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Der Anmeldungsliste nach waren 70 Vertreter der Kirchenmusik beider Konfessionen der Einladung des Bayerischen Musikrates gefolgt. Daraus darf man schließen, daß die Musik im Leben der Kirchen nach wie vor eine wesentliche Rolle spielt.
Nach den Eröffnungsworten von Musikratspräsident Dr. Suder begrüßte Edgar Krapp, der Leiter der Kirchenmusikabteilung der Musikhochschule München, die Teilnehmer mit Bachs a-Moll-Präludium und Fuge. Weihbischof Bauer aus Würzburg, der Vorsitzende der AMiG (Arbeitsgemeinschaft Musik im Gottesdienst) der Deutschen Bischofskonferenz) hob die Bedeutung der Kirchenmusik hervor, die auch das 2. Vatikanische Konzil in seiner Liturgiekonstitution hervorgehoben hat
Diese Bedeutung der Musik in der Kirche belegen realistische Zahlen allerdings nicht: In der katholischen Kirche stehen in Bayern 2760 Teilzeitstellen nur 202 Vollzeitstellen gegenüber, das sind 7,3%. Die genannten Kirchenmusiker können sich jedoch auf der anderen Seite auf stattliche Zahlen von Gemeindemitgliedern stützen, die aktiv musikalisch tätig sind, sei es in Chören oder instrumental. Das aktive Musizieren in der Kirche wird in Bayern bei den Katholiken von 500 Jugendchören mit insgesamt 7.500 Mitgliedern geleistet, was etwa einem Anteil von einem Drittel des gesamtdeutschen Bestandes entspricht. Etwa 60.000 Mitglieder sind auf 3.500 Erwachsenenchöre verteilt und 13.000 auf 763 Kinderchöre. Bundesweit entspricht das etwa einem Viertel. Auch die Zahlen in der evangelischen Kirche können sich sehen lassen: Hier partizipieren 57.000 Bürger aktiv an 1.566 Kirchenchören ca 1.000 Posaunenchören und über 700 weiteren Instrumentalgruppen.
Kernpunkt der mit einem prall gefüllten Programm ausgefüllten Tagung waren fünf Arbeitskreise, über deren Ergebnisse zum Abschluß im Plenum berichtet und diskutiert wurde. Im ersten Kreis ging es um Fragen der Ausbildung: Man war sich einig, daß zwischen den kirchlichen und den weltlichen Ausbildungsstätten ein Gleichgewicht hergestellt werden müsse, wobei von kirchlicher Seite noch die Statusfrage der Ausbildung zu klären sei. Beispielsweise wird man in Baden-Württemberg in absehbarer Zeit Kirchenmusik auf Hochschulebene studieren können. In Bayern ist die Lage noch divergierend. Hier kann die Ausbildung in den Abstufungen D, C,B, A bis zur C-Prüfung inner- und außerkirchlich an verschiedenen Institutionen abgelegt werden. Konservatorien und Fachakademien bilden B-Musiker, Musikhochschulen A-Musiker aus.Wie schon Bischof Bauer eingangs referiert hatte, wäre ein berufsvorbereitendes Praktikum ratsam, und bei Beibehaltung der Vielfalt der Ausbildung wären auf die Dauer bundesweit einheitliche Abschlüsse erstrebenswert. So sollen die Fachakademien künftig die Möglichkeit erhalten, das B-Examen unter Mitwirkung der Hochschulen zu vergeben, dafür verzichten die Konservatorien darauf, die A-Ausbildung anzustreben, was ein diesbezügliches Aufbaustudium nicht ausschließt.
In einem zweiten wichtigen Feld ging es um soziale, arbeitsrechtliche und Statusfragen im Verhältnis zwischen Kirche und Musiker: Werner Mayer aus Weilheim leitete diesen Arbeitskreis. Es wurde deutlich, daß manche Probleme überflüssig wären, wenn bestehende Rechtsverordnungen bekannter wären und dadurch ein besserer Informationfluß zustande käme, der zu einer größeren gegenseitigen Anerkennung von Kompetenzen führen könnte.
Mit der Kinder- und Jugendchorarbeit in der Gemeinde, speziell der Kinderchorarbeit beschäftigte sich der dritte Arbeitskreis, den Michael Heigenhuber aus Seefeld leitete. Es wurde deutlich, daß diese Arbeit von eminenter Wichtigkeit ist, da Kinder der Nachwuchs für die Chöre in den Kirchen sind. Trotzdem ist die Arbeit besonders schwierig, da Schäden aus Familie und Schule nur schwer zu reparieren seien. Die Jugendarbeit sei eine Sache der Diakonie und müsse Kommunikation auf allen Ebenen anstreben um schon früh der weitverbreiteten musikalischen Umweltverschmutzung entgegenwirken zu können.
Gemeindearbeit mit Chören und Instrumentalensembles, Künstlertum versus Gottesdienstpraxis: Der Leiter dieser Arbeitsgruppe war der Landespräsident des „Allgemeinen Cäcilienverbandes für Deutschland“, Prof. Dr. Wolfgang Bretschneider aus Bonn. Hier kam besonders die fachlich-künstlerische Kompetenz und die diesbezügliche Qualität des Stelleninhabers zur Diskussion. Hauptbegriffe waren der Gottesdienst als Aktion, als ein Drama, das einer Dramaturgie bedarf, bei der die Pädagogik ebenso eine Rolle spielt wie die Psychologie, aus der heraus ein solches Gesamtkunstwerk nur leben kann. Und all das bedürfe der Kooperation aller Beteiligten in intensiver Absprache, wobei möglichst gleiche Voraussetzungen wünschenswert wären. Kooperation ist unabdingbar, da es um die Kunst der Kirchenmusik als Liturgie, als Gottesdienstgestaltung geht, um Kunst als Erfahrung von Sinn und Öffnung zum Anderen, um das Eingehen auf die unterschiedlichen Rezeptionsfähigkeiten und um die Ausprägung der Kunst als Wahrhaftes. Ein zu beobachtender Strukturwandel in der Gesellschaft macht die Konzentration auf die Frage nach der rechten Musik zur rechten Zeit am rechten Platz besonders wichtig, wobei die Zusammenarbeit aller Beteiligten am Gesamtkunstwerk einer liturgischen Feier unter gegenseitiger Beachtung der Kompetenzen und dem sinnvollen Einsatz derselben oberstes Gebot sein muß.
Die Zusammenarbeit zwischen der Kirchenmusik und anderen musikalischen Bereichen kam im fünften Arbeitskreis zur Sprache: Das mangelnde Wissen von Priestern und Musikern über die Frage der Angemessenheit der eingesetzten Musiken in der Liturgie wurde hierbei beklagt. Hier zeigten sich Kompetenz und Bereitschaft zur Zusammenarbeit als das „A“ und „O“ der Musik im oder richtiger als Gottesdienst.
In einer abschließenden Podiumsdiskussion, die Pfarrer Hartmut Weber vom Bayerischen Rundfunk moderierte, wurden alle angerissenen Themen und Probleme noch einmal vertieft. Als Grundtenor kristallisierte sich heraus, daß die Kirche zum Ort eines aktiven Hörens werden sollte.