„Bei der Gründung der Deutschen Orchestervereinigung (DOV) stand fest, dass sie ihre gewerkschaftlichen Aufgaben nur lösen könne, wenn sie sich auch kulturpolitisch engagieren würde“, schrieb 1977 Hermann Voss im Rückblick auf 25 Jahre DOV.
Der durch die Besatzungszonen bedingte zersplitterte Zustand des Deutschen Musikerverbandes (DMV) nach 1945 und die Tatsache, dass dessen Finanzierung zum großen Teil auf den Schultern der Kultur- und Rundfunkorchester lastete, führte zur wachsenden Enttäuschung in deren Reihen. Aus diesem Konflikt heraus kam es 1952 in Düsseldorf zur Gründung der „Deutschen Orchestervereinigung“ mit dem Geschäftsführer Hermann Voss.
Schon in der ersten ordentlichen Delegiertenversammlung 1953 wehte ein völlig neuer Wind. Die DOV gliederte sich umgehend der Deutschen Angestellten-Gewerkschaft (DAG) an. Mit §1 des Vereinsstatuts grenzte man sich deutlich von der Funktionsgewerkschaft des DMV ab. Jeder Delegierte war für Voss zuerst Repräsentant seines Klangkörpers. Neben einer zentralen Geschäftsstelle in Düsseldorf begründete er mit der Zeitschrift „Das Orchester“ das Publikationsorgan des Vereins, dessen Schriftleitung Voss bis 1976 in den Händen hatte.
Die 1977 von Voss erklärten vier inhaltliche Schlaglichter – Tarifrecht, Sozialversicherungsrecht, Leistungsschutzrecht und Kulturpolitik – sind wesentliche Leitlinien des Vereins geblieben. Ein wichtiger Meilenstein im Tarifrecht war 1956, nach heftigen Auseinandersetzungen mit dem Bühnenverein und dem DMV, der Freiburger Tarifvertrag, wonach sich die Vergütung der Musiker jeweils nach den Gehaltsbewegungen im öffentlichen Dienst richten sollte. Stete Bemühungen mündeten schließlich 1971 in den Abschluss des „Tarifvertrages für die Musiker in Kulturorchestern“ (TVK). Von großer Bedeutung war die Gründung der „Gesellschaft zur Verwertung von Leistungsschutzrechten“ (GVL) 1959. Zahlreichen Zivilprozessen der GVL verdanken die deutschen Interpreten eine herausragende urheberrechtliche Position.
Mit einer Resolution auf der Delegiertenversammlung 1972 in Hamburg erklärte die DOV den Bildungsauftrag der Musiker und Orchester innerhalb der Gesellschaft zu einem weiteren wesentlichen Arbeitsschwerpunkt. Man setzte sich zum Ziel, breitere Bevölkerungsschichten zu erreichen und das Orchester vom Klischee einer elitären Kultureinrichtung zu befreien. Um dem Beruf eines Orchestermusikers neue Attraktivität zu geben, entwickelte die DOV 1985 in Berlin das bald sehr erfolgreiche Modell eines einjährigen Orchesterpraktikums. 1982 zog die DOV gemeinsam mit der GVL von Düsseldorf nach Hamburg. Nachfolger von Voss wurde 1976 der Rechtsanwalt Peter Girth, der jedoch nur zwei Jahre später von Karajan als Intendant für das Berliner Philharmonische Orchesters abgeworben wurde. Nach einer kurzen Reaktivierung von Voss übernahm Rolf Dünnwald die Geschäfte bis 2001.
Nachdem sich die DOV 1965 der Gewerkschaft Kunst im DGB kooperativ angegliedert hatte, verfolgte diese in den Jahren 1983/84 die letztlich fehlgeschlagene Zwangsauflösung der Orchestergewerkschaft. Daraufhin wandte sich die DOV erneut der DAG zu. Heute kooperiert sie mit der Diensleistungsgewerkschaft ver.di.
Eine der einschneidendsten Veränderung der DOV brachte die Wiedervereinigung Deutschlands mit sich. Nachdem Rolf Dünnwald 1989 mit den Orchestern der DDR Kontakt aufgenommen hatte, versammelten sich am 11. März 1990 alle DDR-Orchester und Rundfunkchöre in Ostberlin. Man gründete nach dem Muster der DOV die „Orchestervereinigung der DDR“. Am 3. Oktober 1990 beendete diese ihre rechtliche Existenz; schon 25 Tage später wählten die Vertreter aller deutschen Orchester und Rundfunkklankörper erstmals gemeinsam die Mitglieder ihrer Gremien. Seit 2001 ist Gerald Mertens Geschäftsführer der DOV (siehe oben stehendes Interview). Die Geschäfsstelle wird mit Beginn des Jahres 2003 komplett nach Berlin umziehen.