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Daniel Sebastian Knöll. Foto: Markus Nass/SOMM
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„Meine wichtigste Aufgabe lautet: zuhören“

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Daniel Sebastian Knöll von der SOMM über die Aktivitäten seines Verbandes und die Musikmesse Frankfurt 2016. Die Society of Music Merchants e.V. (SOMM) vertritt national und europaweit die kulturellen und wirtschaftlichen Interessen der Musikinstrumenten- und Musikequipmentbranche. So lautet das „Mission Statement“ des Verbandes. Das war zu erwarten. Durchaus spannend jedoch die Tatsache, wie sehr auch ein auf pekuniäre Interessen ausgerichteter Verband die Maßnahmen zu kultureller Bildung in Deutschland vorantreibt.

Das hat nicht zuletzt mit dem Geschäftsführer von SOMM zu tun, Daniel Sebastian Knöll. Er gestaltet seit gut fünf Jahren die Ausrichtung der SOMM, analysiert den Markt und ermutigt die Verbandsmitglieder, den Endverbraucher mit diversen Aktionen direkt anzusprechen. Mit ihm sprach Susanne Fließ.

neue musikzeitung: Herr Knöll, als Pressesprecher beim Bundesverband Musikindustrie (BVMI) ist Ihr Weg zur Society of Music Merchants ja beinahe zwingend vorgezeichnet gewesen?

Daniel Sebastian Knöll: Sie irren sich! Obwohl ich beim BVMI neben der Pressearbeit die ECHOs und das Marketing verantwortet habe, also durchaus mit Wirtschaftsthemen zu tun hatte, hatte ich keinerlei beruflichen Bezug zur Instrumentenbranche und wusste damals auch gar nicht, dass sie durch einen Verband repräsentiert wird.

nmz: Welche Branchen repräsentiert SOMM?

Knöll: Die Branche besteht aus dem Einzel- und Großhandel mit Musikins-trumenten und Noten und der Herstellung von Musikinstrumenten und Musikequipment. Ihrem Selbstverständnis nach ist sie Ursprung und Kern der gesamten Musikwirtschaft und somit Teil der Kultur- und Kreativindustrie. SOMM sieht sich als klassischen Wirtschaftsverband. Das heißt, dass ich in erster Linie für unsere Mitglieder arbeite. Das Besondere an diesem Verband ist: Wir bündeln die Interessen der Hersteller, die Interessen des Vertriebs, die nicht zwangsläufig deckungsgleich sind, die Interessen des Facheinzelhandels und darüber hinaus sogar die der Verlage, der Fachpublikationen ebenso wie die der Notenverlage.

nmz: Was heißt bündeln?

Knöll: Bündeln heißt für mich zuerst einmal zuhören. Das sehe ich als meine wichtigste Aufgabe. Denn ich muss herausfinden, welche Forderungen und Bedürfnisse einzelne Vertreter haben. Wenn wir dann die Themen gefunden haben, die möglichst vielen unserer Mitglieder ein Anliegen sind, kommunizieren wir die dann nach innen und auch in die breite Öffentlichkeit.

nmz: Welches Thema ist da beispielsweise aktuell?

Knöll: Um nur ein Beispiel zu nennen: Es ist die Stärkung des aktiven Musizierens. Da sind sich alle einig.

nmz: Das Bündeln von Interessen ist vermutlich auch eine Ihrer Intentionen als Mitglied im Bundesfachausschuss „Musikwirtschaft“?

Knöll: Seit ich mich beruflich in der Branche bewege, stelle ich fest, wie viele Partikularinteressen es gibt und wie wenig der Blick auf die Schnittmenge gemeinsamer Interessen gerichtet ist. Und um das zu verändern, bin ich im BuFa angetreten. Da dort ja ausschließlich Menschen sitzen, die Wirtschaftsinteressen vertreten, können wir sicherlich trefflich darüber diskutieren und finden diese Themen schließlich. Ich vermute das ergiebigste Themenfeld im Bereich der Bildung, aus dem auch das Musikins-trument als Kulturgut gestärkt hervorgehen wird.

nmz: Welche Rolle spielt bei der Themenfindung in der SOMM der Endverbraucher: Ist er für Ihre Verbandsarbeit überhaupt von Bedeutung?

