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NRW-Regierung schwenkt um: Portigon-Sammlung soll im Land bleiben

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Düsseldorf - Zwei millionenschwere Warhol-Bilder sind schon weg. Ein weiteres Debakel mit dem Verkauf landeseigener Kunst will sich Rot-Grün in Nordrhein-Westfalen nicht leisten. Nach einer beispiellosen Protestwelle von Museen, Künstlern und Kulturverbänden angesichts des Verkaufs von Kunst aus landeseigenen Unternehmen vollzieht die Landesregierung einen Kursschwenk.

 

Nachdem die beiden Warhol-Werke des Casino-Betreibers Westspiel ohne Einschreiten des Landes für mehr als 100 Millionen Euro versteigert wurden, soll die Kunstsammlung der landeseigenen WestLB-Nachfolgerin Portigon für das Land gesichert werden. Überraschend deutlich legte sich Finanzminister Norbert Walter-Borjans (SPD) am Donnerstag in einer Ausschussvorlage für den Landtag fest: Landesregierung und Finanzministerium würden «alles in ihren Kräften Stehende tun, um Kunstwerke der Portigon AG für Nordrhein-Westfalen zu sichern».

Finanzministerium und Portigon würden sich an dem von Kulturministerin Ute Schäfer (SPD) einberufenen Runden Tisch am 5. Februar beteiligen, heißt es auf einmal. Ziel sei es, «eine für alle Seiten vertretbare Lösung zu finden». Noch im November hatte Walter-Borjans betont, Portigon entscheide selbst über den Verkauf der Kunstwerke, und er werde nicht zulassen, dass ein Runder Tisch darüber spreche.

Die CDU-Opposition im Landtag nannte dies einen «Schnellkurs im Rückwärtsrudern». Die Regierung habe mit dem massiven Widerspruch aus vielen Teilen der Gesellschaft offensichtlich nicht gerechnet. Walter-Borjans verteidigte sich: «Ich habe weder Interesse, Kunst aus NRW verschwinden zu lassen, noch dem Kultur- oder Kunststandort NRW zu schaden.» Aber er müsse auch die Augen dafür öffnen, dass «die Lösungen Geld kosten».

Als kurz nach Neujahr Portigon-Chef Kai Wilhelm Franzmeyer den Verkauf der in der Nachfolgegesellschaft der zerschlagenen WestLB verbliebenen Kunstwerke ankündigte, brach ein neuer Sturm der Entrüstung in Richtung Landesregierung aus. Als «kulturpolitische Bankrotterklärung» brandmarkten die NRW-Museumschefs den geplanten neuen Millionenverkauf.

Picassos Stierlithografien, ein Gartenbild von August Macke, Werke von Joseph Beuys, Sigmar Polke und Günther Uecker - all das muss im Zuge der von der EU-Kommission angeordneten Abwicklung der Portigon veräußert werden und zwar zu Marktpreisen, wie Franzmeyer sagte. «Keine Alternative» gebe es dazu.

Anscheinend gibt es aber doch Alternativen. Ministerpräsidentin Hannelore Kraft (SPD) hatte vergangene Woche bereits aufhorchen lassen, als sie versicherte, «niemand» wolle die Portigon-Werke veräußern. Auch Kulturstaatsministerin Monika Grütters (CDU) mischte sich aus Berlin ein. Und selbst der renommierte Zero-Künstler Heinz Mack schrieb einen Brief an Kraft.

Klar ist aber, dass die gute neue Absicht der Landesregierung einen Haken hat. Walter-Borjans verwies darauf, dass eine Rettung nicht zulasten des Steuerzahlers gehen dürfe. Wenn die Kunstwerke nicht für die Abwicklung von Portigon verwertet werden sollten, müsse ihr Gegenwert an die Gesellschaft erstattet werden. 

Woher das Geld kommen soll, ist offen. «Der EU-Kommission ist so was von egal, wer das kauft», sagt Walter-Borjans. Die einzige Möglichkeit, die Kunst im Land zu halten und nicht den Steuerzahler zu belasten, bestehe darin, Partner zu finden. Diese müssten bereit sein, die Objekte zu Markt- oder Schätzpreisen zu erwerben. Er habe potenzielle Partner bereits angesprochen.

Im Unterschied zu den Westspiel-Warhols wird der Wert der rund 400 Portigon-Werke, von denen nur 150 als hochkarätig gelten, weit niedriger geschätzt. 28 Millionen Euro betrage der Versicherungswert, sagte Walter-Borjans. Beobachter gehen davon aus, dass auch der Buchwert in der Portigon-Bilanz nicht wesentlich höher ist. 

Dorothea Hülsmeier

 



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