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Laienmusikverbände kontra KSVG

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Parlamentarischer Abend des Deutschen Musikrats in Berlin
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Parlamentarische Abende haben bei uns eine lange Tradition. Als eine Art institutioneller Lobbyismus mit Messer und Gabel sollen sie Interessenverbände und Abgeordnete des Deutschen Bundestages in freundlicher, entspannter Runde zu informativen Gesprächen zusammenführen. Vor allem sollen dabei die Parlamentarier, von den Fachorganisationen eingeladen und bewirtet, mit gewichtigen Sachinformationen und zielsicheren Argumenten munitioniert werden für notwendige gesetzliche Regelungen oder Korrekturen.

Parlamentarische Abende haben bei uns eine lange Tradition. Als eine Art institutioneller Lobbyismus mit Messer und Gabel sollen sie Interessenverbände und Abgeordnete des Deutschen Bundestages in freundlicher, entspannter Runde zu informativen Gesprächen zusammenführen. Vor allem sollen dabei die Parlamentarier, von den Fachorganisationen eingeladen und bewirtet, mit gewichtigen Sachinformationen und zielsicheren Argumenten munitioniert werden für notwendige gesetzliche Regelungen oder Korrekturen.Es ist eigentlich erstaunlich, dass sich der Deutsche Musikrat (DMR) solange er in Bonn dem Bunddestag räumlich nahe stand, sich dieses Instrumentes der Kommunikation nie bedient hat. Nun, da die parlamentarische Musik in Berlin spielt, wo allerdings auch das konkurrierende Angebot abendlicher Unterhaltung wesentlich größer ist als in der alten Bundeshauptstadt, griff der Musikrat erstmals zu diesem Mittel und lud, gemeinsam mit der Bundesvereinigung Deutscher Laienmusikverbände (BDLV), einem Dachverband unter dem DMR-Dach, zum Parlamentarischen Abend in den Biersalon der Bayerischen Vertretung.

Anlass war die in Arbeit befindliche Novellierung des Künstlersozialversicherungsgesetzes, genauer: die Last, die dieses Gesetz den Laienmusikern an Abgaben aufbürdet, teilweise in schwer verständlichen Bestimmungen. Dem besonderen Gemisch von Ehrenamtlichkeit in der organisatorischen und Professionalität unterschiedlichen Grades in der fachlichen Leitung der Chöre, Kapellen und Orchester wird das Gesetz kaum gerecht.

Und wenn man schon mal dabei ist: Auch das derzeit geltende Steuerrecht ist der unter Bildungs-, Kultur- und Sozialaspekten gleichermaßen gemeinnützigen Arbeit der Musikvereine keineswegs förderlich, solange die uralte „Freigrenze“ bei 60.000 Mark für die Befreiung von der Umsatz- und Körperschaftssteuer für gemeinnützige Vereine nicht jedenfalls in einen Freibetrag umgewandelt wird; dann nämlich wären wenigstens nur die diesen Betrag übersteigenden Einnahmen, zu denen unter Umständen auch Sponsorenmittel zählen, zu versteuern. Um freilich Abgeordnete aus den Regierungs- und Oppositionsfraktionen zu veranlassen, durch Gesetzesänderungen den Laienmusikverbänden und ihrer verdienstvollen Arbeit derartige Knüppel aus dem Weg zu räumen, bedürfte es in Zeiten je milliardenschwerer Probleme um BSE und BAföG, Rentenreform und Investitionsförderung, Verkehrswegeplanung und Atomausstieg wenigstens einer glasklaren Analyse, einer prägnanten Darstellung sowie einer zwingend argumentierenden Vorlage. Mit ihrem „Thesenpapier zum Parlamentarischen Abend am 14. Februar 2001“ sahen DMR und BDLV dagegen reichlich blass aus. In einer sprachlich verquasten bunten Mischung aus Situationsbeschreibung und Forderungen – von Thesen keine Spur – vermochte dieses Sechs-Punkte-Papier die ohnehin nicht zahlreich erschienenen Politprofis und Ministerialbeamte vor allem davon zu überzeugen, dass sie es hier mit Laien zu tun hatten.

Im „Mündlichen“ enttäuschte zudem ausgerechnet Ernst Burgbacher, der als Präsident der BDLV wie als Bundestagsabgeordneter eigentlich eine Doppelrolle zu spielen hatte. Sein „politisches“ Argument für die Laienmusik – „Leute im Orchester kommen nicht auf die schiefe Bahn, denn sie werden gegebenenfalls im Verein aufgefangen“ – ist zwar ein Plädoyer für den Verein, unterschlägt nur leider, wieder einmal, die Musik.

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