Berlin - Nach langer Durststrecke hat die Kulturszene dank erster Testveranstaltungen ein bisschen Hoffnung geschöpft. Am Wochenende gab es in Berlin und Barcelona Konzerte unter strengen Corona-Regeln. Doch in der deutschen Hauptstadt gibt es erst einmal einen Dämpfer.
Die Hauptstadt-Kultur muss sich wegen steigender Corona-Infektionen auf neue Härten einstellen. Modellprojekte für Kultur- oder Sportveranstaltungen mit Zuschauern in Berlin werden gestoppt, wie der Regierende Bürgermeister Michael Müller (SPD) am Samstagabend nach einer Senatssitzung ankündigte. Am selben Abend hatte die Berliner Clubszene noch den Konzertbetrieb unter Pandemie-Bedingungen ausprobiert. Auch in Barcelona gab es am Wochenende ein Testkonzert - in weitaus größerem Maßstab.
Konzerte und Club-Abende sind ein wichtiger Tourismus- und Wirtschaftsfaktor. Allen voran in Berlin, wo die international bekannte Clubszene am Samstagabend auf dem Holzmarkt-Gelände an der Spree eine Pilotveranstaltung ausprobierte. Zu dem ausverkauften Event kamen laut Veranstalter rund 70 Besucher, die sich vorher online anmelden, Schnelltests absolvieren und eine Maske tragen mussten. Für die Clubcommission war der Test «ein Funke der Hoffnung».
Der Sprecher des Dachverbands, Lutz Leichsenring, sagte der Deutschen Presse-Agentur am Sonntag, «das war ein voller Erfolg, darauf können wir aufbauen». Einiges könne man noch vereinheitlichen und zum Beispiel eine App nutzen. Die Clubszene sei überzeugt, sichere Räume schaffen zu können. Nun hoffe man für den Sommer auf Open-Air-Veranstaltungen mit Hygiene-Konzepten. «Ich bin guten Mutes, dass kulturelles Leben möglich ist.» Die Gesellschaft dürfe nicht auf den nächsten Lockdown warten, sondern solle mit Testen und Impfen selbst Verantwortung übernehmen.
Doch aus dem Senat kam am Wochenende ein Dämpfer. Regierungschef Müller hatte am Samstag nach mehrstündiger Senatssitzung zwar erklärt, bisherige Projekte wie das Konzert in der Berliner Philharmonie mit 1000 Besuchern oder ein Theaterabend im Berliner Ensemble vor einer Woche seien sehr erfolgreich umgesetzt worden. Im Moment sei man aber in einer Situation, «wo man das nicht nahtlos weiterführen kann.»
«Wir haben zur Osterruhe vom 1. bis 5. April aufgerufen», hieß es am Sonntag dazu von Seiten der Senatssprecherin. «Und das bedeutet jetzt auch für die Modellprojekte, dass diese erst mal nicht stattfinden können und verschoben werden müssen.» Danach müsse die Lage neu bewertet werden. «Wann die Modellprojekte dann weitergeführt werden, werden wir uns genau ansehen und von der Entwicklung der Infektionszahlen abhängig machen.»
Die Pilotprojekte hatten nach monatelanger Zwangspause weit über Berlin hinaus vor allem dem Kulturbetrieb Hoffnung gegeben. Gezeigt werden sollte, dass auch in der Pandemie sichere Veranstaltungen möglich sind. Museen und Galerien in Berlin, darunter die berühmte Museumsinsel, sollen weiter bleiben offen. Besucher müssen aber künftig einen negativen Corona-Schnelltest vorweisen.
Mit einem ähnlichen Konzept, nur wesentlich größer wurde am Wochenende auch in Barcelona getestet, ob Großveranstaltungen möglich sind, ohne dass es zu vielen Neuinfektionen kommt. 5000 begeisterte Zuschauer tanzten am Samstagabend ohne Abstandsregeln bei einem Konzert der spanischen Indie-Popband Love of Lesbians. Die Veranstaltung in der für bis zu 24 000 Gäste ausgelegten Mehrzweckhalle «Palau de Sant Jordi» war von den Gesundheitsbehörden ausdrücklich erlaubt. «Willkommen zu einem der bewegendsten Konzerte unseres Lebens», begrüßte der Sänger von Love of Lesbians, Santi Balmes, die Menschenmenge.
Für die Fans war der Abend ein voller Erfolg. «Es war super, eigentlich noch besser als vor Corona, weil alle Leute so unglaublich glücklich und ausgelassen waren, weil sie endlich mal wieder in einem Konzert sein konnten. Viele tanzten und haben unter der Maske mitgesungen», erzählte Rubén Casado der Deutschen Presse-Agentur. «Hoffentlich gibt es bald mehr solche Veranstaltungen», fügte der 48-Jährige hinzu.
Vor und während des Konzerts galten strenge Schutzmaßnahmen, die von einem Ärzteteam überwacht wurden. Alle Zuschauer mussten am Tag des Konzerts in einem von drei speziellen Testzentren zwischen 08.00 Uhr und 16.00 Uhr einen Schnelltest machen. Nur 6 der 5000 Tests seien positiv ausgefallen, schrieb die Zeitung «La Vanguardia». Eingelassen wurden nur Besucher im Alter zwischen 18 und 65 Jahren, die ihr negatives Testergebnis auf ihrem Smartphone gespeichert hatten. Zudem mussten die Zuschauer einwilligen, dass ihre Daten mit denen der Gesundheitsbehörden abgeglichen werden.
Beim Eintritt in den Palau wurden die Körpertemperatur gemessen und FFP2-Masken verteilt, die während des Konzerts zu tragen waren. Für den Zuschauerbereich, der in drei Zonen unterteilt war, gab es je eigene Eingänge, Barbereiche und Sanitäranlagen. Die Zuschauer durften nicht von ihrer Zone in eine andere wechseln. Für eine besonders starke Belüftung sei gesorgt worden, betonten die Veranstalter. «Echt überraschend, wie total gut das alles organisiert war», sagte Rubén Casado.
Die Corona-Lage ist in Spanien zurzeit relativ stabil. Für Katalonien gab das Gesundheitsministerium in Madrid die Zahl der Neuinfektionen je 100 000 Einwohner binnen sieben Tagen am Freitag mit gut 88 an. In Deutschland stieg dieser Wert am Sonntag auf 130, in Berlin auf 140.