Knöll: Endverbraucher stehen bei meiner Arbeit zunächst nicht im Fokus und auch nicht im Mittelpunkt des Verbandsinteresses. Aber bei Themen wie „aktives Musizieren“ muss der Verbraucher zwangsläufig das wichtigste Ziel unserer Ansprachen sein. Viele unserer Themen behandeln Compliance-Themen, also die Einhaltung von Verhaltensmaßregeln, Gesetzen und Richtlinien. Und auch Umweltthemen stehen bei uns auf der Tagesordnung. Denn wir, das heißt, die Versammlung aller Verbände, stehen bei Umweltthemen enorm im Fokus der Öffentlichkeit. Da geht es um Materialien und Stoffe, mit denen und aus denen Instrumente hergestellt wurden oder die bei ihrer Herstellung verwendet worden sind.

nmz: Weiß der Verbraucher die Vorarbeiten eines Verbandes wie SOMM überhaupt zu schätzen, wenn er sich auf die Suche nach Schnäppchen begibt?

Knöll: Über den Preiskampf mit dem Verbraucher haben unsere angeschlossenen Unternehmen und deren Produkte viel unserer Wertigkeit eingebüßt und dann auch Produktionsabläufe auf den Prüfstand gestellt. Verbraucher von heute sind, nicht zuletzt durch das Internet, sehr viel aufgeklärter als früher. Man sucht über Garagenverkäufe oder Anbieter wie Amazon und den Marketplace von Ebay nach der Möglichkeit, preisgünstig einzukaufen. Diese Personen oder Unternehmen haben von Beratung wenig Ahnung und wollen nur verkaufen und Markt abschöpfen. Das ist die eine Seite. Den Preiskampf macht die Branche aber auch unter sich aus. So sind die Marktgegebenheiten eben und da ist der Verband außen vor. Einer sucht den anderen zu unterbieten, um überhaupt noch Produkte an den Konsumenten zu bringen und subventioniert sich über andere Waren, die gut laufen.

nmz: Mehr als einen moralischen Impuls kann SOMM hier aber eigentlich nicht setzen, denn eine Preisbindung für Musikinstrumente gibt es ja nicht.

Knöll: Korrekt. Wir haben nicht die Möglichkeiten. Allenfalls der Gesetzgeber könnte dem Preisdumping einen Riegel vorschieben. Wir würden uns wünschen, dass wir in Deutschland und für Europa etwas hinbekämen, was in den USA längst Standard ist: Dort gibt es den MAP, den „Minimum Advertised Price“. Wer ihn als Händler unterbietet, kann im Ernstfall sogar verklagt werden. Mehr als die „unverbindliche Preisempfehlung“ ist hierzulande nicht möglich. Insofern beneide ich die Preisbindung des deutschsprachigen Buchhandels ein bisschen.

nmz: Spielt Ihnen hier TTIP womöglich in die Hände?

Knöll: Der Vertragstext, der zwischen den USA und Europa ausgehandelt wird, wird ja unter Verschluss gehalten und nur einzelne Details erreichen über verschlungene Pfade die Öffentlichkeit. Die Informationen, die bislang zu diesen Themen durchsickern, sind so spärlich, dass wir uns noch kein seriöses Bild von der künftigen Sachlage machen können.

nmz: SOMM vertritt die Interessen von knapp 60 Unternehmen aus den Bereichen Herstellung, Vertrieb, Handel und Medien aus der Musikinstrumentenbranche. Das klingt auf Anhieb wenig …

Knöll: Ich gebe Ihnen Recht, auf Anhieb klingen die Interessen von 60 Unternehmen nicht wirklich gewichtig. Aber: Diese 60 Unternehmen sind die Top-Unternehmen unserer Branche, die zwei Drittel des deutschen MI-Marktes repräsentieren, ihn also überhaupt erst generieren und also die Marktmacht vertreten. Seit ich als Geschäftsführer hier angefangen habe, liegt mir das Thema Dienstleistung am Herzen. Wir schärfen das Verbandsprofil, versuchen, damit jeden einzelnen Händler zu erreichen. Der kann so leichter entscheiden, ob das, was er von der SOMM kennenlernt für eine Mitgliedschaft genügt. Mit anderen Verbänden wie dem Gesamtverband Deutscher Musikfachgeschäfte (GDM) entwickeln wir mittlerweile gemeinsame Themen. Sichtbares Zeichen der engen Zusammenarbeit zwischen SOMM und GDM war der Bezug einer gemeinsamen Geschäftsstelle in Berlin vor einem halben Jahr. So können wir uns die Themen gegenseitig zuspielen. Den Rest entscheidet der Marktteilnehmer: Wer hat die bessere Dienstleistung, wer hat die bessere Durchdringung der Branche.

nmz: Stellen die Mitarbeiter dieser unter dem Dach der SOMM versammelten Unternehmen auch aus der Perspektive der Politik eine ernstzunehmende Größe dar?

