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In Brixen in Südtirol gibt es seit 1988 eine Initiative „Musik und Kirche“. Sie wird von einem Verein durchgeführt, der von der Kulturabteilung der Südtiroler Landesregierung, der Gemeindeverwaltung Brixen, der Diözesankommission für Kirchenmusik und dem Sender Bozen der RAI getragen wird. Ziel ist die Förderung und Pflege der liturgischen und außerliturgischen Kirchenmusik.
1997 standen „Mystik und Ekstase“ auf dem Plan. Für Vorträge hatte man Dieter Schnebel und Peter Michael Hamel ausgewählt. Dieter Schnebel würzte seine Erörterungen mit trefflichen Musikbeispielen von der Trance in Wagners Tristan bis zu einem Alleluja von Perotin, über eine Messe mit fünf achtstimmigen Chören bis zu Beethovens Neunter, Janaceks Glagolitischer Messe und Strawinskys Sacre, wonach Musik letztlich ein Medium der Ekstase ist. Peter Michael Hamel stellte die Herkunft und die Komposition seines Werkes „De Visione Dei“ vor, der die Gedanken der „Coincidentia oppositorum“ des Nico-laus Cusanus zugrunde liegen. Über Leben, Werk und Philosophie des Nicolaus Cusanus referierte Luise Rinser.
Der Festakt zur Eröffnung des Symposiums in der Nicolaus-Cusanus-Akademie in Brixen brachte eine Reminiszenz an die bisherigen zehn Jahre des Bestehens der Initiative Musik und Kirche. Idee und Ziel wurden am deutlichsten angesprochen von dem künstlerischen Leiter Dr. Josef Lanz vom RAI, der die inhaltliche Auseinandersetzung bei diesem Abenteuer über die Bedeutung wohlklingender Konzerte stellte und den Zusammenhang des Gegensätzlichen auch für die Zukunft apostrophierte. Musikalisch umrahmt wurde der Festakt von einem Vokalensemble unter Leitung von Domkapellmeister Walder mit Rheinberger und Reger. Die Brixner Initiative will keine neue kirchliche Gebrauchsmusik kreieren, sondern zeitgenössische Musik mit dem geistigen Hintergrund der künstlerischen und humanen Werte des christlichen Abendlandes anregen und fördern. Dies geschah denn auch in allen Konzerten, beginnend mit dem Renner-Ensemble aus Regensburg über das Ensemble recherche aus Freiburg und vielen anderen. Die absolute Kompilation von Mystik und Ekstase war der Schlußgottesdienst im Dom zu Brixen mit Schuberts B-Dur-Messe vom Brixner Domchor unter Heinrich Walder, einem Proprium mit Sätzen von Sil-cher, Knapp, Grieg und Mendelssohn von einem großen Chor aus diversen Kirchenchören unter Othmar Trenner und Orgelnachspiel von Otto Rubatscher mit Franz Schmidts Präludium Nr. 1 in Es-Dur – eine klingende Dokumentation dessen, daß die zwei Komponenten der Brixner Initiative „Musik und Kirche“ gleichrangig sind.