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Deutscher Kulturrat und Deutscher Sportbund treten für die Staatsziele Kultur und Sport im Grundgesetz ein
Berlin, den 27.04.2006. Der Deutsche Kulturrat, der Spitzenverband der Bundeskulturverbände, und der Deutsche Sportbund, der Dachverband des Sports, fordern die Aufnahme der Staatsziele Kultur und Sport in das Grundgesetz.
Angesichts der anstehenden Grundgesetzänderungen im Rahmen der Föderalismusreform, die zeitgleich im Deutschen Bundestag und im Bundesrat debattiert werden, sind der Deutsche Kulturrat und der Deutsche Sportbund gemeinsam der Auffassung, dass diese Verfassungsreform genutzt werden soll, um das Grundgesetz mit den Staatszielen Kultur und Sport zu komplettieren.
Führende Staatsrechtler der Bundesrepublik Deutschland haben im Zuge der Beratungen der Enquete-Kommission „Kultur in Deutschland“ betont, dass eine Staatszielbestimmung Kultur föderalismusneutral ist. Diese Position wurde übereinstimmend von den Befürwortern - wie auch Skeptikern - gegenüber dem Staatsziel Kultur vorgetragen. Gleiches gilt unserer Meinung nach auch für das Staatsziel Sport.
Die gesellschaftliche Entwicklung in der Bundesrepublik Deutschland wird sehr wesentlich von Sport und Kultur getragen. Die Erscheinungsformen von Kultur und Sport sowie die von ihnen wahrgenommenen Funktionen sind unmittelbar mit den Entwicklungen des Gemeinwesens verbunden. Auf allen Ebenen der Gesellschaft bieten sie den Bürgerinnen und Bürgern ein Forum für Gemeinsinnentwicklung, Integration und Verständigung über demokratisches Verhalten. Die seit Jahrzehnten bewährten wie auch aktuellen Entwicklungen in den Bereichen von Sport und Kultur belegen die gemeinsinnstiftende Wirkung, die von beiden Engagementbereichen ausgeht.
In einer sich entwickelnden Bürgergesellschaft sind Kultur und Sport bereit, in noch größerem Umfang Verantwortung für die Gemeinschaft zu übernehmen. Sie werden gemeinsam und jeweils in den eigenen Bereichen Kinder und Jugendliche bei ihrer sozialen, kulturellen und sportlichen Entwicklung unterstützen. Beide Organisationsbereiche bieten hervorragende Möglichkeiten zur Vermittlung demokratischer Tugenden und Verhaltensweisen, bei der Integration von Minderheiten und der internationalen Verständigung. Dabei haben Sport und Kultur in den letzten Jahren in immer größerem Umfang zahlreiche im öffentlichen Interesse stehende Aufgaben übernommen.
Mit der Einfügung des Staatsziels Kultur sowie des Staatsziels Sport in das Grundgesetz würde die Bedeutung von Kultur und Sport für die Gesellschaft unterstrichen. Damit würde in der Verfassung für die Bundesrepublik Deutschland nachvollzogen, was in den Länderverfassungen bereits selbstverständlich ist und auch in der Europäischen Verfassung, die von der Bundesrepublik Deutschland bereits ratifiziert wurde, vorgesehen ist. Der Beitrag von Kultur und Sport für das Gemeinwesen würde mit dem Staatsziel Kultur und dem Staatsziel Sport nachhaltig festgehalten und gewürdigt.
Der Präsident des Deutschen Sportbundes, Manfred von Richthofen, hebt hervor, dass der organisierte Sport, dem nahezu ein Drittel unserer Bevölkerung als Mitglieder angehören, einen beachtlichen Beitrag zur Gestaltung des Gemeinwohls und bei der Einübung demokratischer Verhaltensweisen leistet. Mit seinen unbestrittenen gesundheitlichen Wirkungen trägt der Sport zu einem erheblichen Teil zur Förderung der Volksgesundheit bei und gewinnt angesichts der Zunahme der lebensstilbedingten Zivilisationskrankheiten ökonomisch an Bedeutung, weil durch seine Aktivitäten die Volkswirtschaft merklich entlastet wird. In einer sich multikulturell entwickelnden Gesellschaft sorgt der Sport für eine wirksame Integration sozialer Gruppen, nicht nur bei großen internationalen Begegnungen, sondern auch im Alltag der Sportvereine. Mit der Staatszielbestimmung Sport im Grundgesetz fände die gemeinwohlstiftende Wirkung des Sports auch auf der Bundesebene Anerkennung und die ihm zustehende Würdigung, so von Richthofen.
Der Vorsitzende des Deutschen Kulturrates, Prof. Dr. Max Fuchs, sagte: „Kunst und Kultur sind eine wesentliche Grundlage der Gesellschaft. Die Kultur ist gerade in Deutschland die geistige Klammer, die eine Verbindung zwischen den Menschen hergestellt hat. Wir sind uns bewusst, dass mit der Verankerung des Staatsziels Kultur zunächst kein Euro mehr für die Kultur bereit stehen wird. Wenn man aber bedenkt, welche Auswirkungen zum Beispiel die internationale Handelspolitik auf den Kulturbereich hat, wird es immer wichtiger, darauf verweisen zu können, dass Kunst und Kultur durch das Grundgesetz geschützt und der Staat zu ihrer Förderung verpflichtet ist. Das Staatsziel Kultur wird insbesondere bei Ermessensentscheidungen für die Kultur eine wichtige Rolle spielen.“