Mit der wiedererrichteten Dresdner Semperoper kehrte eines der schönsten Häuser dieser Art in die Musikwelt zurück. 40 Jahre danach ist das berühmte Gebäude gut in Schuss - und ein Publikumsmagnet.
Jahre vor dem Mauerfall saßen am 13. Februar 1985 Ost und West vereint im Zuschauersaal der wiedererstandenen Dresdner Semperoper. Zur Eröffnung des 1945 zerstörten und rekonstruierten Theaterbaus war nicht nur DDR-Staatschef Erich Honecker angereist, sondern auch Ex-Bundeskanzler Helmut Schmidt (SPD). «Das war großer Bahnhof», erinnert sich der Architekt Lucas Müller, der seit 1978 der Aufbauleitung für die Semperoper angehörte.
Nach der DDR-Nationalhymne als Ouvertüre hob sich der Vorhang für Carl Maria von Webers «Freischütz» in der Regie von Joachim Herz. «Wir waren alle sehr gespannt, wie die wiederaufgebaute und hochmoderne Spielstätte ankommt, da ist man auch ein wenig wie in Trance», erzählt Bariton Matthias Henneberg. Das Datum bedeutete für den damals jungen Sänger und das Ensemble auch das Ende des Interims im Großen Haus des Staatsschauspiels.
Sänger: Respekt vor diesem Haus
Die Sänger hatten Respekt vor diesem Haus mit seiner reichen Geschichte, «das Gefühl der Demut überwog», sagt Henneberg. Er gehörte seit 1985 zum Ensemble der Semperoper, seit Sommer 2024 steht er im Ruhestand regelmäßig auf der Bühne. «Das ist ein gefährlicher Arbeitsplatz unter schwebenden Lasten - Vorhänge, Kulissenteile, Beleuchtung.» Bis auf einen folgenlosen Scheinwerfer-Absturz sei aber nie etwas passiert.
Rund 225 Millionen DDR-Mark flossen damals in den Theaterbau, weiteres Geld in Werkstätten und drei Neubauten hinter der Oper. Der Wiederaufbau wurde zum Beleg für handwerkliches Niveau, bis auf ein wenig Blattgold war alles «Made in GDR».
Im Funktionsgebäude hinter dem Bauwerk mit prächtigen Rundfoyers und moderner Bühnentechnik ist die Zeit stehengeblieben. «Das ist meine Garderobe seit 40 Jahren», sagt Henneberg. Die Stühle vor den Schminkspiegeln sind sichtlich mitgenommen und das Kunstleder auf der zwischen Schränken klemmenden Couch abgewetzt.
Rekonstruktion setzte Maßstäbe für Bauten des 19. Jahrhunderts
«Die Rekonstruktion der Oper setzte Maßstäbe für die denkmalpflegerische Behandlung von Bauten des 19. Jahrhunderts», sagte Müller. Damals entstanden viele Theater wie die Stuttgarter Oper, das Prinzregententheater München, das Schauspielhaus in Berlin, wohin Handwerker von der Semperoper abgeordnet wurden. «Diese Pionierleistung war nicht nur in Deutschland von Bedeutung und Maßstab.»
Am 24. Juni 1977 wurde der Grundstein gelegt, nachdem die Reste in den 1950er Jahren gesichert und die Ruine mit einem Schutzdach versehen wurden und eine Bürgerinitiative ihre geplante Sprengung verhindert hatte. Bei der Wiederherstellung konnten sich die Bauleute, Handwerker und Restauratoren auf Originalpläne sowie Beschreibungen zur bildkünstlerischen Ausgestaltung und Farbigkeit stützen.
Die Semperoper war wie viele historische Gebäude bei der Bombardierung Dresdens am 13. und 14. Februar 1945 zerstört worden. Zurück blieb der ausgebombte Zuschauerraum mit Fassade, in den verknäuelte Stahlträger ragten, der Bühnenraum war verschwunden. Architekt Müller schätzt den Originalbestand auf etwa 15 Prozent, darunter die Außenhülle aus Sandstein mit Figuren. Für die moderne Kreuzbühne mit 16 Hubbühnen und Drehscheibe wurde die Wand des Bühnenhauses sechs bis sieben Meter nach außen versetzt, «das sieht man auch». Und ins Bühnenportal kehrte das sächsische Wappen zurück.
Nach 13 Jahren Restaurierung zum Jubiläum in voller Pracht
Seit 1990 hat das Bauwerk eine Jahrhundertflut, mehrere Lockdowns in der Pandemie überstanden, Weltklassekünstler, -Ensembles und -Orchester empfangen und illustres Publikum - mit hoher Auslastung. Zum Jubiläum präsentiert sie sich in alter Schönheit.
«Wir haben die Oper wieder in den Zustand von 1985 versetzt», sagt Chefrestaurator Hans-Christoph Walther. Seit 1989 gab es zwar immer Werterhaltungsmaßnahmen, aber «es sah an vielen Stellen äußerst abgeliebt aus». Der Theaterbau sei innen komplett aus Gips, «das ist eine der empfindlichsten Oberflächen überhaupt».
In den vergangenen 13 Jahren wurden laut Walther vorwiegend in der Spielzeitpause alle Räume einschließlich Zuschauersaal komplett restauratorisch überholt, «von der Deckenreinigung bis zur Nachvergoldung, es gibt keinen Quadratzentimeter, den wir nicht mit der Hand bearbeitet haben». Die Semperoper sei daher «wie neu», versichert Walther. «Sie wird auf einem guten Stand gehalten, jetzt nachdem wir sie sozusagen wieder reseted haben auf 1985.»