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Mecklenburg-Vorpommerns Theaterlandschaft in der Zerreißprobe

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Rostock/Schwerin - Theaterleute in Mecklenburg-Vorpommern schauen derzeit mit einer Stimmung zwischen Ärger und Hilflosigkeit nach Schwerin. Dort hat sich Kultusminister Mathias Brodkorb (SPD) bereits 2012 vorgenommen, die Theaterlandschaft des strukturarmen Landes zu reformieren. Hintergrund sind finanzielle Engpässe des Landes, die sich künftig mit dem Wegfall von Geldern vom Bund und der EU noch vergrößern werden.

 

Doch in den Augen von Theaterfachleuten auch außerhalb des Landes schießt Brodkorb weit übers Ziel hinaus. Mit der Zerschlagung von Strukturen würden die Theaterlandschaft für immer geschädigt.

Besonders laut geht es in Rostock zu. Die größte Stadt des Landes widersetzte sich mit dem Volkstheater Fusionsplänen mit dem Mecklenburgischen Staatstheater in Schwerin. Nach dem Willen von Brodkorb und Oberbürgermeister Roland Methling (parteilos) soll nun aus dem Vier- ein Zwei-Sparten-Theater werden. «Wenn wir keine Strukturentscheidungen treffen, verstetigen wir das seit 20 Jahren anhaltende Ausbluten des Ensembles und werden spätestens in fünf oder sechs Jahren die Quittung dafür erhalten», sagt Methling.

Drei Viertel des städtischen Kulturetats fließen in das Theater, das jährlich 16,6 Millionen von Stadt und Land bekommt. Die aktuelle Spielzeit ist die erste von Intendant Sewan Latchinian, der nach eigenen Aussagen unter der Maßgabe von vier Sparten engagiert wurde. Eine private Initiative organisierte vor kurzem eine nachdenklich stimmende Demonstration zur Theaterrettung.

Gleichzeitig wenden sich viele Rostocker schon lange enttäuscht von der Spielstätte ab. In der Kritik steht das Theater auch wegen des mit 197 Euro sehr hohen Zuschusses pro verkaufter Karte bei einem bundesweiten Durchschnitt von 115 Euro im Jahr 2012. Nach Worten von Brodkorb hat Rostock auch die schlechteste Einnahmequote aller Theater im Land. Gleichzeitig träumt Methling von einem Theaterneubau, der 60 Millionen Euro kosten könnte.

Da hilft es nichts, dass die Mitarbeiter des Volkstheaters bereit sind, zugunsten des Spartenerhalts auf einen weiteren Teil der schon geringen Gehälter zu verzichten. Brodkorb lehnt dies ab und fordert die Umsetzung des Flächentarifvertrags. Dies würde aber dazu führen, dass im Jahr 2020 die Gehälter um rund 2,1 Millionen Euro höher liegen würden als durch die Finanzen gedeckt. Für die Theater-Aufsichtsratsvorsitzende Eva-Maria Kröger (Linke) ist dieses Entgegenkommen dagegen «außerordentlich großzügig». Der Erhalt der Sparten sei so möglich. Die Politik sollte verzichten, Personal abzubauen und Sparten zu schließen.

Jüngst waren rund 450 Demonstranten in Neustrelitz unterwegs, um ihrem Unmut gegen Fusionspläne Luft zu machen. Die Theater in Neubrandenburg und Neustrelitz sollen mit denen in Stralsund und Greifswald zu einem «Staatstheater Nordost» fusionieren. Bei 485 Mitarbeitern sollen 65 Stellen entfallen. Neustrelitz würde trotz der 300-jährigen Kulturtradition nach dem Orchester auch Musiktheater und die Deutsche Tanzkompanie aufgeben müssen.

Weitgehend Ruhe scheint beim Mecklenburgischen Staatstheater in Schwerin zu herrschen. Das Theater hatte die Zielvereinbarung mit dem Land unterschrieben, die ursprünglich die Fusion mit dem Rostocker Volkstheater vorsah. Allerdings müssen 30 Stellen bis 2020 abgebaut und das Gehalt von Musikern und Sängern gekürzt werden. Dafür steige das Land ab 2016 als Gesellschafter ein.

In der verfahrenen Situation appelliert der Direktor des Deutschen Bühnenvereins, Rolf Bolwin, an Brodkorb innezuhalten. Er müsse noch einmal zu einem Dialog mit allen Verantwortlichen ansetzen. Das Land müsse den Theaterbestand sichern, damit eine Entspannung eintreten kann. Auch könne das Land nach seiner Einschätzung mehr in die Theater investieren. Der Zuschuss für die Theater liegt seit Mitte der 1990er Jahre bei konstant 35,8 Millionen Euro. Und die Schließung von Sparten in Rostock sei keine Lösung. «Das wäre ein dicker Sargnagel, den man da einschlägt.» 

Joachim Mangler

 

 

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