Erl - Die weißrussischen Musiker des Erler Festspielorchesters haben die Tiroler Festspiele und ihren Intendanten Gustav Kuhn demonstrativ in Schutz genommen. «Dass wir hier sind, ist unsere Wahl. Es gefällt uns, hier zu arbeiten, und uns gefällt auch die Zusammenarbeit mit Maestro Kuhn», sagte Fjodar Lushch, Konzertmeister des Minsk Orchestra am Montag im Erler Festspielhaus.
Medienberichte über angebliche Dumpinglöhne, «Probenterror» und sexuelle Übergriffe vonseiten des Dirigenten wiesen die Musiker teilweise unter Gelächter zurück.
Der Tiroler Blogger und Enthüllungsjournalist Markus Wilhelm hatte vor einem Monat anonyme Berichte über angeblich skandalöse Zustände bei dem bekannten Musik- und Opernfestival nahe Kufstein veröffentlicht. Kuhn wies alle Anschuldigungen zurück und verklagte den Blogger. In einer einstweiligen Verfügung untersagte das Tiroler Landesgericht dem Blogger, die Vorwürfe, die die angeblichen Übergriffe Kuhns betreffen, weiter zu verbreiten. Das Hauptsacheverfahren steht noch aus.
Vor ein paar Wochen hatten die Festspiele schon mehrere Sängerinnen und Sänger präsentiert, die sich für Kuhn und das Festival in die Bresche warfen. Jetzt ließen sie die Minsker Musiker zu Wort kommen. Eine Flötistin sagte, man werde in Erl besser bezahlt als ihre Kollegen in der Philharmonie oder der Oper in Minsk. An der unterschiedlichen Bezahlung weißrussischer und westeuropäischer Musiker störte sich keiner der anwesenden Orchestermitglieder. «Mein Eindruck ist, dass sie auch nicht wesentlich voneinander abweichen», sagte die Flötistin.
Angesprochen auf den robusten Probenstil von Kuhn meinte ein Musiker unter Gelächter der Kollegen: «Toscanini hat auch ständig herumgeschrien.» Von sexuellen Übergriffen wollte keiner der anwesenden Orchestermitglieder etwas wissen.