Rom - Terroristen machen vor der Weltöffentlichkeit Jahrtausende alte Stätten zunichte - es scheint keinen dringenderen Zeitpunkt für das erste Treffen der G7-Kulturminister zu geben. Eine bessere Kulisse gibt es auch nicht: In Sachen Kultur macht Italien niemand etwas vor.
Über die Zahl der Welterbestätten Italiens kann Kulturminister Dario Franceschini nur schmunzeln. 51 sind es - so viele wie sonst in keinem anderen Land. Und doch ist die Zahl schlichtweg eine Untertreibung. «Rom ist eine, Florenz ist eine, Ferrara ist eine», zählt der italienische Minister auf, um klarzumachen: Eigentlich müsste die Liste viel länger sein.
In Sachen Kulturerbe und Denkmalschutz macht dem Land mit seinen Felsbildern der Valcamonica, der Lagunenstadt Venedig, den unzähligen Kirchen und Prachtbauten in den historischen Zentren von Rom und Florenz niemand etwas vor. Nun will Italien seine internationale Führungsrolle geltend machen - und lädt zum ersten Treffen der Kulturminister der sieben führenden Industrienationen. In Florenz wollen die Politiker aus Deutschland, Italien, Großbritannien, Frankreich, Japan, Kanada und den USA am Donnerstag und Freitag mit Experten aus Kultur und Wissenschaft über Kunst und Kriminalität, Denkmalschutz und Kultur als Dialoginstrument beraten.
Diese Themen seien immer wichtig gewesen, sagt Franceschini. «Aber sie sind vor allem jetzt wichtig angesichts der Risiken durch Nationalisten, durch Abschottung, Angst vor Migration und Verschiedenheit.» Wer in diesen Tagen über die weltberühmte Piazza della Signoria in Florenz läuft, wird außerdem an die Wut erinnert, mit der Terroristen Jahrtausende alte, einzigartige Kulturstätten in Syrien oder im Irak zerstören. Zur G7-Kulturministerkonferenz beherbergt der berühmte Platz, selbst Teil eines Welterbes, die Reproduktion des Eingangstores zum Baal-Tempel von Palmyra. Ein Mahnmal, denn der Bogen ist das einzige, was von dem 2000 Jahre alten Bauwerk in der syrischen Oasenstadt blieb.
Die antike Oasenstadt Palmyra war im Mai 2015 vom IS erobert worden. Danach gingen die Bilder der Zerstörung um die Welt. Die radikalen Islamisten sprengten den Baal-Tempel im Sommer 2015. Er war 32 nach Christus geweiht worden. Mit sieben Welterbestätten führt Syrien die traurige Liste des gefährdeten Welterbes an - dicht dahinter: das Bürgerkriegsland Libyen. Franceschini nennt die Akte der Zerstörung «traumatisch» - mit seinen Kollegen will er Antwort auf die Frage finden, wie die Hinterlassenschaften besser geschützt werden können, wie schon «in der Krise» eingegriffen werden kann, bevor es zu spät ist - und nur noch Trümmer als Zeugnis bleiben.
Auch in dieser Hinsicht können die Italiener die internationalen Partner lehren. Initiativen wie «Incontro di Civiltà» haben zuletzt für Aufsehen gesorgt, weil sie unter Einsatz modernster Technik wie 3D-Druckern zerstörte Kulturgüter rekonstruieren. Grundlage dafür sind Fotos, Filmaufnahmen und Zeichnungen. So konnten Besucher in Rom noch bis Ende 2016 die kunstvolle Decke des Baal-Tempels bewundern - wie wiederauferstanden aus der Zerstörung.
Bürgermeister Dario Nardella ist stolz, dass Florenz Schauplatz des G7-Treffens ist. Die Stadt in der Toskana, in der sich zwischen dem 14. und 16. Jahrhundert eine große kulturelle Blüte an Literatur, Kunst und Wissenschaft entwickelte, die als Geburtsort der Renaissance gilt und eine der ersten europäischen Kulturhauptstädte wurde, ist die perfekte Kulisse. Die Stadt, lebendig und dynamisch wie nie, habe sich vorbereitet, sagt Nardella: Es gibt Ausstellungen und Events rund um das Ministertreffen.
Florenz wolle zum Sprecher aller Städte der Welt werden, in denen es Kunstwerke von unermesslichem Wert gibt, sagt der Bürgermeister und spricht von einer «Allianz für die Kultur» als Antwort auf Kriege, Gewalt und Terrorismus in der Welt. «Die Kultur ist der Schlüssel, der die Wende bringen kann, um den großen Herausforderungen auf der Welt zu begegnen.»