Nicht nur die Musentempel der Stadt Leipzig haben mit dem hinlänglich bekannten Problem der Überalterung ihres Publikums zu kämpfen. Das hat nicht ausschließlich demographische Gründe. Auch die Kluft zwischen Jugendkultur und sogenannter etablierter Kultur scheint unüberwindbar. Hier Brücken zu bauen setzte sich die Tagung „Jugendkultur : kontrapunkt : e-kultur“ zum Ziel, die im Oktober in Leipzig stattfand. In Zusammenarbeit mit der Kulturpolitischen Gesellschaft e.V. lud die Stadt Vertreter von kommunalen Kulturverwaltungen, von Kulturbetrieben und Veranstaltern aber auch Schüler und Studenten, als Vertreter der „Szene“, in das Technologiezentrum für Jugendliche „GaraGe“ im Leipziger Industriegebiet Plagwitz zur Diskussion ein. Auf der Teilnehmerliste waren zirka 130 Namen zu lesen, etwa ein Viertel von ihnen waren der Kulturpolitik zuzuordnen. Hauptsächlich Kulturpolitiker waren in der Begrüßung durch den Präsidenten der Kulturpolitischen Gesellschaft, Oliver Scheytt, angesprochen. Er zitierte folgende Worte von Johannes Rau zur Kulturpolitik: „Wir brauchen einen Zugang zum Erbe, wir brauchen einen Zugang zum Neuen, und wir brauchen einen Zugang zum Fremden.“ Fallbeispiele, wie einerseits die etablierten Kulturorganisatoren Zugang zum Neuen und Fremden finden können und wie sich andererseits die „desinteressierte“ Jugend dem Erbe zuzuwenden vermag, wurden auf der Tagung in vielfältiger Weise erläutert.
Nicht nur die Musentempel der Stadt Leipzig haben mit dem hinlänglich bekannten Problem der Überalterung ihres Publikums zu kämpfen. Das hat nicht ausschließlich demographische Gründe. Auch die Kluft zwischen Jugendkultur und sogenannter etablierter Kultur scheint unüberwindbar. Hier Brücken zu bauen setzte sich die Tagung „Jugendkultur : kontrapunkt : e-kultur“ zum Ziel, die im Oktober in Leipzig stattfand. In Zusammenarbeit mit der Kulturpolitischen Gesellschaft e.V. lud die Stadt Vertreter von kommunalen Kulturverwaltungen, von Kulturbetrieben und Veranstaltern aber auch Schüler und Studenten, als Vertreter der „Szene“, in das Technologiezentrum für Jugendliche „GaraGe“ im Leipziger Industriegebiet Plagwitz zur Diskussion ein. Auf der Teilnehmerliste waren zirka 130 Namen zu lesen, etwa ein Viertel von ihnen waren der Kulturpolitik zuzuordnen. Hauptsächlich Kulturpolitiker waren in der Begrüßung durch den Präsidenten der Kulturpolitischen Gesellschaft, Oliver Scheytt, angesprochen. Er zitierte folgende Worte von Johannes Rau zur Kulturpolitik: „Wir brauchen einen Zugang zum Erbe, wir brauchen einen Zugang zum Neuen, und wir brauchen einen Zugang zum Fremden.“ Fallbeispiele, wie einerseits die etablierten Kulturorganisatoren Zugang zum Neuen und Fremden finden können und wie sich andererseits die „desinteressierte“ Jugend dem Erbe zuzuwenden vermag, wurden auf der Tagung in vielfältiger Weise erläutert. Doch zuvor mussten die Begriffe e-Kultur und Jugendkultur geklärt werden. Steht das „e“ nun für „erwachsen“, „ernst“ oder „etabliert“? Jeder Tagungsteilnehmer sollte dies für sich selbst interpretieren. Zwei Fachleute halfen ihnen dabei: der Kulturwissenschaftler Dieter Rink und der Sozialwissenschaftler Roland Roth zeigten in ihren Vorträgen interessante Erkenntnisse und erläuterten Statistiken. Laut Rink existiert die Jugendkultur seit den 60er-Jahren und seitdem wuchs sie stetig an. Nach dem Ende der Hippiebewegung spaltete sich das Interesse der Jugendlichen in die vielfältigsten Formen auf: Punk, Hardcore, HipHop, Rap, Techno, Metal, Wave, Gothic. Die Jugendkulturen haben eine Art Übergangsfunktion ins Erwachsenenleben übernommen, sie sind kreativ und notwendig, und sie können die junge Generation durchaus bis zum 40. Lebensjahr begleiten. Dann sollte der Übergang zur Hochkultur erfolgen. Sie wiederum ist zur Neuformation herausgefordert, zumal sie von öffentlichen Trägern ermöglicht wird. Denn die Menschen um das 40. Lebensjahr werden künftig mehr und mehr von der Jugendkultur geprägt.Roland Roth stellt ein zunehmendes Desinteresse Jugendlicher an Politik fest. Jugendkulturen verfolgen im Allgemeinen keine Weltanschauung. Vielmehr entwickeln Jugendliche, die Roth als Egopraktiker und Pragmatiker bezeichnet, ein ausgeprägtes von Medien gesteuertes Konsumdenken. Das Verhältnis zur Wirtschaft ist bei jungen Menschen ausgeprägter als das zur Politik. Die Ursache hierfür sieht Roth in einem adäquaten Verhalten der Jugendlichen zum Desinteresse der Politik an ihnen.
