Berlin - Kulturstaatsministerin Claudia Roth sieht öffentlich geförderte Kultureinrichtungen in besonderer Verantwortung beim Kampf gegen Antisemitismus und Rassismus. «Die Kultur unseres Landes lebt von der Kunstfreiheit und davon, dass zu dieser Freiheit auch gehört, dass künstlerische Entscheidungen nicht von außen getroffen werden», sagte die Grünen-Politikerin am Freitag während der Wiedereröffnung des Berliner Hauses der Kulturen der Welt (HKW) laut Redemanuskript.
Kunst sei politisch, aber es gebe keine politische Entscheidung über die Kunst. «Für unsere kulturellen Einrichtungen geht mit dieser Freiheit eine besondere Verantwortung einher. Sie ist sozusagen der Grundkonsens der Förderung», sagte Roth. «Es ist kein Platz für Antisemitismus, Rassismus und jede Art von Menschenfeindlichkeit.»
Roth betonte: «Wir fördern keine Veranstaltungen, auf denen für den BDS geworben wird oder Ziele des BDS vertreten werden.» BDS steht für Boykott, Desinvestitionen und Sanktionen. Die Kampagne ruft zum umfassenden Boykott des Staates Israel wegen dessen Umgang mit den Palästinensern auf.
«Das Ausgrenzen gerade von Künstlerinnen und Künstlern durch den BDS, durch Boykott und silent boycott, durch Drohungen und oft genug auch durch Gewalt hat in den letzten Jahren erschreckend zugenommen», sagte Roth. «Wer Menschen boykottiert, weil sie jüdische Israelis oder weil sie Jüdinnen und Juden sind, der handelt antisemitisch, und das darf nicht hingenommen werden.»
Zur Zukunft des HKW sagte Roth: «Wir müssen den Ländern des Globalen Südens zuhören.» Ihre Kunst solle gezeigt und die Künstlerinnen und Künstler willkommen geheißen werden. «Wir müssen herauskommen aus einer Welt, in der sie die Erfahrungen gemacht haben, dass wir es mit unseren eigenen Werten nicht ehrlich meinen und mit zweierlei Maß messen.» Roth forderte einen Dialog in gemeinsamer Sorge um die Welt.
Nach Monaten der Sanierung eröffnet das bundeseigene Haus der Kulturen der Welt unter dem neuen Direktor Bonaventure Soh Bejeng Ndikung mit einem mehrtägigen Fest wieder seine Türen. Programmatisch umschreibt Ndikung die Arbeit mit einer Frage: «Wie können wir zusammen besser sein in dieser Welt?» Erste Antworten sucht das Eröffnungsprojekt «O Quilombismo», das bis zum 17. September eine Gruppenausstellung, Forschungsprojekte, Workshops, Performances und Publikationen vereinen soll. Der brasilianische Künstler Abdias Nascimento (1914-2011) definierte die von ehemaligen Sklaven gegründeten Quilombos-Siedlungen als Gesellschaften freier Wiedervereinigung, von Solidarität, Zusammenleben und Gemeinschaft.