Mögliche Konsequenzen der Ganztagsschule für den Instrumenal- und Gesangsunterricht an Musikschulen standen im Mittelpunkt beim 9. Bundeskongress des Bundesverbandes deutscher Privatmusikschulen (bdpm). Mehr als 100 Musikschulleiter aus ganz Deutschland trafen sich für ein Wochenende in der hessischen Landesmusikakademie in Schlitz.
Im Jahr 1997 in Erfurt gegründet, hat der als gemeinnützig anerkannte bdpm inzwischen 335 Mitglieder. Der Verband formuliert es als eines seiner Ziele, ein „Qualitätsgarant durch strenge Prüfungsrichtlinien“ zu sein. Privaten und freien Musikschulen und -instituten möchte er eine politische Stimme geben und einen schnellen Informationsaustausch zu wichtigen Themen unter seinen Mitgliedern gewährleisten, wie es in einer Broschüre des bdpm heißt. Seit 2005 veranstaltet der bdpm jährlich seinen Bundeskongress, bei dem Vorträge und Diskussionen zu verschiedenen Themen rund um den Musikschulbetrieb angeboten werden.
Für Musikschulen stellt sich mit der Ganztagsschule ein Problem: Schüler, die bisher nachmittags ab etwa 14 Uhr individuellen Instrumental- oder Gesangsunterricht an einer Musikschule besuchen konnten, haben im Rahmen der Ganztagsschule frühestens ab 16 Uhr Zeit. Durch die Umstellung des Gymnasiums von neun auf acht Schuljahre (kurz: „G8“) stellt sich das Problem vielfach schon heute. Unter dem Motto „Ganztag – Musik (macht) Schule“ beschäftigte sich der bdpm bei einem Großteil seines Kongresses und in mehreren Teilveranstaltungen mit möglichen Konsequenzen.
In der Eröffnungsdiskussion tauschten die Teilnehmer bisherige Erfahrungen mit dem Nachmittagsunterricht aus – und mit Kooperationen zwischen allgemeinbildenden und Musikschulen mit dem Versuch, den Musikschulunterricht in das Nachmittagsangebot für Schüler zu integrieren. Gäste bei dieser Diskussion waren die hessische Landtagsabgeordnete Martina Feldmayer, Sprecherin der Grünen unter anderem für Kultur, und der Landesverbands-Vorsitzende des Deutschen Tonkünstlerverbandes (DTKV), Michael Harry Poths. Die Diskussion leitete der bdpm-Vorsitzende Michael Moch.
Michael Unger von der Musikschule „Musikwerkstatt“ in Seligenstadt-Mainhausen äußerte sich in einem Erfahrungsbericht zur Kooperation mit Schulen positiv. Acht Schulen habe er angeschrieben, um sie für eine Zusammenarbeit zu gewinnen, von sechs habe er eine positive Rückmeldung bekommen. Ansgar Vollmer und Maxi Heinicke von der Westerland Musikschule Pankow (Berlin) sprachen dagegen von strukturellen Problemen und geringer Akzeptanz gegenüber der musikalischen Ausbildung. Michael Harry Poths (siehe auch Interview, S. 46!) erklärte, vor allem die Altersgruppe ab 17 Jahren breche in der Musikausbildung in Folge des achtjährigen Gymnasiums schon heute weg, auch bei Schulorchestern. Die Chance der Musikschulen in dieser Problemlage bestehe darin, dass die Ausbildung in Harmonielehre und Gehörbildung an allgemeinbildenden Schulen defizitär sei. Aus der Runde wurde unter anderem angemerkt, dass Instrumental-Unterricht nicht in Großgruppen funktioniere. Das aber werde bei Kooperationen zwischen Musik- und allgemeinbildenden Schulen oft versucht. Gerade in den ersten Jahren des Instrumental-Unterrichts würden Weichen gestellt.
Martina Feldmayer erklärte, das Problem sei ihr in der Diskussion klarer geworden. Sie schlug vor, dass Schüler im Rahmen der Ganztagsschule an Musikschulen gehen können sollten – oder die Musikschulen an die allgemeinbildenden Schulen geholt werden.
Weitere Themen des Kongresses waren unter anderem Prüfungssysteme für Schüler von Musikschulen, Musikelektronik für enge Räume, Betriebsprüfungen, alternative Musikschulkonzepte, Öffentlichkeitsarbeit.
Die Generalsekretärin des bdpm, Ines Theileis, referierte über die politische Arbeit des Verbandes. Im vergangenen Jahr war von der Bundespolitik angedacht, Unterricht an privaten Musikschulen umsatzsteuerpflichtig zu machen. Nachdem der bdpm eine Petition dagegen mitinitiiert hatte, wurde dieses Vorhaben fallengelassen.