Essen - Ein Vierteljahr nach dem Start ins Kulturhauptstadt-Jahr sind die Veranstalter mit dem bisherigen Verlauf des Programms sehr zufrieden. «Der Start von Ruhr.2010 hat unsere Erwartungen weit übertroffen. Menschen und Medien sprechen von einem beeindruckenden Erlebnis und transportieren neue Bilder vom Ruhrgebiet», sagt der Ruhr.2010-Geschäftsführer Oliver Scheytt in Essen.
Viele Veranstaltungen seien fast oder komplett ausverkauft. Zahlen zu den bisherigen Besuchern gebe es derzeit aber nicht. Bei den Veranstaltern des Kulturhauptstadt-Jahres sieht man sich auf dem richtigen Weg. «Was Ruhr.2010 schon bis jetzt erreicht hat, kann sich wahrlich sehen lassen, und wir fangen jetzt erst richtig an. Frühjahrsmüdigkeit gibt's in diesem Jahr nicht«, verspricht der Vorsitzende der Geschäftsführung der Ruhr.2010 GmbH, Fritz Pleitgen. So ist für Mai das Projekt «Ruhr-Atolle» auf dem Essener Baldeneysee geplant. Dort werden dann schwimmende Kunstwerke gezeigt, die unter Einsatz regenerativer Energieressourcen wie Wasser, Wind, Sonne angetrieben werden.
Ende Mai sind auch die «SchachtZeichen» über ehemaligen Zechenstandorten und Schachtanlagen zu sehen. Für das Projekt sollen zwischen 350 und 400 gelbe Helium-Ballons in die Luft steigen und an die alten Bergwerkstandorte sowie den Strukturwandel erinnern. Dann soll eine gigantische Skulptur am Himmel entstehen. Das Projekt ist zudem ein Beispiel für die Unterstützung durch die Region: Die Ballons kosten pro Stück 5000 Euro und werden durch Sponsoren finanziert. 350 Ballons sind bereits finanziell abgesichert, weitere Unterstützer werden gesucht.
Mit dem Kulturhauptstadt-Jahr unter dem Motto «Wandel durch Kultur - Kultur durch Wandel» will sich das Ruhrgebiet als Metropolregion im Aufbruch im In- und Ausland bekanntmachen. «Bislang haben wir fast 350 Beiträge zur Ruhr.2010 in 26 Ländern registriert - darunter auch exotische Länder wie Australien, Neuseeland oder die Vereinigten Arabischen Emirate», berichtet Ruhr.2010-Sprecher Marc Oliver Hänig. In den ersten beiden Monaten dieses Jahres seien bereits 14 internationale Pressereisen organisiert worden. Und auch die Facebook-Seite der Ruhr.2010 (facebook.de/ruhr2010) erfreue sich großer Beliebtheit. «Bis jetzt haben sich knapp 17 100 Freunde bei uns angemeldet», betont Hänig. Beim Traditionsverein Schalke 04 sind es 13 100 Freunde.
Auch der Tourismus in der Region scheint zu profitieren. So nahm die Zahl der Besucher im Ruhrgebiet im Januar im Vergleich zum Vorjahresmonat um 7,1 Prozent auf fast 184 000 zu, wie das Statistische Landesamt errechnete. Die Zahl der Übernachtungen stieg auf über 342 000 (plus 4,8 Prozent). Erfreulich auch hier das Interesse von ausländischen Besuchern: Die Anzahl der Übernachtungsgäste aus dem Ausland stieg um 11,5 Prozent.
Dennoch gibt es mit Blick auf die Diskussionen um drohende Schließungen von Theatern im Ruhrgebiet auch Kritik von Kulturschaffenden. Es sei «schizophren», wenn es im Rahmen der Kulturhauptstadt einerseits große Veranstaltungen gebe und andererseits Kultureinrichtungen wegen der Finanznöte der Kommunen geschlossen würden, sagt Fabian Lettow von der freien Theatergruppe Kain-Kollektiv aus Bochum.
Zudem sei die Freie Szene aus dem Ruhrgebiet in dem Programm des Kulturhauptstadt-Jahres nicht ausreichend berücksichtigt. Dass die Veranstaltungen von Ruhr.2010 die Kulturszene zwischen Ruhr und Emscher dauerhaft voranbringen, sei nicht zu erwarten. «Das Kulturhauptstadt-Jahr erweitert nicht die Möglichkeiten freien und künstlerischen Arbeitens», klagt Lettow.
Gleichwohl hat der Theatermann keine Probleme mit dem Programm der Ruhr.2010. Als Dramaturg am Schlosstheater Moers unterstützt er mit der Aufführung zur «Odyssee Europa» sogar das Programm. Diese Aufmerksamkeit könne man «gut gebrauchen», räumt er ein. Von einem nachhaltigen Effekt des Ruhr.2010-Programms auf die Kulturszene geht er allerdings nicht aus.