Das Hauen und Stechen ist erst mal vorbei, das grausame Gezerre um die Macht in Berlin. Keine Finte, keine verletzende Schlag- und Schusstechnik wurde ausgelassen in der persönlichen Auseinandersetzung, im Aufrechnen wechselseitig diagnostizierter Kardinalfehler. Da könnte man eigentlich glücklich sein, dass die Künste, die Bildungspolitik und natürlich unser zierlicher kleiner Musikwinkel in diesem Verteilungsgemetzel praktisch keine Rolle spielten. Ein bescheidener vorsommerlicher PISA-Schlenker – das war’s dann schon. Parteienübergreifend.
Das Hauen und Stechen ist erst mal vorbei, das grausame Gezerre um die Macht in Berlin. Keine Finte, keine verletzende Schlag- und Schusstechnik wurde ausgelassen in der persönlichen Auseinandersetzung, im Aufrechnen wechselseitig diagnostizierter Kardinalfehler. Da könnte man eigentlich glücklich sein, dass die Künste, die Bildungspolitik und natürlich unser zierlicher kleiner Musikwinkel in diesem Verteilungsgemetzel praktisch keine Rolle spielten. Ein bescheidener vorsommerlicher PISA-Schlenker – das war’s dann schon. Parteienübergreifend. Doch leider: Kein echter Grund zur Freude. Unser aller geliebtes Areal der Kreativität, der Fantasie, der kulturvollen Menschenbildung verliert im gesamtgesellschaftlichen Kontext weiter an Bedeutung. Daran wird der alte neue Kulturstaatsminister Julian Nida-Rümelin emsig zu arbeiten haben. Die Künste bleiben dotterzarte Verfügungsmasse zwischen den knochenharten scharf rechnenden Machern unserer Tagespolitik.Das wird weiter Wirkung zeigen im Detail: Ob Opernhäuser, ob Musikschulen, ob Ganztagsbetreuung in der Schule oder Einkaufsmöglichkeit der Stadtbibliothek – jeder Plan, jedes Projekt dieser sogenannten weichen Standortfaktoren muss sich zunehmend messen lassen an der heiligen Sankt Machbarkeit (welchselbige bekanntlich aus Excel-Tabellen samt Budgetplänen und dem dahinter versammelten kulturellen Sachverstand hauptberuflicher Rechenkünstler besteht).
Was aus diesem Dilemma helfen kann, ist sein Gegenstand: Kulturpolitik. Bis jetzt oft missverstanden als Trainingsfeld für persönliche Eitelkeiten, Besserwisserei und konsequentes Verfolgen übersichtlicher Eigeninteressen hat eine professionell konfigurierte und dennoch gern hochmoralisch betriebene Kulturpolitik allein die Chance, kulturellen Zielen gesellschaftliche Bodenhaftung zu verschaffen. Dies setzt einen gewissen Konsens der Kulturbeflissenen voraus, der sich unter dem Druck grassierender Nöte leichter einstellen sollte als in der Fettlebe. Zu den positiven Signalen in ersehnter Richtung zählen eine ständig wachsende Präsenz des Deutschen Kulturrates in allen wesentlichen Politikfeldern mit sichtbaren Folgen – und erste kräftige Lebenszeichen des Deutschen Musikrates nach langer Zeit.
Mut macht, dass sich vor allem die ausgeprägten Individuen im Musikbereich aufeinander zubewegen. Es treffen sich Profis und Laien, Musikindustrielle und Pädagogen. Die Schnittmenge gemeinsamer Interessen sowie (hört, hört) Werte stellt sich als überraschend reichhaltig heraus. Da haben Lernprozesse stattgefunden, die eine solide Grundlage abgeben können für unser zentrales Aufgabenfeld der Zukunft: Selbstbewusste Kulturpolitik, die Rechenschiebern sagt, was machbar ist.