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„MitMachMusik“in Berlin: Dieser Junge lernt mit dem fremden Instrument eine neue Kultur kennen. Foto: Christophe Gateau
„MitMachMusik“in Berlin: Dieser Junge lernt mit dem fremden Instrument eine neue Kultur kennen. Foto: Christophe Gateau
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Klingende Willkommenskultur

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„Musik macht Heimat“ – die Internetplattform des MIZ
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Die Bilder vom Sommer 2015 haben wir alle noch im Kopf: Ein nicht abreißender Strom von Menschen aus Syrien, Afghanistan, aus afrikanischen Staaten machte sich auf den Weg ins Herz Europas. Frauen, Männer und Kinder, viele von ihnen minderjährig und ohne Eltern, entflohen Krieg, Terror, Verfolgung, Hunger und Armut. Die Menschen hofften auf Schutz und eine Perspektive für ihr Leben.

Nach aktueller Zählung kamen bis jetzt etwa eine Million Flüchtlinge nach Deutschland. Hier entwickelte sich eine bis dahin ungeahnte Welle der Hilfsbereitschaft, die bis heute nicht abgeebbt ist. Ehrenamtliche Helferinnen und Helfer begleiten und unterstützen die Neuankömmlinge in vorbildlicher empathischer Weise bei der Suche nach Wohnraum, versorgen sie mit Kleidung und Spielzeug, sie erteilen Deutschkurse, helfen bei Hausaufgaben und lassen die Menschen spüren, wie sich „Willkommenskultur“ anfühlt.

Kulturschaffende und Kulturinstitutionen erkannten sehr schnell, dass die Grundversorgung nur ein erster Schritt war. Den Taten mussten weitere folgen, um die Menschen mit ihrer neuen Heimat vertraut zu machen. Nachhaltige Angebote waren und sind noch immer nötig, um die Schwellenangst zu verkleinern, für Kontakte zur einheimischen Bevölkerung zu sorgen und den Weg in die bundesdeutsche Gesellschaft zumindest ein Stück weit zu ebnen. So nehmen unter den Kulturangeboten Projekte mit musikalischen Inhalten eine herausragende Stellung ein. Denn Musik ist in allen Kulturen zu Hause, sie kann Brücken schlagen und Ausdrucksmöglichkeiten über alle Sprachgrenzen hinweg schaffen. Sie leistet wertvolle Hilfe, wenn es darum geht, an einem zunächst fremden Ort die Autonomie über sein Leben zurückzuerhalten. Es verwundert daher nicht, dass Musik in zahlreichen Initiativen eine Rolle spielt.

Dem Deutschen Musikinformationszentrum (MIZ) ist es zu verdanken, dass die diversen Hilfs- und Integrationsangebote im Musikbereich bereits auf dem Höhepunkt der Flüchtlingsbewegungen im Oktober 2015 eine eigene, repräsentative Plattform erhielten. Vor dem damals wie heute aktuellen Hintergrund entschloss man sich, die Solidarität und Hilfsbereitschaft der Akteure des Musiklebens sichtbar zu machen und mit der Veröffentlichung der Projekte gleichzeitig Anregungen für den Start weiterer Projekte zu geben.

