworben wurden. Die vor diesem Zeitpunkt erworbenen Rechte könnten allerdings möglicherweise bei Lunkewitz liegen, sagte Voigt-Salus.

Nicht nur deshalb will der Insolvenzverwalter in der nächsten Zeit das Gespräch mit Verleger Lunkewitz suchen. Geklärt werden soll unter anderem auch, wer über die Rechte am Namen des Aufbau-Verlags verfügen kann. Er wolle verhindern, dass «Streitigkeiten das Verfahren belasten», bekundete Voigt-Salus. Der zweite Verlagsgeschäftsführer René Strien hatte Lunkewitz in einem am Montag in der «Süddeutschen Zeitung» veröffentlichten Brief bittere Vorwürfe gemacht. Der Verleger habe sich «bei Nacht und Nebel aus dem Verlag» geschlichen, schrieb Strien. Der Aufbau-Verlag sei aber «ein fragiles, faszinierendes und einmaliges Gebilde, mit dem man nicht spielen darf».
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