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«Goodbye, UK» - Was die Kulturszene zum Brexit sagt. Foto: Lieberwirth
Rattle: Seit dem Brexit gibt es weniger Musikerbewerbungen für London. Foto: Lieberwirth
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Kulturrat: Brexit gefährdet Kulturbeziehungen zu England

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Berlin - Der Deutsche Kulturrat hat angesichts des Brexit vor einer kulturellen Entfremdung zwischen Deutschland und Großbritannien gewarnt. «Der Brexit kommt zur absoluten Unzeit. Es hätte ihn nicht geben dürfen», sagte Verbandsgeschäftsführer Olaf Zimmermann in einem Gespräch mit der Deutschen Presse-Agentur.

«Er beschädigt Europa gerade in einer Zeit, in der es eigentlich Stärke und Gemeinsamkeit braucht.» Der Kulturrat ist die Dachorganisation von rund 250 Bundeskulturverbänden.

In Gefahr ist nach Ansicht von Zimmermann vor allem die Niederlassungsfreiheit für Künstler. «Besonders London ist ein Hotspot für die künstlerische Entwicklung. Die Stadt gehört mit New York und Berlin zu den ganz wichtigen Orten der Welt, an denen die Kreativen sein wollen», sagte er. «Wenn Künstler sich dort nicht mehr ohne Anmeldung, ohne Visum, ohne große Formalitäten niederlassen können, ist das eine große Einschränkung für den gegenseitigen Austausch.»

Zimmermann rechnet damit, dass es bei den anstehenden Austrittsverhandlungen mit der britischen Regierung Lösungen für den Erhalt des freien Handels geben wird. Für die Arbeitnehmerfreizügigkeit sei das jedoch nicht zu erwarten. «Letztlich war ja der Auslöser für den Brexit das Gefühl, dass zu viele Menschen - besonders aus Osteuropa - nach England einreisen und sich dort niederlassen», sagte er. «Deswegen befürchte ich, dass genau dieser zentrale Punkt auf der Strecke bleiben wird.»

Ebenfalls betroffen sind dem Verbandssprecher zufolge die zahlreichen kulturellen Gemeinschaftsprojekte, die zwischen Großbritannien und Deutschland oder anderen EU-Ländern laufen. So gibt es viele Kooperationen zwischen Museen, Ausstellungshäusern, Theatern und anderen Institutionen.

«Wenn England nicht mehr zur Europäischen Union gehört, kann es auch keine Mittel mehr aus EU-Förderprogrammen in Anspruch nehmen. Damit könnten viele Projekte auf der Kippe stehen», so Zimmermann. Ziel müsse deshalb sein, für Großbritannien zumindest einen Status zu erhalten, der dem von assoziierten Mitgliedern wie den EU-Beitrittskandidaten entspricht.

Dritter Knackpunkt sind für den Kulturrat die Studiengebühren. Auf der Insel zahlen junge Leute zum Teil immense Summen für den Besuch einer Universität. Innerhalb der EU gibt es Vereinbarungen, die Studenten aus den Mitgliedsstaaten deutlich ermäßigte Studiengebühren ermöglichen. «Das ist ein wichtiges Instrument, um zwischen den nachwachsenden Generationen Netzwerke zu knüpfen, das sollten wir nicht aufs Spiel setzen», sagte er.

Zimmermann appellierte an Kulturstaatsministerin Monika Grütters (CDU), schon rechtzeitig über Sonderprogramme für den bilateralen Kulturaustausch nachzudenken. «Wenn wir ein Land neu in die EU aufnehmen wollen, beginnen wir mit der Kultur», sagte er. «Deshalb sollten wir es bei einem Land, das wegdriftet, auch mit der Kultur versuchen. Gerade zu Großbritannien haben wir so enge und historisch gewachsene kulturelle Bindungen, dass wir keinen Graben entstehen lassen dürfen.»