Mit Spannung sieht die Neue-Musikszene der Entscheidung zur Ausschreibung Netzwerk Neue Musik der Kulturstiftung des Bundes entgegen. Wurden doch Projektmittel bis zur Höhe von maximal einer Million Euro pro Antrag in Aussicht gestellt – bei einer Förderung bis Ende 2011. Bis zum 15. Februar 2007 wurden Anträge zugelassen, die die Ansprüche des umfangreichen Anforderungskatalogs der Ausschreibung erfüllen konnten.
Insgesamt 81 Projektanträge sind auf die Ausschreibung Netzwerk Neue Musik hin bei der Kulturstiftung des Bundes eingegangen. Regionale Tendenzen sind nicht auszumachen, wenngleich sich die traditionellen Zentren der Neuen Musik auch in der Bewerberlage wieder finden. Dennoch: die Streuung ist vielfältig und alle Bundesländer sind vertreten.
Zur Erinnerung: mit den drei Schwerpunktthemen Vernetzung, Vermittlung und Neue Musik zielte die Ausschreibung der Kulturstiftung des Bundes primär darauf, die bereits bestehenden und vielfältigen Einzelinitiativen nicht noch weiter zu mehren, sondern zu bündeln.
Ausgangsüberlegung für dieses Initiativprojekt war: was ist nötig? was existiert bereits? worin besteht der Mangel? Mit einem statistischen Mittelwert von 1,7 Uraufführung pro Tag liegt der Mangel sicherlich nicht in der Förderung und Vergabe weiterer Kompositionsaufträge. Vielmehr will das Netzwerk Neue Musik die Wahrnehmung der Neuen Musik im öffentlichen Kulturleben verstärken und für das Publikum eine Orientierung schaffen. Die Ausschreibung hat bewusst darauf verzichtet, allzu große Einschränkungen aufzuerlegen etwa im Hinblick auf Genres und wollte verwandte oder angrenzende Musikstile unbedingt zulassen. Die gesamte und auch historische Breite der Neuen Musik – nicht nur der Komponierten, sondern auch der Improvisierten und der Experimentellen und des Jazz - sollte als Projektionsfläche dienen. Es sollte vor allem um innovative Wege der Musikvermittlung gehen.
Die 81 Anträge liegen nun vor, und nun geht es in einem ersten Schritt um die Sichtung aller eingereichten Kurzkonzepte und deren formale Überprüfung. Ein fünfköpfiges Kuratorium wird bis 15. Mai 2007 eine Entscheidung über die Vergabe der Fördermittel treffen. Zwei bereits nominierte Mitglieder des Kuratoriums mussten wieder ausscheiden, weil sie sich in gestellte Anträge involviert sahen. Nun setzt sich das Kuratorium zusammen aus Prof. Beat Furrer (Professor für Komposition an der Hochschule für Musik und Darstellende Kunst in Graz), Renate Liesmann-Baum (ehemalige Leiterin des Musikreferats im Kulturamt Köln), Christian Scheib (Redakteur für Neue Musik beim ORF, Programmdirektor des ‚Musikprotokolls‘ des Festivals ‚steirischer herbst‘, Wien/Graz), dem Musikwissenschaftler Prof. Dr. Matthias Henke (Universität Kassel) und der Musikjournalistin Julia Spinola (FAZ).
Beworben haben sich sowohl Städte beziehungsweise vernetzungswillige Akteure aus diesen, als auch Regionen und Bundesländer. „Erfreulich“, so der Künstlerische Leiter Bojan Budisavljevic, „wie jeweils individuell der Vernetzungsgedanke produktiv ausgestaltet wurde“. Und weiter: „In der Regel ist die Qualität der eingegangenen Anträge recht hoch“. Wieviele davon aufgefordert werden, für die zweite Phase in diesem Antragsverfahren erweiterte Unterlagen nachzureichen – dies dann bis 15. August 2007 –, hängt von der ersten Kuratoriumssitzung im Mai ab. In dieser Stufe wird es vor allem um die künstlerische Qualität gehen, in der zweiten dann mehr ums Geld. Voraussetzung für die Förderung ist eine regionale Co-Finanzierung von 50 Prozent der Kosten – bei Gemeinden mit über 150.000 Einwohnern; 30 Prozent bei solchen mit weniger Einwohnern. Da heißt es für alle Antragsteller Farbe bekennen und reell kalkulieren, wie sich die Kosten genau zusammensetzen und decken lassen.
Bojan Budisavljevic, Künstlerischer Leiter und Vorstand des eigens gegründeten Vereins Netzwerk Neue Musik e.V. sieht seine Aufgabe mehr im Sinne eines Moderators, der zwischen den Antragstellern und dem Kuratorium den Kommunikationsfluss steuert. Budisavljevic war zuletzt als Musikdramaturg und Produktionsleiter für die Konzertprogramme der RuhrTriennale zuständig. Nun wird er im Dialog mit den Antragstellern die Inhalte ausloten und die Entscheidung des Kuratoriums vorbereiten.
Das Netzwerk Neue Musik wird in den nächsten fünf Jahren begleitende Publikationen zu den kuratierten Maßnahmen herausgeben, eigene Veranstaltungen initiieren, Forschungsprojekte und ein eigenes Internetportal ins Leben rufen. Im Moment ist das noch Zukunftsmusik. Für die Antragsteller bietet sich mit dieser Einrichtung ein kompetenter Partner, der Hilfestellungen und Ratschläge in der Projektumsetzung bieten kann. Bleibt nur noch abzuwarten, wer das dann auch in Anspruch nehmen darf.