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Polens Kulturpolitik will künftig auf nationale Identität setzen
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Polens Kulturpolitik will künftig auf nationale Identität setzen

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Warschau - Nicht nur Journalisten, auch Künstler müssen sich unter der nationalkonservativen Regierung in Polen auf möglicherweise drastische Veränderungen gefasst machen. Kulturminister Piotr Glinski will bei Kulturförderung polnische Identität stärken.

Wird in Polen künftig die künstlerische Freiheit gegängelt? Zumindest finanziell könnten es Kulturprojekte, die mit kontroversen Themen anecken, schwer haben. Kulturminister Piotr Glinski, der im Kabinett von Beata Szydlo den Rang eines stellvertretenden Ministerpräsidenten hat, kündigte in einem Interview mit der rechtskatholischen Zeitung «Nasz Dziennik» an, es werde «ganz sicher Korrekturen geben» im Bereich der Kulturförderung.

«Künstlerische Freiheit ist sicherlich ein wesentlicher Wert», betonte Glinski. Aber: «Es gibt keinen Grund, dass Gruppen, die zum Abbau polnischer Kultur, Tradition und Identität beitragen, so wie bisher favorisiert werden.»

So sei in seinem Ressort derzeit eine Analyse des polnischen Theaterlebens in Arbeit, aus der entsprechende Konsequenzen gezogen werden sollen, darunter auch personelle. Staatliche Theater sollten auch eine öffentliche Mission erfüllen, meinte Glinski. «Sie sollen mit unserer Identität, mit der Geschichte, mit dem Kanon kultureller und nationaler Werte verbinden.»

Einen Vorgeschmack auf das, was widerborstige Kulturschaffende erwarten könnte, gab Glinski schon in seinen ersten Tagen als Minister. Bereits vor seiner Premiere am Polnischen Theater in Breslau (Wroclaw) sorgte das Stück «Der Tod und das Mädchen» nach Motiven von Elfriede Jelinek für Aufregung wegen angeblich pornografischer Szenen. In einem Schreiben an die niederschlesische Bezirksregierung sprach sich Glinski für eine Absetzung der Premiere aus - nach Ansicht von Kritikern war dies der «erste Versuch präventiver Zensur» seit dem Ende des Kommunismus in Polen.

Bei der Filmförderung, so hatten schon Regierungschefin Szydlo und Präsident Andrzej Duda angekündigt, sollen Sondermittel bereitgestellt werden, die Filme über die polnische Geschichte fördern.

Manche Feuilletonisten äußerten bereits die Befürchtung, dass die patriotischen Leinwanddramen Welten entfernt sind von der polnischen Filmtradition, die mit Namen wie Andrzej Wajda, Roman Polanski, Krzysztof Kieslowski oder Pawel Pawlikowski verbunden ist, dessen schwarz-weißes Meisterwerk «Ida» im vergangenen Jahr mit dem Oscar als bester fremdsprachiger Film ausgezeichnet worden war. Zuvor hatte Pawlikowski für die Geschichte einer jungen polnischen Nonne, die von ihrer jüdischen Herkunft erfährt, bereits den Europäischen Filmpreis erhalten.

Den Geschmack Beata Szydlos traf er dabei allerdings nicht. ««Ida» hat mir nicht besonders gefallen. Dieser Film hat nicht sonderlich für Polen geworben, sondern ein eher negatives Bild gezeichnet. Ich habe mich gewundert, dass er einen Oscar erhalten hat», sagte sie in einem Interview im Dezember. Mit Blick auf die künftige Kulturpolitik sagte sie: «Ich will ganz deutlich betonen, dass meine Regierung konsequent dafür sorgen wird, dass mit öffentlichen Geldern keine Kulturereignisse umgesetzt werden, die die allgemein akzeptierten gesellschaftlichen Werte und Normen verletzen.»

Oscar-Preisträger Pawlikowski befürchtete in einem vor wenigen Tagen veröffentlichten Interview mit Newsweek Polska einen «kindischen Narzissmus» der neuen Regierenden: «Patriotisch heißt für sie: Nur Gutes über uns», meinte er. «Wer stark ist, Klasse hat und ohne Komplexe ist, hat keine Angst vor Kritik und Selbstironie.»

 

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