Berlin - In Berlin haben sich mehr als 140 Kulturinstitutionen zu einem Bündnis gegen Rechts zusammengeschlossen. Die Initiatoren stellten am Freitag eine «Erklärung der Vielen» vor, in der sie sich zum Engagement gegen Nationalismus und Intoleranz und für die Freiheit der Kunst verpflichten. Ähnliche Bündnisse starteten am Freitag auch in Düsseldorf, Hamburg und Dresden. Den Veranstaltern zufolge haben sich bundesweit rund 300 Kulturinstitutionen angeschlossen.
«Ich hoffe, wir werden den Rechten von heute an das Leben deutlich schwerer machen», sagte Olaf Zimmermann, Geschäftsführer des Deutschen Kulturrats, der Dachorganisation von mehr als 250 Bundeskulturverbänden, in Berlin. Gerade in kleineren Orten sei der Druck von Rechts dramatisch gewachsen.
In Berlin haben sich die meisten großen Kulturinstitutionen wie die drei Opernhäuser, alle führenden Theater, die Stiftung Preußischer Kulturbesitz und die Berliner Festspiele der Aktion angeschlossen. Auch zahlreiche kleinere Häuser und freie Initiativen sind vertreten. Der Anstoß kam von dem 2017 gegründeten Verein Die Vielen, der von der Stiftung des Fotografen Wolfgang Tillmans unterstützt wird.
Gemeinsames Symbol ist eine gold-glitzernde Rettungsdecke, die von allen als Erkennungszeichen genutzt werden soll. Nach lokalen und selbstorganisierten Veranstaltungen in ganz Deutschland sind im Mai 2019 bundesweit «Glänzende Demonstrationen» geplant.
Dietmar Schwarz, Intendant der Deutschen Oper Berlin, sagte die Unterstützung der gesamten Deutschsprachigen Opernkonferenz zu. Kai Uwe Peter von der gastgebenden Stiftung Brandenburger Tor erinnerte an die besondere Verpflichtung der Deutschen, nach den Verbrechen der Nazizeit für Freiheit und Toleranz einzustehen: «Jeder von uns unterstützt mit der Kultur die Demokratie», sagte er.
Wie Theater-Intendantin Annemie Vanackere (HAU) rief auch der Chef des Friedrichstadt-Palasts, Berndt Schmidt, zum Zusammenhalt untereinander auf. «Wer einen von uns angreift oder herausgreift, hat ab sofort 140 an der Backe», sagte er. «Ab heute sind wir nicht mehr allein auf weiter Flur. Ab heute sind wir viele.» Schmidt hatte im vergangenen Jahr nach seinem Eintreten gegen Rechtsextremismus sein ganzes Haus wegen einer Bombendrohung räumen lassen müssen.
Für Toleranz und Vielfalt: Zuspruch für «NRW-Erklärung der Vielen»
Düsseldorf (dpa/lnw) - Mehr als 140 Theater, Künstler, Museen und Kultureinrichtungen haben in einer «NRW-Erklärung der Vielen» den Zusammenhalt gegen rechtspopulistische Strömungen bekräftigt. Es gehöre zu den Stärken der Kulturschaffenden, dass sie in der Gesellschaft Zeichen setzen können, sagte Wilfried Schulz, der Generalintendant des Düsseldorfer Schauspielhauses, am Freitag. Bisherige Unterzeichner sind unter anderem die Theater in Bielefeld, Münster, Bochum, Dortmund, Essen, Köln und Düsseldorf, das Museum Folkwang und die Kölner Philharmonie. Zeitgleich wurde in Berlin eine weitere Initiative vorgestellt.
In der Erklärung wird bekräftigt: «Wir zeigen gemeinsam, NRW und bundesweit, Haltung für Toleranz, Vielfalt und Respekt.» Die Unterzeichner wollten einen aufklärenden, kritischen Dialog über rechte Strategien führen. Die Direktorin des Duisburger Lehmbruck Museums, Söke Dinkla, sagte, eine alarmierende Ausgrenzung sei zu spüren.
Es gebe genügend Anlässe, sich zu vernetzen, betonte Wilfried Schulz, der Chef des Schauspielhauses in Düsseldorf. «Ich halte die Trägheit der bürgerlichen Mitte für das größte Problem der Gesellschaft», sagte der Intendant.
[update, 15.11.]
Autor Tellkamp kritisiert «Erklärung der Vielen» in Offenem Brief
Dresden (dpa) - Schriftsteller Uwe Tellkamp («Der Turm») hat die bundesweite Kampagne «Erklärung der Vielen» kritisiert. Sie sei für ihn «ein Tiefpunkt der Debatten- und Toleranzkultur und zeugt von nichts anderem als dem moralischen und intellektuellen Bankrott der Initiatoren», schrieb er in einem Offenen Brief in der rechten Zeitschrift «Sezession». Das zeige «den viel bestrittenen Gesinnungskorridor ebenso erschütternd wie deutlich».
Tellkamp wirft den Unterzeichnern aus der Kulturszene vor, die freie Debatte im Namen der Demokratie zu behindern oder gar unterbinden zu wollen. Man wolle diskutieren, Meinungen, die nicht passten, aber kein Forum bieten. Dabei führe erst die freie Debatte zur Selbstvergewisserung und zu Positionen, die tragen. «Was bleibt, ist Hysterie - ein «Wehret den Anfängen», dem das «Wehret dem Ende» längst abhanden gekommen ist», resümierte der Autor, der sich seit Langem wieder politisch äußerte.
Tellkamp beklagte, dass sich die öffentliche Kulturszene gegen «rechts», zugleich aber nicht gegen «links» stelle. «Eine solche institutionell getragene Intoleranzmaßnahme und -erklärung, ihr Auftritt allerdings mit Rettungs-Goldfolie und im Ton der lautersten Moral und Selbstgerechtigkeit, hat es seit der Biermann-Affäre nicht mehr gegeben», schrieb er.
In der «Erklärung der Vielen» haben sich fast 400 Künstler, Verbände und Kultureinrichtungen zum Engagement gegen Nationalismus und Intoleranz und für die Freiheit der Kunst verpflichtet. Der Anstoß zu der Aktion kam vom Verein Die Vielen, der von der Stiftung des Fotografen Wolfgang Tillmans unterstützt wird. Gemeinsames Symbol ist eine gold-glitzernde Rettungsdecke.