Magdeburg - Das Publikum ist nach den Corona-Einschränkungen nicht wieder in vollem Umfang in die Theater zurückgekehrt. Wie sollen die Häuser Besucher zurückgewinnen? Magdeburgs Generalintendant setzt auf Anspruch statt gefällige Inhalte.
Der neue Generalintendant des Theaters Magdeburg, Julien Chavaz, will das derzeit zurückhaltende Publikum keinesfalls mit mehr gefälligen Stoffen in die Häuser zurücklocken. «Wir würden uns selber opfern oder selber killen, wenn wir jetzt nur noch ein komplettes populäres, populistisches Programm machen», sagte Chavaz der Deutschen Presse-Agentur in Magdeburg. «Da würden wir zwar ein bisschen mehr Publikum haben, aber da würden wir in mittel- oder langfristiger Perspektive uns komplett zerstören.»
Das Theater müsse zwar gewisse Überlegungen anstellen beim Programm, «aber nicht denken, wir sind jetzt eine Antidepression-Spielstätte, wo die Leute nur noch ganz einfache, fröhliche Sachen sehen können». Es braucht diese Diversität besonders in einem Vier-Sparten-Haus wie dem Theater Magdeburg.» Der gebürtige Schweizer Chavaz leitet das Theater Magdeburg seit der laufenden Spielzeit.
«Es gibt jetzt überall auf der Welt und besonders in Deutschland ein Muss, dass man an der Rückkehr des Publikums ans Theater arbeitet, alle zusammen», sagte der 40-Jährige. Es werde noch dauern. «Es gibt eine gewisse Verunsicherung, besonders bei den älteren Publikumsschichten. Das merken wir beispielsweise beim Konzertwesen, bei der Magdeburgischen Philharmonie.»
«Es gibt die Pandemie, es gibt die Energiepreise, die die Leute verunsichern. Es gibt aber global ein größeres Zögern beim Publikum, sich an längerfristige Termine zu binden», stellte Chavaz fest. «Das heißt, heute kauft sich jemand nicht eine Karte für den Februar. Die Person möchte warten. Wie wird die Pandemie dann aussehen, werde ich an dem Tag husten oder nicht. Es gibt sozusagen einen Reflex von einem Spätkauf, was Magdeburg auch jetzt betrifft.»
Der Generalintendant erklärte weiter: «Magdeburg kann sich diesem globalen Trend nicht komplett entziehen. Aber wenn man weiß, dass es normalerweise zwei bis drei Jahre nach einem Intendantenwechsel oder einem Spartenwechsel dauert, bis die Gewohnheiten wieder gemacht sind, würde ich sagen, wir sind komplett im grünen Bereich. Die Publikumsumstellung gibt es schon.» Chavaz hat unter anderem ein neues dreiköpfiges Leitungsteam im Schauspiel an seiner Seite, auch Ballettdirektor Jörg Mannes ist neu, Generalmusikdirektorin Anna Skryleva ist geblieben.
Chavaz ist sich sicher, dass das Theater weiter einen festen Platz in der Kulturlandschaft hat und Publikum zurückgewinnt. Zu meinen, die Leute wollten nicht mehr ins Theater, wäre aus seiner Sicht, als würde man sagen, «aha, man hat während der Pandemiezeit wieder gelernt zu kochen zu Hause und man hat jetzt keine Lust mehr, ins Restaurant zu gehen. Das halte ich für falsch.» Das Theater biete nicht nur Kunst auf einem hohen Niveau, sondern biete auch die Möglichkeit für Leute, sich zu treffen, zu debattieren und sich auch einmal zu streiten. «Das ist wie beim Fußball. Ich glaube, diese Notwendigkeit der Menschheit, in Gesellschaft zu sein, hat die Pandemie nicht von der Erde weggeschossen.»