Knöll: Zusammen mit anderen Verbänden hat die SOMM vergangenes Jahr die „Studie zur volkswirtschaftlichen Bedeutung von Musikunternehmen unter Berücksichtigung aller Teilsektoren und Ausstrahlungseffekte“ herausgegeben. Darin spielt der Musikinstrumentenbereich eine nicht geringe Rolle. Er ist der drittstärkste Markt inerhalb der Musikwirtschaft in Deutschland, auch was die Erwerbstätigen in diesem Bereich betrifft. Als Repräsentant eines noch vergleichsweise jungen Verbands, freue ich mich, dass wir durchaus von der Politik wahrgenommen werden. Vor dem Hintergrund, dass wir gemeinsam mit unseren Verbandsmitgliedern das Thema „Musikalische Bildung“ besetzen, würde ich mir allerdings eine noch stärkere Wahrnehmung der SOMM wünschen.

nmz: Welche Maßnahmen ergreifen Sie denn als Verband, um die musikalische Bildung zu befördern?

Knöll: Dazu gehört zum Beispiel unsere Präsenz auf der Bildungsmesse didacta. Bildungsträger und Industrie müssen künftig viel enger zusammenarbeiten. Kein Bildungsthema lässt sich künftig vorantreiben, ohne dass beide Bereiche gleichermaßen eingebunden sind. Früher hat man die Industrie aus Bildungsträgern richtiggehend rausgehalten. Das lockert sich spürbar, stellvertretend steht hier die Zusammenarbeit mit dem Bundesverband Musikunterricht (BMU), wo wir ohne Berührungsängste Allianzen mit Bildungsverbänden anstreben. Als Wirtschaftsverband haben wir ein Grundinteresse daran, dass mehr Menschen aktiv Musik machen, weil unsere Mitglieder ja dadurch mehr Musikinstrumente verkaufen. Aber wir sind der Bildung gegenüber eben auch ein glaubwürdiger Ansprechpartner.

Deutschlandweit gibt es nur noch in in Baden-Württemberg und Bayern verpflichtenden Musikunterricht. In der SOMM-Studie „Musizieren und Musikinstrumente in Deutschland“ (GfK Panel Services) schneiden die Schüler dieser beiden Bundesländer dann auch in der Musizierdichte besonders gut ab. In den übrigen Bundesländern gibt es einen schlechten bis keinen Zugang zu Musikinstrumenten, weil den Schülerinnen und Schülern der Zugang zum aktiven Musizieren faktisch verwehrt wird. Dieser Schaden, der im Jugendalter angerichtet wird, lässt sich nicht aufholen und wir fordern die Politik zum Handeln auf, sonst findet kulturelle Bildung künftig nicht mehr statt.

nmz: An der Zielgruppe der jungen Leute sind auch andere Branchen dran, die nicht unbedingt zum aktiven Musizieren animieren, sondern zum passiven Musikkonsum …

Knöll: Smartphones, Tablets oder Computer eignen sich übrigens auch zum Musizieren, ich will diese Geräte nicht pauschal verteufeln. Für mich ist aber viel wesentlicher, was das aktive Musizieren mit dem Menschen macht.

nmz: Soll auch die Initiative „Europäischer Schulmusikpreis“ Ihren Forderungen Nachdruck verleihen?

