Berlin - Der Streit über die Forderung urheberrechtlicher Gebühren für Liederkopien in Kindergärten soll nach dem Willen von Politikern mit Pauschalverträgen gelöst werden. Der bayerische Sozialstaatssekretär Markus Sackmann (CSU) sagte der «Augsburger Allgemeinen» (Donnerstagausgabe): «Die GEMA hat jetzt in einer ersten Reaktion zugesagt, über einen Pauschalvertrag zu verhandeln.»
Die Gesellschaft für musikalische Aufführungs- und mechanische Vervielfältigungsrechte (GEMA) in München hat im Auftrag der von ihr unabhängigen Verwertungsgesellschaft Musikedition in Kassel im Januar 2010 rund 36.000 Kindergärten angeschrieben und zur Zahlung für Lieder- und Notenkopien aufgefordert. Die Gebühren sind gestaffelt, für bis zu 500 Kopien wären 56 Euro im Jahr fällig, für kirchliche oder kommunale Kindergärten nur 44,80 Euro. Bisher zahlen die Kindergärten keine Urheberrechtsgebühren.
Ein Sprecher der GEMA sagte am Donnerstag auf dapd-Anfrage, die VG Musikedition nutze nur die Vertriebswege der GEMA. Zuvor habe die VG Musikedition die Träger der vorschulischen Einrichtungen angeschrieben und keine Reaktion erhalten.
Der CSU-Politiker Sackmann sagte der Zeitung, er bemühe sich seit September um einen Pauschalvertrag, der ähnlich wie für Schulen aussehen könne. «Die aktuelle Situation ist nicht zufriedenstellend», kritisierte er. «Die Weitergabe von Notenkopien unterstützt auch Familien mit Migrationshintergrund in ihren Integrationsbemühungen. Hier sollten wir keine unnötigen Hürden aufbauen.»
Die nordrhein-westfälische Familienministerin Ute Schäfer (SPD) hatte sich bereits für einen Rahmenvertrag ausgesprochen. Als Vorsitzende der für ihr Ressort zuständigen Ministerkonferenz der Länder will sie sich für eine bundesweit einheitliche Regelung einsetzen, wie sie den Zeitungen der WAZ-Mediengruppe (Mittwochausgabe) sagte.
Klöckner kritisiert Forderungen
Die CDU-Spitzenkandidatin für die rheinland-pfälzische Landtagswahl, Klöckner, kritisierte die Forderung von Lizenzgebühren. «Die GEMA ist unverschämt und bekannt als Musikverhinderer und als Quälgeist der Vereine und Konzertveranstalter. Aber dass jetzt sogar Kindertagesstätten zur Kasse gebeten werden für das Singen von Kinderliedern, ist der Gipfel der Frechheit», sagte sie am Donnerstag in Mainz.
Allerdings hatte die GEMA bereits in einer Pressemitteilung am Dienstag klargestellt, dass es nicht um Gebühren für das Singen geht. Grundsätzlich bestehe nach dem Urheberrechtsgesetz ein Kopierverbot für Werke der Musik, erklärt die Gesellschaft. Dieses Verbot gelte auch für das Kopieren von Noten, die zum Bildungszweck in vorschulischen Einrichtungen wie etwa Kindergärten genutzt würden. Die Wahrnehmung der Rechte für das Kopieren von Noten und Liedtexten liege bei der von der GEMA unabhängigen VG Musikedition.
Ein Gesamtvertrag für alle Kindergärten ist nach Angaben des Geschäftsführers der VG Musikedition, Christian Krauß, nicht in gleicher Weise wie für die Schulen realisierbar. «Kindergärten haben unterschiedliche Träger wie Kommunen, Gemeinden, Kirchen oder Wohltätigkeitsorganisationen», erklärte er. Der Tarif der VG biete Kindergärten auch eine signifikante Kostenersparnis: «Da Noten aufgrund der Gesetzeslage eigentlich nicht kopiert werden dürfen, müssten die vorschulischen Bildungseinrichtungen ansonsten auf die Anschaffung kompletter Liederbücher ausweichen.»
In einem Interview mit der «taz» (Donnerstagausgabe) sagte Krauß: «Wir haben inzwischen mit 6.000 Kindergärten Verträge abgeschlossen und denken, dass die Kindergärten lieber unser Angebot annehmen, als gegen das Urheberrecht zu verstoßen.» Die VG Musikedition sei gesetzlich dazu verpflichtet, die Rechte der Urheber zu schützen und vertrete die Rechte der meisten Kinderlieder-Autoren. «Wir wollen die Kindergärten nicht an der musikalischen Früherziehung hindern. Es geht uns darum, die Kinderlied-Autoren zu entlohnen.» Die Lizenzeinnahmen gingen nach Abzug der Verwaltungskosten direkt an die Autoren der Lieder und an ihre Musikverlage.