Düsseldorf - Mit einem Kulturgesetzbuch will NRW viele Ziele gleichzeitig erreichen: Dazu gehört, alle Regelungen für die Branche übersichtlich zu bündeln und prekäre Arbeitsverhältnisse in der Szene zu bekämpfen. Doch nicht nur das.
Landesförderungen für Kultureinrichtungen sollen in Nordrhein-Westfalen künftig an Honoraruntergrenzen geknüpft werden. Das wird in einem neuen Kulturgesetzbuch verankert, das unter anderem auch Vorgaben für Festanstellungen macht.
Derzeit werde vor allem in der freien Kulturszene häufig gar nichts gezahlt - etwa für Ausstellungen - oder weit unter gesetzlichem Mindestlohn, kritisierte NRW-Kulturministerin Isabel Pfeiffer-Poensgen (parteilos) am Mittwoch in Düsseldorf. Mit dem bundesweit ersten Kulturgesetzbuch, das sämtliche die Branche betreffenden rechtlichen Regelungen bündele, wolle die Landesregierung «deutlich machen, dass wir das auf Dauer nicht tolerieren können».
Der Gesetzentwurf war am Dienstag vom Landeskabinett gebilligt worden. Nach der für den Winter avisierten Verabschiedung im Landtag soll die Novelle zum Jahresbeginn 2022 in Kraft treten.
Demnach ist künftig bei allen Kulturförderungen des Landes eine Honoraruntergrenze zu beachten, die wenigstens den gesetzlichen Mindestlohn erreicht. Für die Musikschulen wird eine Förderung sogar daran geknüpft, dass «in der Regel qualifizierte Lehrkräfte mit abgeschlossener musikalischer Fachausbildung und musikpädagogischer Qualifikation grundsätzlich sozialversicherungspflichtig und tarifgebunden beschäftigt werden». Außerdem müssten sie regelmäßig fortgebildet werden.
«Falls in begründeten Ausnahmefällen Lehrkräfte dennoch im Honorarverhältnis beschäftigt werden, ist sicherzustellen, dass die Höhe der Honorare mindestens an die Stundensätze der entsprechenden Tarifverträge angeglichen wird», heißt es im Entwurf.
Die Landesförderung für die Musikschulen ist nach Angaben des Kulturministeriums jährlich schrittweise erhöht worden von rund zwei Millionen Euro 2019 bis auf neun Millionen Euro, die im nächsten Jahr erreicht werden sollen. Mit den zusätzlichen sieben Millionen Euro Unterstützung für die Musikschulen könnten dort 100 feste Stellen geschaffen werden, sagte Pfeiffer-Poensgen.
Das Kulturgesetzbuch sieht außerdem eine Verpflichtung zum Erhalt des Kunstbesitzes des Landes vor. Kunstschätze aus diesen Sammlungen dürften nicht versilbert werden, um Haushalte zu sanieren, erklärte die Ministerin. Außerdem verpflichte sich die Landesregierung, die Provenienzforschung zu fördern. Dabei werde neben der Erforschung des kolonialen Erbes auch Entziehungen in der Zeit der ehemaligen sowjetischen Besatzungszone und der DDR in den Blick genommen.
Der Kulturrat und der Landesmusikrat NRW begrüßten das Kulturbuch im Grundsatz, sehen aber nicht alle Sparten angemessen berücksichtigt. Das gelte etwa für den Tanz und die Bildende Kunst, kritisierte der Vorsitzende des Kulturrats NRW, Gerhart Baum, in einer Mitteilung. Generell könnte das Gesetz jedoch «Vorbildcharakter für andere Bundesländer» bekommen.
Beide Vereinigungen lobten unter anderem die Initiative gegen prekäre Arbeitsverhältnisse in der Kultur. Der Präsident des Landesmusikrats, Reinhard Knoll, hob besonders hervor, dass endlich auch die Popkultur in die gesetzlichen Grundlagen der Kulturförderung einbezogen werde. «Popmusik hat in NRW die mithin tiefsten Wurzeln in Deutschland», unterstrich er. Ihre Förderung nutze «dem gesamten Musikleben in Nordrhein-Westfalen».