Auf seinem Informationsportal www.miz.org stellt das MIZ unter dem Titel „Musik macht Heimat“ eine Plattform bereit, die einen Überblick über die schier überwältigende Vielfalt der Musikprojekte für Flüchtlinge in Deutschland bietet. Die Angebote werden dabei in vier große Rubriken eingeteilt: „Gemeinsames Singen und Musizieren, Begegnungsveranstaltungen“, „Konzerte, Musiktheater“, „Musikunterricht, andere musikpädagogische Angebote, Ins­trumentenspenden, Musiktherapie“ und „weitere Angebote“. Hier finden sich auch Fachtagungen oder Veranstaltungsreihen, die Anregungen für die Arbeit mit Migranten geben. Auf einer interaktiven Deutschlandkarte und über ausführliche Listenansichten erhält man per Mausklick detaillierte Informationen zu den einzelnen Initiativen. Bislang bietet das MIZ Veranstaltern neuer Projekte die Möglichkeit, über die Internetplattform ein Formular zu nutzen, mit dessen Hilfe man auf kurzem Weg Auskunft über Inhalte, Reichweite, Träger und Zielgruppen geben kann. „Trotz intensiver Nutzung des Portals und eines immensen Echos in Fachkreisen und den Medien wird die Plattform ‚Musik macht Heimat‘ in ihrem jetzigen Erscheinungsbild den Anforderungen der Zukunft nicht ganz gerecht“, so die Bilanz von Stephan Schulmeistrat, Leiter des Musikinformationszentrums. Dies liege vor allem daran, dass das Angebot seinerzeit aus dem Stand heraus und ohne informationstechnische Grundlagen entwickelt worden sei und nur begrenzte Möglichkeiten biete, inhaltlich auf den bereits begonnenen gesellschaftlichen Wandel von der „Willkommenskultur“ hin zu dauerhaften Integrationsbemühungen zu reagieren. „Wir wollten damals schnell reagieren und sichtbar machen, welch enormes Engagement sich innerhalb kürzester Zeit aus dem Musikbereich heraus entwickelt hat“, so Schulmeistrat. Über die Möglichkeit hinaus, spontanen Projekten und Initiativen im Kontext der Flüchtlingshilfe eine Öffentlichkeit zu geben, verlange die jetzige Situation nach einem Angebot, das mithilft, die Weichen für eine nachhaltige Integration der neuen Mitbürgerinnen und Mitbürger in die Gesellschaft zu stellen.

So strebt man im MIZ derzeit den Aufbau einer passgenau auf die Bedürfnisse der in der Integrationshilfe Engagierten zugeschnittenen neuen Informationsplattform an, die die Vielfalt und Bandbreite aller Angebote nicht aus dem Blick verliert, gleichzeitig jedoch die Kommunikation zwischen den in der Flüchtlingshilfe und in der Integrationsarbeit Aktiven stärker in den Fokus rückt. Der derzeitige Fragebogen weicht dann einem onlinebasierten Eingabetool, das die vereinfachte Übermittlung von Projektdaten und -meldungen auf elektronischem Wege direkt an das MIZ erlaubt. Vor allem aber ist ein Diskussionsforum geplant, das den Erfahrungsaustausch der Veranstalter untereinander intensiviert, und zwar nicht nur im Hinblick auf Best-Practice-Beispiele; manch ein Projekt mag womöglich weniger erfolgreich verlaufen sein als erwartet oder ist an finanziellen Hürden gescheitert, auch solche Erfahrungen sollen künftig ausgetauscht werden können. „Nur durch eine stärkere Vernetzung der meist ehrenamtlich Engagierten und indem aus Erfahrungen anderer gelernt wird, kann letztlich die Qualität und die Kreativität der Angebote weiter gesteigert werden, kann es zu neuen Kooperationen und somit zu einer dauerhaften Stärkung der Integrationsprojekte kommen“, betont Schulmeistrat. Das Portal soll es künftig ermöglichen, mithilfe vielfältiger Recherchekriterien auf einen Blick Informationen über Projekte zu finden sowie über deren Träger, Ansprechpartner und weiterführende Quellen. Wer will, kann dann auf noch kürzeren Wegen mit Veranstaltern, Trägern oder Gleichgesinnten in Kontakt treten.

Es spricht für die Bedeutung, die sich die im MIZ eingerichtete Plattform inzwischen erworben hat, dass der Bund das neue Vorhaben des MIZ unterstützt: Die Beauftragte der Bundesregierung für Kultur und Medien (BKM) hat die Finanzierung für die Weiterentwicklung des Angebots bereits zugesagt. Dranbleiben lohnt sich!

Auf einen Blick:

www.miz.org

  • Informationsplattform „Willkommen in Deutschland: Musik macht Heimat – Engagement für Dialog“ online seit Oktober 2015
  • verzeichnet Musik-Initiativen und Projekte zu gemeinsamem Singen und Musizieren, Konzerten, Musikunterricht, Instrumentenspenden, Musiktherapie und vielem mehr
  • rund 250 Projekte bundesweit
  • Neukonzeption und Erweiterung der Plattform ab 2017

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