Leider kein Ende – der Streit um eine Festschrift und um das Verhalten des ehemaligen Präsidenten der Hochschule für Musik und Theater München, Siegfried M., reißt nicht ab. Jetzt hat sich jetzt auch die Mitherausgeberin Susanne Popp in einem Gespräch mit onetz.de geäußert. Sie verteidigt die Festschrift, jetzt vor allem gegen „Hassausbrüche“, die angeblich in den „sogenannten“ sozialen Medien dieser Publikation entgegenschlagen.
Sie sagt da:
„Angesichts der Hassausbrüche in den sogenannten sozialen Medien, in denen vermeintlich kultivierte Menschen über Mauser und die Autoren der Festschrift herziehen, halte ich die Festschrift auch für dringend notwendig, um einer über das Gerichtsurteil weit hinausgehenden Selbstjustiz entgegen zu treten.“
Da fragt man sich: Wovon redet da die anerkannte Musikwissenschaftlerin? Kritik wird nun simpel zum Akt der Selbstjustiz umgewandelt. Lesen Sie also bitte nicht unsere Aufführungskritiken in der nmz, es handelt sich schlicht um Selbstjustiz.
Selbstjustiz ist es dann aber nicht, wenn Susanne Popp später meint sagen zu müssen:
„Ein Urteil des höchsten Gerichts in Deutschland nicht anzuerkennen, steht mir nicht zu, und ich bin weder bei den beanstandeten Taten, noch bei den Gerichtsverhandlungen dabei gewesen. Allerdings bin ich nach über 30 Jahren, in denen ich Siegfried Mauser sehr gut kenne, davon überzeugt, dass er kein Gewalttäter ist.“
Nein, das ist Überzeugung und damit ein Faktum, wenn man also meint, sich in Unkenntnis der Sachverhalte ein Urteil erlauben zu können. Wie verrückt ist diese Welt doch geworden.
In einem weiteren Artikel von onetz.de äußert dagegen Kurt Seibert, der die Weidener Max-Reger-Tage initiiert und viele Jahre lang geleitet hat eine ganz andere Sicht der Dinge, die sie bitte dortselbst nachlesen können.
Fehlt eigentlich nur noch Wolfram Steinbeck, der als dritter Herausgeber der Festschrift für Siegfried Mauser etwas zur Verunklarung der Begriffswelten beitragen könnte. Die Beiträger schweigen alldieweil, mit Ausnahme von Peter Michael Hamel, wie wir gestern bereits berichteten.
Derweil sind Fragen unsererseits gegenüber dem Verlag des Festschrift noch unbeantwortet. Es scheint ja nicht einmal klar zu sein, ob die Festschrift denn bislang überhaupt erschienen ist. Der Verlag propagiert das Stück nicht ausdrücklich in seinen Neuerscheinungen, lieferbar soll es der Website nach allerdings sein, da es am 1. Oktober erschienen sei. Bei großen Händlern wie Amazon.de (“Derzeit nicht verfügbar.
Ob und wann dieser Artikel wieder vorrätig sein wird, ist unbekannt”) oder buecher.de („Erscheint vorauss. 30. Dezember 2019“) ist jedoch bislang keine Kaufmöglichkeit erkennbar. Ein Belegexemplar hat zumindest auch Peter Michael Hamel bislang nicht erhalten.
Allein das Vorwort ist ja mittlerweile mehrfach geleakt worden und genau auf dieses und seine Rechtfertigungsversuche bei Borchmeyer und Popp bezieht sich die Kritik der Öffentlichkeit. Wie zum Beispiel bei Stefan Koldehoff, der im Deutschlandfunk gestern in den Kurzmeldungen von „Kultur heute“ zur Festschrift sich äußerte [Audio]. Oder Patrick Bahners in der FAZ. Oder Rainer Pöllmann im Deutschlandfunk Kultur. Oder Christine Lemke-Matwey in der ZEIT. Oder Juan Martin Koch in der nmz. Oder Bernhard Neuhoff im Bayerischen Rundfunk. Von den Artikeln im Bad Blog Of Musick von Alexander Strauch und Moritz Eggert gar nicht erst zu reden.
Kommen wir jetzt zu unseren Meldungen und Kritiken. Selbstjustiz wie wir sie seit jeher praktizieren.
chor.com - voces8: Sie singen, sie inspirieren und sie unterrichten
In einem Beitrag zu den Konzerten auf der chor.com 2019 in Hannover in der nmz Nr. 10/2019 haben wir versprochen, einen eigenen Beitrag zu Voces8 nachzuliefern. Anlass dafür ist die durchaus komplexe Gefühlslage, in der einen das Konzert mit Voces8, einem Schulchor und dem Mädchenchor Hannover zurückgelassen hat – vor allem wenn man in den vorangegangenen Workshops war, in denen erstere mit den beiden jungen Chören gearbeitet haben. Eindrücke von Konzert und Workshop mit Voces8 bei der chor.com in Hannover von Robert Göstl.
Herausragend: Brittens „The turn of the screw“ am Theater Freiburg
Eine Gouvernante kommt in ein englisches Landhaus, um zwei Kinder zu betreuen. Eigentlich sollte nur noch die Haushälterin Mrs. Grose in dem prachtvollen Anwesen wohnen, aber schon bald tauchen zwei weitere Gestalten auf, die als Geister von Verstorbenen gedeutet werden. Die Idylle wandelt sich in Schrecken. Die rätselhafte Vergangenheit wird zur Bedrohung. Am Ende ist ein Kind tot. Und die Gouvernante verstummt. Georg Rudiger besuchte die Premiere von Brittens Oper am Theater Freiburg.
Tobende Emotionen – Händels „Alcina“ am Theater Bremen
In Georg Friedrich Händels 1735 entstandenem „dramma per musica“ „Alcina“ geht die heidnische Zauberin Alcina unter: ihre abgelegten Liebhaber hat sie auf einer verlassenen Insel in Tiere, Pflanzen oder Steine verwandelt und nun hat sie sich in ihr neuestes Opfer Ruggiero wirklich verliebt. Der Regisseur Michael Talke macht in seiner viel bejubelten neuen Inszenierung am Theater Bremen ein anderes Fass auf. Welches, erklärt unsere Kritikerin Ute Schalz-Laurenze.
Was sonst noch wichtig war oder wird …
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- op. 111 – Eine Analyse in 335 Teilen – Takt 279
Radio-Tipp
21:00 bis 22:00 | NDR Kultur
neue musik: Komponieren für alle!
Von Margarete Zander. Das war mal eine Initiative von Hans Werner Henze, die er sehr intensiv verfolgte und mit dem niedersächsischen Kultusministerium durchsetzen wollte. Macht das Sinn, das Thema Komponieren im Bildungskanon heute intensiver zu verankern? Wir befragen komponierende Kinder und Komponisten.