Hauptrubrik
Banner Full-Size

Kaum Fördergelder - Mobilfrequenz-Versteigerung setzt Thüringer Theater unter Druck

Publikationsdatum
Body

Erfurt - Christian Starke nimmt seine Arbeit als technischer Direktor des Theaters Erfurt sehr ernst. Und da gehört es zur Professionalität, mögliche Probleme bei einer Theater-Aufführung rechtzeitig zu erkennen und zu beseitigen. Daher kam das Haus in der Landeshauptstadt auch nicht umhin, seine relativ moderne Mikrofonanlage zu erneuern. Denn seit die Bundesregierung für die neue LTE-Mobilfunktechnologie erneut Mobilfunkfrequenzen versteigert hat, teilen sich Smartphones und drahtlose Mikrofone dieselbe Frequenz. Jeder Griff zum Handy kann seitdem die Übertragung der Opernarien und Schauspielermonologe stören.

 

"Für ein Haus wie unseres ist das natürlich völlig inakzeptabel", sagt Starke. Anstelle menschlicher Stimmen und Musik käme bei Störungen nur ein Rauschen und Knacksen aus den Lautsprechern. Deshalb hat das Theater Erfurt die Funkmikrofone auf neue, störungsfreie Kanäle umstellen lassen. Eine Aktion, die allein in Erfurt Kosten "im fünfstelligen Bereich" verursacht habe, wie Starke erklärt.

Bundes-Zuschüsse nur für vergleichsweise neue Anlagen

Ausgerechnet diese Professionalität wird wohl dafür sorgen, dass die meisten Veranstalter auf den teils immensen Kosten für die Umrüstung sitzen bleiben werden. An fast allen Theatern in Thüringen ist die Umstellung der Funkanlagen bereits vollzogen oder steht unmittelbar bevor.

Doch die vom Bund in Aussicht gestellten Fördergelder werden einer aktuellen Richtlinie des Finanzministeriums zufolge nur in einem extrem engen Rahmen ausgezahlt. Darauf weist der deutsche Bühnenverein hin. Lediglich zwischen 2006 und 2009 angeschaffte Anlagen würden bezuschusst. Zudem müsse eine Störung zweifelsfrei nachgewiesen werden.

"Darauf lässt es aber natürlich niemand ankommen", sagt der Direktor des Deutschen Bühnenvereins, Rolf Bolwin. "Wir haben von Anfang an auf diesen Widerspruch aufmerksam gemacht, das Finanzministerium zeigte sich davon aber völlig unbeeindruckt. Wer jetzt seine Mikrofonanlagen schon umgestellt hat, hat keine Chance, in den Genuss einer Förderung zu kommen." Der deutsche Bühnenverein lehne deshalb die aktuelle Richtlinie "aufs Schärfste" ab und fordere Nachbesserungen.

Die Versteigerung der Mobilfunkfrequenzen könnte sich so als existenzbedrohender Schlag für die Kultureinrichtungen in Thüringen auswirken. Seit in Rudolstadt die LTE-Technik verfügbar ist, sind hier die Auswirkungen im Theater bereits spürbar. "Wir sind bereits von der Störung betroffen", sagt der Verwaltungsdirektor des Thüringer Landestheaters Rudolstadt, Mathias Moersch. Bisher komme es aber nur vereinzelt zu Ausfällen.

Mobilfunkbetreiber geizen mit Informationen

"Mit der Übertragung könnte es aber schon morgen schon vorbei sein, wenn ein neuer LTE-Verteiler ans Netz geht." Diese Unsicherheit sei eines der größten Probleme: "Keiner teilt uns mit, wann das nächste Signal geschaltet wird." Die Umrüstung soll deshalb demnächst bei laufendem Theaterbetrieb beginnen. "Wie wir die Kosten von 4.000 Euro aufbringen, wissen wir noch nicht genau, am Ende werden wir an jeder Ecke des ohnehin knappen Budgets etwas zusätzlich abknapsen müssen. Das wird äußerst schmerzhaft für uns alle."

Die Informationspolitik der Betreiber hat auch am Theater Nordhausen/Sondershausen für Verstimmung gesorgt. Außer einer knappen Mitteilung des Dienstleisters Vodafone habe es keinerlei Informationen gegeben, sagte Birgit Susemihl von der Theater Nordhausen/Loh-Orchester Sondershausen GmbH. Ein Problem, auf das alle Einrichtungen gestoßen sind. Meist verweigerten die Betreiber aus "Wettbewerbsgründen" klare Auskünfte. Weil am 31. Oktober ein neues Musical auf dem Spielplan steht, befinde sich das Theater jedoch unter Zugzwang. "Wir machen die Umstellung einfach und hoffen, dass eine Unterstützung noch irgendwie möglich gemacht wird."

Auch am Deutschen Nationaltheater in Weimar (DNT) soll die Umstellung so schnell wie möglich in Angriff genommen werden. Kostenpunkt: etwa 100.000 bis 150.000 Euro. "Wir wissen, dass wir das aus dem laufenden Budget nicht aufbringen können, wir sind auf Sondermittel angewiesen", sagt die Pressedramaturgin des DNT, Susann Leine. Wo diese allerdings herkommen werden, sei bislang völlig ungeklärt.

Doch was bei großen Häusern noch irgendwie geht, bedroht die kleinen Spielstätten in ihrem Fortbestand. "Bei uns würde eine Umstellung rund 4.000 Euro kosten", sagt ein Techniker des Kinder- und Jugendtheaters "Die Schotte" in Erfurt, Stephan Knabe. "Es ist absolut unrealistisch, dass wir das schultern können."