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Musikpolitik in der Verantwortung

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Aktuelle Themenkreise, für die sich der Deutsche Musikrat in der Mitverantwortung sieht
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Die Umsetzung der UNESCO-Konvention zum Schutz und zur Förderung der Kulturellen Vielfalt, die Auswirkungen der Digitalisierung, Musikalische Bildung ein Leben lang und die Finanzierung des Musiklebens sind die aktuellen Themenkreise, für die sich der Deutsche Musikrat als zivilgesellschaftlich organisierter Dachverband des Musiklebens in Deutschland in der Mitverantwortung sieht. Der 2004 eingeleitete Paradigmenwechsel im Selbstverständnis der Musikratsarbeit hat mit der einstimmigen Verabschiedung des Grundsatzprogramms „Musikpolitik in der Verantwortung“ durch die Mitgliederversammlung 2009 eine zukunftsweisende Bestätigung erfahren.

Zukunftsweisend sind nicht nur die darin angelegten Themenkreise der musikpolitischen Arbeit, sondern auch die Verortung als bewusstseinsbildende Kraft im vielstimmigen Chor teils gegensätzlicher Interessen. Die Verständigung auf das Primat der gesellschaftspolitischen Ausrichtung kann durchaus als Revolution im Dachverbandsbereich bezeichnet werden, weil es nicht viele Beispiele gibt, die die Mitwirkung an der Weiterentwicklung einer humanen Gesellschaft als Ausgangspunkt aller Zielsetzungen und Aktivitäten anstreben. Die Dachverbände Deutscher Kulturrat und Deutscher Musikrat befinden sich hier in einem partnerschaftlichen Einvernehmen, eben nicht die Summe der Einzelinteressen zum Maßstabe ihrer strategischen Ausrichtung zu machen, sondern die durch Analyse und gemeinsame Entscheidungsfindung gewonnenen Positionen in die öffentlichen Meinungsbildungs- und Entscheidungsprozesse einzubringen. Das stärkt nicht nur die Kraft der Argumente, sondern erhöht im Dialog mit den Entscheidungsträgern die Glaubwürdigkeit zivilgesellschaftlichen Engagements. Zukunftsweisend ist auch der Aufbau dieses Grundsatzprogramms: keine „Bibel“, sondern eine schlanke Strukturierung in drei Teile:

1) Fundament: Dossiers zu den einzelnen Themenbereichen: Die Arbeit der Bundesfachausschüsse und der Beiräte in Form von Dossiers bildet nach der jeweiligen Beschlussfassung durch das Präsidium das Fundament der fortlaufend aktualisierten inhaltlichen Arbeit des DMR.
2) Mitte: Musikpolitik in der Verantwortung: Grundsatzpapier zum Selbstverständnis der musikpolitischen Arbeit des DMR.
3) Spitze: Musikpolitischer Flyer „Musikpolitik in der Verantwortung“
Visualisierung der musikpolitischen Themen und Ziele des DMR in der Vernetzung.

Mit diesen drei Ebenen lassen sich Zusammenhänge zwischen Theorie und Praxis, zwischen musikpolitischen Zielen und den Projekten in einer Weise aufzeigen, die den Blick für das Ganze, das mehr als die Summe seiner Teile ist, schärft. Aktualität und der rote Faden von der kurzfristigen Umsetzbarkeit bis zu der langfristigen Perspektive sind Anforderungen, die ein Grundsatzpapier im herkömmlichen Sinne schon mittelfristig nicht erfüllen kann. Durch die implizite Einbindung der Projekte und der Arbeit der Ausschüsse gewährleistet der modulare Aufbau einen fortlaufenden Dialog mit allen Ebenen des DMR. Damit verbindet sich die Zielstellung eines sich ständig weiterentwickelnden Arbeitspapieres.

