Frankfurt am Main - Teurer als die Elbphilharmonie könnte Gutachtern zufolge die notwendige Sanierung von Frankfurter Schauspiel und Oper werden. Jetzt sieht die Stadt auf einmal alles ein bisschen weniger dramatisch - und will Zeit gewinnen.
Es war ein gewaltiger Schrecken für die Stadtverantwortlichen: Fast eine Milliarde Euro - so hatten im Sommer Gutachter errechnet - würde die Sanierung von Frankfurter Oper und Schauspiel in der maroden Theaterdoppelanlage kosten. Experten haben Abriss und Neubau der 1963 gebauten Anlage auf bis zu 889 Millionen Euro taxiert. Auch die Sanierung soll nur unwesentlich weniger kosten. Damit käme die Rettung der Frankfurter Bühnen noch kostspieliger als der Bau der knapp 800 Millionen teuren Elbphilharmonie.
Ein halbes Jahr später übernimmt Frankfurts Kulturdezernentin Ina Hartwig, die bei Veröffentlichung des fast sieben Millionen Euro teuren Gutachtens gerade ihr Amt angetreten hatte, die Rolle der Mutmacherin. Zusammen mit einer Arbeitsgruppe der Stadtverwaltung hat sie Möglichkeiten zur Kostensenkung ausgelotet. Dafür sollen unter anderem Werkstätten und Probebühnen in ein «Logistikzentrum» an die städtische Peripherie verlagert werden.
Aber entscheidender: Plötzlich ist der Brandschutz, der neben der Klimaanlage als gravierendstes Problem des Nachkriegsbaus galt, nicht mehr so drängend. Von einem baldigen Ende der Betriebserlaubnis für Oper und Schauspiel, wie es immer wieder drohend geheißen hatte, ist keine Rede mehr. Derzeit sei keine «Gefahr im Verzug», sagt der Chef der Frankfurter Berufsfeuerwehr, Reinhard Ries, der Deutschen Presse-Agentur. «Die Anlagen sind brandsicher.»
«Wir haben Zeit gewonnen», folgert Hartwig daraus. Jetzt will sie das gesamte Projekt nochmals von den stadteigenen Experten durchrechnen lassen - mit dem Ziel, dass es am Ende doch noch deutlich billiger wird. Die der SPD angehörende ehemalige Literaturkritikerin rechet damit, dass belastbare neue Zahlen etwa in einem halben Jahr vorliegen.
Wie es genau weitergeht, ist also noch unklar. Sündhaft teuer wird das Projekt auf jeden Fall. Bei einer Totalsanierung oder einem Neubau müsse sich die gesamte Technik am neuesten Stand orientieren, sagt auch Brandschutz-Experte Ries. Er glaubt ohnehin, dass das eigentliche Problem des Baus mit seiner riesigen Glasfront die veraltete Klimatechnik ist.
Frankfurt streckt schon mal die Fühler in Richtung Landesregierung nach Wiesbaden aus. Denn auch die reiche Finanzmetropole, die allein durch die Gewerbesteuer im vergangenen Jahr die Rekordsumme von fast 1,9 Milliarden Euro eingenommen hat, kann solch ein Riesenprojekt nicht alleine stemmen.
Für die renommierten Frankfurter Bühnen brechen also wohl unruhige Zeiten an - ob es nun eine Sanierung wird oder ein Neubau. Im letzteren Fall müssten sie die Doppelanlage am Willy-Brandt-Platz in der Innenstadt verlassen und auf andere provisorische Quartiere ausweichen, die auch nicht so zentral liegen werden. Einen Neubau an anderer Stelle schließt Hartwig aus. «Es gibt keine verfügbaren Grundstücke in der Innenstadt.»
Für den neuen Schauspiel-Intendanten Anselm Weber, der gerade eben seine erste Spielzeit in Frankfurt begonnen hat, sind das keine verheißungsvollen Perspektiven. «Ich gehe nicht fünf Jahre in eine Baustelle oder spiele in einer Bretterbude Theater», sagte er vor einigen Wochen klipp und klar auf einer Podiumsdiskussion.