Berlin - Die Berliner Rede zum Urheberrecht von Bundesjustizministerin Sabine Leutheusser-Schnarrenberger (FDP) ist in der Kulturszene überwiegend mit Beifall aufgenommen worden. Der Bundesverband Musikindustrie, der Börsenverein des Deutschen Buchhandels, der Deutsche Musikverleger-Verband und die Verwertungsgesellschaft GEMA begrüßten die Äußerungen der Ministerin am Dienstag. Dem Deutschen Kulturrat und der SPD-Fraktion gingen die Ankündigungen nicht weit genug.
Leutheusser-Schnarrenberger hatte am Montagabend zwar deutlich Partei für die Urheber ergriffen, die Kulturbranche aber auch nicht mit kritischen Bemerkungen verschont. Der derzeit viel diskutierten Kulturflatrate, einer Art Internet-GEZ, erteilte Leutheusser-Schnarrenberger eine Absage. Sie kritisierte diese als »Zwangskollektivierung der Rechte, die einen gewaltigen Verteilungskampf der Urheber um die Einnahmen zur Folge hätte«. Zudem reduziere eine Kulturflatrate das Urheberrecht auf den bloßen Vergütungsanspruch. Darüber hinaus lehnte die Ministerin Abmahnungen gegen Urheberrechtsverletzer im Internet oder gar Anschlusssperrungen ähnlich dem französischen Modell ab. «Das ist ein tiefer Eingriff in die Kommunikationsfreiheit», sagte sie.
Leutheusser-Schnarrenberger forderte «mehr und attraktive legale Angebote für die Nutzung im Internet». Die Krise der Musikindustrie durch Raubkopien sei «möglicherweise auch durch das Unvermögen der Branche verstärkt worden, auf die Nachfrage im Netz zu reagieren». Zwar sei Marktversagen «keine Legitimation für Urheberrechtsverletzungen». Aber: «Wenn der Markt versagt, gedeiht der Schwarzmarkt.»
Die Ministerin mahnte zudem, die Digitalisierung biete Chancen, die nicht gefährdet werden dürften, indem man «nur einseitig auf die Risiken» starre. Die Debatte werde leider von zwei Extremen bestimmt: «Die einen beschwören die Geltung des Urheberrechts und haben in Wahrheit doch viel zu häufig nur den Erhalt ihrer überholten Geschäftsmodelle im Sinn; und die anderen stimmen den Abgesang auf das Urheberrecht an und wollen sich auf diese Weise die Leistung anderer kostenlos aneignen.»
Zugleich verteidigte Leutheusser-Schnarrenberg die aktuelle Rechtsprechung: «Wenn ich sehe, wie viele Menschen sich bei uns beschweren, dass sie eine Abmahnung bekommen, weil sie eine Musikdatei oder einen Film illegal runtergeladen oder benutzt haben, dann habe ich allerdings den Eindruck: Gar so defizitär ist die Rechtsdurchsetzung dann doch nicht.»
Der Geschäftsführer des Deutschen Kulturrates, Olaf Zimmermann, monierte, unklar sei geblieben, «was das Bundesjustizministerium im Urheberrecht machen will». «Es wäre schön gewesen, wenn die Ministerin die Katze ein bisschen aus dem Sack gelassen hätte.» Auch der SPD-Bundestagsabgeordnete René Röspel kritisierte, Leutheusser-Schnarrenberger habe statt konkreter Pläne «bestenfalls einen Lückentext» präsentiert.
Der Bundesverband Musikindustrie sah ungeachtet der Seitenhiebe auf die Branche «zahlreiche positive Ansätze». «Die Justizministerin hat ein klares Bekenntnis für ein starkes Urheberrecht für Kreative und Produzenten abgegeben und der Gratiskultur im Internet eine Absage erteilt», sagte Vorstandsvorsitzender Dieter Gorny. Auch der Börsenverein des Deutschen Buchhandels fand seine Positionen und Forderungen in den Aussagen der FDP-Politikerin wieder. Hauptgeschäftsführer Alexander Skipis sagte, auch für den Börsenverein «kommt eine Kulturflatrate nicht in Frage, da sie privates geistiges Eigentum in ein öffentliches Gut verwandelt".