Zukunftsweisend ist der Meinungsbildungsprozess innerhalb des Deutschen Musikrates, der sehr bewusst auf der Erfahrungs- und Fachkompetenz seiner Mitglieder und externen Sachverstand aufsetzt. Im lebendigen Diskurs zwischen den Bundesfachausschüssen, den Beiräten, den Arbeitsgruppen, der Strategiekommission und dem Präsidium ist auf der Grundlage des „atmenden“ Grundsatzprogrammes eine dialogorientierte Musikpolitik möglich, die nicht nur reagiert, sondern agiert. Der damit verbundene Anspruch, gesellschaftliche Veränderungen seismographisch aufnehmen zu können, erfüllt sich allerdings noch nicht in dem wünschenswerten Maße, weil dem hauptamtlichen Exponenten der musikpolitischen Arbeit, dem Generalsekretariat in Berlin, nicht vollumfänglich die dafür notwendigen Mittel zur Verfügung stehen.

Der zentrale Ausgangspunkt für die musikpolitische Arbeit des Deutschen Musikrates ist der Erhalt und die Förderung der Kulturellen Vielfalt in Deutschland. Europa und insbesondere Deutschland kann gerade für den Musikbereich auf einen immer noch immensen Reichtum kultureller Vielfalt bauen. So wie die Einheit Europas nur in der Bewahrung und Erneuerung der Vielfalt gelingen wird, so wird das Zusammenleben in unserer Gesellschaft nur auf menschenwürdige Weise zu sichern sein, wenn diese Vielfalt als Wert an sich für das Individuum wie für die Gemeinschaft auf immer wieder neue Weise erfahrbar ist. Der 2. Berliner Appell hat hier mit seinem Leitsatz „Wer das je Eigene nicht kennt, kann das Andere nicht erkennen, geschweige denn schätzen lernen“ und mit seinen zum Teil schon erfüllten Forderungen ebenso Wirkung gezeigt, wie es von der UNESCO Konvention zur Kulturellen Vielfalt zu erhoffen bleibt.

Vordringliches Ziel ist dabei die Kommunikation der Kernbotschaft dieser Konvention, nämlich der drei Grundsäulen zum Schutz und zur Förderung
a) des Kulturellen Erbes
b) der zeitgenössischen künstlerischen Ausdrucksformen (einschließlich der Populären Musik und bekannten Jugendkulturen)
c) der Kulturen anderer Länder in unserem Land.

Diese drei Grundsäulen sind nicht nur in ihrer Gleichrangigkeit Botschaft an sich, sondern decken alle derzeit bekannten Baustellen kulturpolitischer- und damit gesellschaftspolitischer Herausforderungen ab. In diesem Sinne kommt es jetzt neben der Kommunikation dieser Kernbotschaften darauf an, die Konvention in der Umsetzung ihrer Ziele als kulturpolitisches Handlungsinstrument zu nutzen. Erst wenn vor Ort, also da, wo Kultur täglich neu gelebt und erfahren wird, der konkrete Nutzen dieser Konvention sichtbar wird, kann sie Wirkungsmacht erlangen. Ein nicht leichter Weg im Zeitalter der Digitalisierung und unter den Zeichen der Finanzkrise – aber ein nicht zu umgehender Weg!

Das Staatsziel Kultur gehört genauso zu diesem Weg, wie die Sicherung und die Stärkung des professionellen und Laienmusiklebens, eine qualifizierte und auf Langfristigkeit angelegte Musikalische Bildung, der Schutz des Geistigen Eigentums, adäquate Ausbildungsbedingungen für die Musikberufe und fördernder Rahmenbedingungen für die Musikwirtschaft.

Mit dem „Tag der Musik“, der 2009 erfolgreich über die Bühne ging und künftig jedes Jahr durchgeführt werden soll, hat der Deutsche Musikrat einmal mehr eine Kampagnefähigkeit bewiesen, die zur Mobilisierung der Köpfe und Herzen für den Wert der Kreativität und damit zur Kulturellen Vielfalt unabdingbar ist. Gerade im Zeitalter einer Ökonomisierung nahezu aller Lebensbereiche muss klar bleiben, dass Bildung und Kultur nicht nur ein Wirtschaftsgut, sondern auch und vor allem ein Kulturgut sind, das in öffentlicher Verantwortung und damit als öffentliche Aufgabe auch in der Verpflichtung einer öffentlichen Finanzierung steht – ganz im Sinne der UNESCO-Konvention zur Kulturellen Vielfalt.

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