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Integrationspreis für Musik mit Flüchtlingen für Heinz Ratz

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Kiel/Berlin - Der Kieler Künstler Heinz Ratz hat mit Flüchtlingen unterschiedlichster Herkunft eine CD eingespielt. Wenn am Mittwoch im Bundeskanzleramt bereits im dritten Jahr exemplarisch Integrationsmedaillen an engagierte Bürger verliehen werden, geht eine von ihnen auch.

 

Denn Ratz hat nach Ansicht der Politik mit seinem Projekt bewiesen, dass Musik gesellschaftliche Gräben und kulturelle Unterschiede überbrücken kann. Inzwischen geht er auch bundesweit live mit den Flüchtlingsmusikern auf die Bühne.

Für den symbolischen Preis vorgeschlagen haben den 44-Jährigen die Grünen. Überreichen wird ihn Staatsministerin Maria Böhmer. Doch Ratz will sich parteipolitisch nicht vereinnahmen lassen. Die Idee für sein viel beachtetes Projekt war ihm im Vorjahr während seiner drei Monate dauernden deutschlandweiten Fahrradtour durch verschiedene Flüchtlingsheime gekommen.

Dort hatte der umtriebige Lyriker, Schriftsteller und Musiker zu 70 Konzerten eingeladen, bei denen Flüchtlinge aus den bereisten Unterkünften dann spontan mitmachen konnten. "Dabei habe ich viele Talente entdeckt, die meist nicht genügend Geld hatten sich ein Instrument zu leisten", sagt der Kieler. Er habe auch in Bezug auf das menschliche Schicksal von Asylbewerbern hautnah vor Ort "viel dazugelernt".

Liedermacher und Querdenker

Ratz ist Querdenker und Liedermacher, der kein Blatt vor den Mund nimmt. "Von einer Willkommenskultur sind wir weit entfernt", sagt er nach den Erfahrungen seiner Tour. Dort, wo er in Thüringen im Vorjahr noch Hausverbot erteilt bekam, wird die rechtsextreme NPD mit der Begründung des kommunalpolitischen Mandats in ein Flüchtlingsheim gelassen. Da komme in ihm der Zorn hoch, sagt der zweifache Vater.

Der Kieler ist musikalischer Kopf und Sänger der Band Strom & Wasser. Außerdem zupft er dort den Bass. Inzwischen hat er nach eigenen Angaben 15 CDs, fünf Hörbücher und zehn Bücher veröffentlicht. Er macht keinen Hehl daraus, dass er musikalisch Autodidakt ist. Trotzdem kommt Konstantin Wecker immer wieder gern zu ihm auf die Bühne. Zweimal ist Ratz mit dem Preis der Deutschen Schallplattenkritik bedacht worden.

Wenn jemand vom Leben singen und texten kann, dann ist es Ratz. Er lebte selbst als Obdachloser, kann keinen Schulabschluss vorweisen und hat bereits dreimal den Krebs besiegt. Wahrscheinlich ist es auch genau das, was ihn zu solch kämpferischen Charakter hat werden lassen. "Ich war zunächst Schriftsteller, erst später kam die Musik und mein Interesse an politischen Zusammenhängen", sagt Ratz.

Laufen und Schwimmen

Der durchtrainierte Musiker hat in den vergangenen Jahren in Triathlon-Manier neben seiner Radtour auch Deutschland durchlaufen und durchschwommen, um auf das Schicksal von Obdachlosigkeit und auf zunehmend verschmutzte Gewässer, Flüsse und Kanäle hinzuweisen.

Er wisse, dass er auch bezogen auf die Flüchtlingspolitik ein kritischer Geist sei. Das rühre auch daher, dass einige von seinen Gesprächspartnern der Radtour inzwischen den Freitod gesucht hätten. Allein ihnen sei er es schuldig, sich weiter gegen Ungerechtigkeiten einzusetzen.

"Mein Engagement zu dem Thema ist noch nicht beendet", sagt Ratz. Für kommendes Jahr hat er eine Tournee durch Deutschland mit Flüchtlingsmusikern von Ende Februar bis zum August angekündigt. Dafür ruft er auch jetzt schon dazu auf, Musikinstrumente und Geld zu spenden, damit Flüchtlingskindern die Teilnahme an Musikkursen oder in Sportvereinen finanziert werden kann. Das solle dann sein persönlicher, kleiner Beitrag für eine nachhaltige Integration sein, sagt er.

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