Die Hochkultur mit ihren etablierten Häusern trifft also auf ein schlecht vorbereitetes Feld voller Vorurteile und Schwellenängste. Mit verschiedensten Projekten versuchen die Opern- und Konzerthäuser, Jugendliche für die klassische Musik zu gewinnen. Auf der Leipziger Tagung wurden folgende Projekte vorgestellt:
- „klassiciscool.de“ der Deutschen Oper Berlin setzt auf enge Zusammenarbeit mit 350 Berliner Schulen.
- Die Staatsoper Wien schwört auf die preiswerten Stehplätze und setzt dem „Konkurrent Jugendkultur“ ein Zelt für Kinder auf der Dachterrasse der Staatsoper entgegen.
- Die Leipziger Oper kann hingegen mit ihrem kleinen Etat nur kleine Schritte machen: integrative Projekte oder das „Schwarze Theater“.
- Die Helikon Oper Moskau hat mit der Auslastung durch Jugendliche überhaupt keine Probleme, trotz des Preises von 50 Dollar(!) pro Karte. Die kleine Moskauer Oper, die erst seit der politischen Wende existiert, partizipiert noch vom Bonus gesellschaftskritischer Aufführungen, was nur in einer ehemaligen sozialistischen Diktatur funktioniert.
- In der Bremer Glocke, in der zehn Jahre lang überhaupt keine Jugendkonzerte stattfanden, werden Kinder jetzt erst einmal für den Ablauf eines Konzertbetriebes interessiert, indem eine Art Rollenverteilung unternommen wird.
- Die Stuttgarter Oper müsste auch auf dem Gebiet der Pädagogik zum „Opernhaus des Jahres“ gekürt werden. Hier ist es gelungen, auf den Lehrplan Musik Einfluss zu nehmen, indem ein Arbeitskreis mit Musiklehrern gegründet wurde. Lehrer werden durch Fortbildung so zu Multiplikatoren.
- Die Berliner Philharmonie hat zusammen mit Simon Rattle gleich ein Jugendprojekt aus Großbritannien importiert. Zukunft@BPhil setzt auf Bildung und kompensiert Versäumnisse des schulischen Musikunterrichtes, indem Kinder zum Komponieren animiert werden.
Im Engagement der Opern- und Konzerthäuser könnte aber auch eine Gefahr liegen. Wird so der Politik nicht die Verantwortung abgenommen, Jugendliche musisch zu bilden? Und genau hier sollte die Tagung, die fortgesetzt werden soll, ausgebaut werden. Bildungspolitiker, wie Verantwortliche aus Kultusministerien, kompetente Vertreter aus Regionalschulämtern und Musiklehrer dürfen künftig nicht fehlen.
Denn Kunst braucht Kompetenz und Vorbildung. Sie kann ein jahrelang „gepflegtes“ Defizit in der schulischen Bildung, explizit im Musikunterrichtes, nicht ausgleichen.
Die Kulturpolitische Gesellschaft e.V. wird einen Tagungsbericht veröffentlichen