Knöll: Ja, durchaus. In diesem Jahr wird er zum sechsten Mal vergeben. Das Prinzip dahinter ist, dass innerhalb unseres Verbandes Projekte ausgewählt wurden, die das aktive Musizieren unterstützen wie „SchoolJam“, „Klasse im Puls“, „Let’s make Music“. Bei unserem eigenen Projekt, dem „Europäischen Schulmusikpreis“, geht es um die Präsentation von Modellen, wie die Vermittlung von Musik zwischen Lehrern und Schülern nachhaltig funktioniert.

nmz: Dann gibt es noch eine zweite Initiative „Deutschland macht Musik – spiel mit!“ Was veranlasste Sie, Ihre Initiative auf den „Tag der Musik“ des Deutschen Musikrates zu legen?

Knöll: Das ist bewusst geschehen. Als Mitgliedsverband im Deutschen Musik-rat war es uns ein Anliegen, den „Tag der Musik“ mit unseren Möglichkeiten zu beleben. Zunächst ist der 18. Juni ein bundesweiter „Tag der offenen Tür“ aller Geschäfte des Facheinzelhandels. Neu aber ist das Zusammenspiel zwischen Einzelhandel, privaten Musikschulen und der Industrie. Die Industrie schickt Dozenten, veranstaltet Masterclasses im Fachhandel, damit an diesem Tag der Verbraucher, idealerweise die ganze Famile, mit einem besonderen Programm zum Betreten des Fachgeschäfts animiert wird. SOMM sorgt in Kooperation mit dem GDM und dem Bundesverband deutscher Privatmusikschulen (bdpm) dafür, dass die Fachhändler an diesem Tag dem Besucher attraktive Programme oder prominente Musiker bieten. Bei unseren Planungsgesprächen entstand übrigens als Kollateraleffekt zwischen dem Musikalienhandel und den Musikschulen vor Ort eine viel engere Verbindung. Was die Vernetzung der Branchen untereinander betrifft, ist auch hier noch sehr viel Luft nach oben!

Das gilt übrigens auch für das Gebahren des Fachhandels beim Verkauf. Mitunter bin ich, gelinde gesagt, sehr überrascht, wie miserabel sich einzelne Fachhändler präsentieren, wie schlecht ihre Mitarbeiter ihre Kompetenz nach außen verkaufen. Mit der SOMM-Akademie versuchen wir genau an dieser Stelle für Verbesserungen zu sorgen, den Verkäufer-Nachwuchs zu schulen.

nmz: Findet die Vernetzung der Branchen durch die SOMM auf der Musikmesse Frankfurt ihre Fortsetzung? SOMM hat ja für ein paar Neuerungen gesorgt.

Knöll: Reformen waren längst überfällig, darüber waren sich alle einig und es ist wirklich erstaunlich, dass das alte Messekonzept so lange lief. Bisher war die Musikmesse ja an zwei Tagen für den Konsumenten geöffnet. Die ersten beiden Tage waren dem Fachpublikum vorbehalten. Ab diesem Jahr haben Konsumenten an allen vier Tagen Zutritt. Wir von SOMM waren immer der Ansicht, dass man auch den Endverbraucher in Form einer Show oder eines Events erreichen muss. Denn nur, wenn er das Produkt überzeugend findet, wird er es auch kaufen. Dieses Argument hat schließlich auch die Messe in Frankfurt überzeugt. Bei unserer Analyse der Besucherstrukturen stellten wir zudem fest, dass die Musikmesse beinahe ausschließlich Konsumenten aus dem Einzugsgebiet Rhein-Main anspricht, eine reine Regional-Show also. Diese Tatsache muss dringend geändert werden! Von den drei wichtigen Märkten im Musikbereich, dem amerikanischen, dem asiatischen und dem deutschen, der in Europa der stärkste ist, muss eine starke Strahlkraft ausgehen, denn von hier aus bedienen wir den gesamten europäischen Markt. Die Musikmesse Frankfurt muss nichts weniger als eine europäische Leitmesse werden.

nmz: Eine weitere Neuigkeit besteht in einer Geschäftskundenhalle 11.1. Hört man dort dann nur noch das Rascheln von Katalogen und kein Musikgedudel?

Knöll: Ich für meinen Teil hoffe, dass in allen Messehallen Gedudel zu hören ist, denn davon leben wir. Eine „silent Musikmesse“ funktioniert nicht. Ich bin auch sicher, dass Instrumenten-Neuheiten an den Messeständen der Halle 11.1 ausgestellt sind und ausprobiert werden können. Aber die Arbeitsatmosphäre wird sicherlich ruhiger als in den Vorjahren.

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