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«Kein Schlussstrich»: NSU-Terror Thema einer bundesweiten Theater-Kampagne [update, 21.6.]

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Rostock - Unter dem Motto «Kein Schlussstrich» setzen sich Theater und kulturelle Institutionen aus 15 Städten vom 21. Oktober an mit dem Terror des NSU auseinander. Das Projekt wird bundesweit bis zum 7. November dauern. Dabei sollen vor allem die Perspektiven der Familien der Opfer und der Migranten-Communities in den Fokus gerückt werden.

Zu den Vorhaben, mit denen das Volkstheater in den Dialog mit den Rostockern kommen will, zählen unter anderem ein Spaziergang am Tatort des Mordes an Mehmet Turgut, der 2004 in Rostock-Toitenwinkel erschossen wurde. Im Stadtteilzentrum in Toitenwinkel spielt auch die Tanzcompagnie der Volkstheaters. Inhalt der Uraufführung von «Life Letter 2» sind Erzählungen von Migrantinnen. Die Mitteilungen der Frauen werden in Bewegung umgesetzt, sagte Dramaturg Arne Bloch. Es handele sich um einen Hybrid aus Tanz und Video.

Ein Großprojekt, das die Partnerstädte verbinden werde, sei das Oratorium Manifest(O) des Komponisten Marx Sinan, sagte Bloch. Es vereine sieben Aufführungen an Schlüsselorten der NSU-Taten. Dabei soll aus einzelnen Stimmen das Oratorium entstehen. Der Rostocker Teil der Aufführung, bei dem Jugendliche direkt beteiligt sind, trägt den Titel «Die Anwesenheit der Menschen».

An der bundesweiten Kampagne beteiligt sind nach Angaben der Initiatoren der Verein ASA-FF in Chemnitz, die Theater Chemnitz, das Dietrich-Keuning-Haus Dortmund, das Landestheater Eisenach/Meininger Staatstheater, Kampnagel Hamburg, das Theater Heilbronn, JenaKultur, das Institut für Demokratie und Zivilgesellschaft Jena, das Theaterhaus Jena, das Staatstheater Kassel, das Schauspiel Köln, die Münchner Kammerspiele und Real München e.V., das Staatstheater Nürnberg, das Theater Plauen-Zwickau, das Volkstheater Rostock, das Theater Rudolstadt sowie Deutsches Nationaltheater und Staatskapelle Weimar.

Der NSU wird in Deutschland für zehn Morde von 2000 bis 2007 verantwortlich gemacht. Im November 2011 waren die NSU-Terroristen Uwe Mundlos und Uwe Böhnhardt tot gefunden wurden. Im Anschluss daran wurde die Mordserie bekannt.

 

[update, 21.6.]

Theaterprojekt «Kein Schlussstrich!» zum NSU-Komplex in Thüringen

Rassismus, Antisemitismus und rechte Gewalt: Diese Themen werden zehn Jahre nach dem NSU-Komplex in einem 18-tägigen bundesweiten Projekt in 15 Städten behandelt - auch in Thüringer Theatern.

Eisenach/Jena/Rudolstadt/Weimar (dpa/th) - Zwischen 2000 und 2007 sind in Deutschland insgesamt zehn Menschen von der aus Thüringen stammenden rechtsextremen Terrorgruppe «Nationalsozialistischer Untergrund» (NSU) ermordet worden. Weiter verübten sie 43 Mordversuche, drei Sprengstoffanschläge und 15 Raubüberfälle. Auch wenn im Juli 2018 ein Urteil im sogenannten NSU-Prozess gesprochen wurde, bleiben viele Fragen offen.

Mit Inszenierungen, Konzerten, Lesungen, Gesprächsveranstaltungen und Workshops sollen die Taten und Hintergründe des NSU-Komplexes aufgegriffen werden. Beteiligt sind Städte, die unmittelbar mit den Taten des Trios verbunden sind oder in denen es sich versteckt hielt. Hier einige Veranstaltungen im Überblick:

Jena

In Jena, der Stadt, aus der das Trio kam, führt das dreiteilige Projekt «Die mutige Mehrheit» durch die Stadt und durch die Zeit. So können Interessierte sich etwa mithilfe ihres Smartphones und dem Internet kostenfrei durch Jena führen lassen und einer Mischung aus Erzählungen und Interviews lauschen. Ein zweitägiges Panel soll zudem am 30. und 31. Oktober mit Expertenvorträgen, Workshops, Filmen und persönlichen Perspektiven und Erfahrungen Licht ins Dunkel bringen. Außerdem werden an drei Abenden aus sieben Städten dort stattfindende Performances nach Jena übertragen. Auch das Schauspiel «Sladek» wird am 4. und 5. November im Rahmen von «Kein Schlussstrich!» aufgeführt.

Eisenach

In Eisenach endete der NSU im November 2011 mit der Selbsttötung zweier Beteiligter und Bekennerschreiben der rechtsextremistischen Gruppe. Nach der Premiere am Donnerstagabend ist auch am Freitag sowie am Samstag (jeweils 19.30 Uhr) das Kammerspiel «Furor» über Politikverdrossenheit, Radikalisierung und Meinungsmache im Internet zu sehen. Es handelt sich um eine Produktion des Theaters Rudolstadt. Im Eisenacher Stadtschloss werden außerdem bis zum 7. November in der Ausstellung «Offener Prozess» über 20 Beiträge ausgestellt, die die Rassismuserfahrungen von Menschen in Ostdeutschland aufzeigen. Die Ausstellung wurde Mitte August dieses Jahres in der Kunstsammlung Jena eröffnet. Von Montag bis Freitag können Jugendliche zudem in einem Workshop ihr eigenes Eisenach entwerfen.

Rudolstadt

Auch in Rudolstadt finden eine Reihe von Veranstaltungen statt. Für das Rechercheprojekt unter dem Titel «Darf ich dich was fragen ...?», mit dem das Projekt unter anderem vor Ort startet, haben junge Erwachsene im Raum Rudolstadt-Saalfel ihre Eltern, Großeltern oder Freunde nach ihren Erinnerungen an den NSU befragt. Auch in der Schlosskapelle Saalfeld ist die Ausstellung «Offener Prozess» bis zum 7. November zu sehen. Am 31. Oktober soll es im Rahmen des Oratoriums «Manifest(o)» ein Klavierkonzert im Theater Rudolstadt geben. Außerdem führt die Comedienne Idil Baydar am 31. Oktober durch ein erinnerungskulturelles Podiumsgespräch.

Weimar

Bereits im Sommer war mit der Koproduktion «438 Tage NSU-Prozess - eine theatrale Spurensuche» in einer 17-tägigen Serie der mehr als fünf Jahre andauernde Prozess gegen die rechtsextreme Terrorzelle aufgearbeitet worden. Mit dem Stück «Hannibal» soll am 6. November ein weiterer Prozess aufgegriffen werden - der gegen den unter Terrorverdacht stehenden Bundeswehroffizier Franco A.. Am Vorabend findet im Rahmen des Projekts das Podiumsgespräch «Our Legacy» statt. Auch soll es einen Koch-Workshop in Kooperation mit Caritas und der Volkshochschule geben. Am 1. November 1996 war das spätere Kerntrio des NSU gemeinsam mit anderen aus ihrer Jenaer Neonazi-Kameradschaft in der Buchenwald-Gedenkstätte am Ettersberg bei Weimar aufgetaucht, um dort zu provozieren.

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