Zum Auftakt der 24. Münchner Medientage hat der bayerische Ministerpräsident Horst Seehofer (CSU) die Fernsehsender vor einer Vernachlässigung der Information der Bürger gewarnt. Seehofer sagte am Mittwoch, Nachrichten müssten auch in den Privatsendern Programmbestandteil bleiben. Unterdessen bahnt sich zwischen Verlegern und öffentlich-rechtlichem Rundfunk eine Annäherung in der Frage an, wie eine Wettbewerbsverzerrung in der digitalen Medienwelt möglichst gering gehalten werden kann.
Seehofer wandte sich mit seiner Rede nicht nur an die Privatsender, sondern auch an den öffentlich-rechtlichen Rundfunk. Dieser müsse "intensiver versuchen", junge Menschen nicht nur mit Unterhaltung zu erreichen, sondern auch mit zeitgemäßen Informationen. Die Chance des öffentlich-rechtlichen Rundfunks liege nicht in der Quantität, sondern in der Qualität.
Döpfner fordert Extra-Gebühren für Digitalangebote der Öffentlich-Rechtlichen
Der Vorstandsvorsitzende der Axel Springer AG, Mathias Döpfner, gab anschließend in einer Keynote einen optimistischen Ausblick ins digitale Zeitalter der Medien. "Wir stehen am Beginn einer großen Evolution und Revolution", sagte Döpfner. Die Digitalisierung bringe gravierende Veränderungen, neue Formen der Kommunikation und zivilisatorische Entwicklungen mit sich.
Als Gefahr bezeichnete er die Gratiskultur im Internet. "An diesem Problem sind wir maßgeblich Schuld", sagte Döpfner. Die Verlage hätten Inhalte in den vergangenen 15 Jahren kostenlos als Marketing angeboten. Dies zu ändern sei schwer, "aber nicht unmöglich". Insbesondere bei mobilen Geräten seien die Menschen daran gewöhnt, für die Nutzung von Dienstleistungen zu zahlen. "Die Zeitung und die Zeitschrift der Zukunft sind Smartphones und Tablets", sagte Döpfner.
Von den öffentlich-rechtlichen Sendern, die von den Verlegern wegen printähnlicher Berichterstattung im Internet kritisiert werden, forderte der Springer-Vorstand, für neue Angebote wie Apps zusätzliche Gebühren von den Nutzern zu verlangen.
Die digitalen Inhalte von ARD und ZDF dürften nicht über die bestehende Rundfunkgebühr finanziert werden. Kostenlose Angebote der Öffentlich-Rechtlichen ruinierten "die Basis für ein künftiges Geschäftsmodell der privaten Anbieter in der digitalen Welt".
Kostenlose Apps bei ARD keine Ideologie
Die Vertreter von ARD und ZDF reagierten bei einer anschließenden Podiumsdiskussion offen auf Döpfners Einwurf. Es sei keine Ideologie, Angebote wie Apps kostenlos anzubieten, sagte der ARD-Vorsitzende Peter Boudgoust. Zwar gebe es die "Tagesschau"-App kostenlos, für andere Angebote würden künftig aber auch zusätzliche Entgelte fällig.
ZDF-Intendant Markus Schächter sagte, Döpfners "Grundlage gefällt mir gut". Die Öffentlich-Rechtlichen spielten im Internet im Vergleich etwa mit "Spiegel Online" keine große Rolle, daher sei es sinnvoll, "Schlachten von gestern" zu vergessen und stattdessen über Inhalte und Qualität zu sprechen.
Döpfner hatte auch gefordert, dass die öffentlich-rechtlichen Sender in allen Bereichen auf Werbung verzichten und sich ausschließlich über Gebühren finanzieren sollen. Seehofer sagte, er sei "explizit dafür" und bezeichnete Werbefreiheit als mögliches Qualitätsmerkmal. Bei den Beratungen zum 15. Rundfunkänderungsstaatsvertrag sei es zunächst aber um die Gebührenstabilität gegangen, die mit der künftigen Haushaltsabgabe erreicht werde.
Der Präsident vom Verband Privater Rundfunk und Telemedien (VPRT), Jürgen Doetz, wollte die von seinem Verband seit langem geforderte Werbefreiheit der Öffentlich-Rechtlichen nicht wiederholen. Die Argumente seien bekannt. Stattdessen wandte sich Doetz an Seehofer, der bei diesem Thema als Ministerpräsident die
Möglichkeit zum Handeln verspielt habe: "Sie müssten's langsam kapiert haben."
ZDF-Intendant Schächter: Annäherung im Streit um digitale Angebote
München - Im Streit um kostenlose Angebote im Internet und für mobile Geräte nähern sich Verlage und öffentlich-rechtliche Sender einander an. ZDF-Intendant Markus Schächter sagte bei den Medientagen München, dass es in den vergangenen drei Wochen "eine Reihe von Gesprächen" beider Seiten darüber gegeben habe, "wie wir die Schlachten früherer Zeiten beenden". Hierfür brauche es "vernünftige Perspektiven".
Die zu erwartende Expansion der Unternehmen Google und Apple auf dem deutschen Internet-TV-Markt stelle sowohl die öffentlich-rechtlichen Sender als auch die Verlage vor neue Herausforderungen, auf die man sich gemeinsam einstellen müsse. Während Google in den USA auf ein Hybrid-Modell aus Fernseh- und Webangeboten setzt, baut Apple das TV-Angebot seiner Plattform iTunes aus. Inhalte von Verlagen und Sendern drohten somit gleichermaßen, Bestandteil fremder Geschäftsmodelle zu werden, sagte Schächter.
Um der drohenden Konkurrenz zu begegnen, seien Gespräche mit den Verlagen Springer und Burda geplant, sagte Schächter weiter. Auch alle anderen Verlage seien eingeladen, sich daran zu beteiligen. Wie ein Zusammenspiel von Sendern und Verlagen konkret aussehen könne, sei noch unklar. "Ich weiß nicht, ob wir zu einem Durchbruch gelangen", sagte Schächter. Dieser sei nun jedoch "näher als vorher".
Der Vorstandsvorsitzende der Axel Springer AG, Mathias Döpfner, hatte am Vormittag die Bedeutung des dualen TV-Systems betont und zugleich gefordert, dass die öffentlich-rechtlichen Sender für digitale Angebote wie Apps künftig zusätzliche Gebühren erheben müssten. Schächter und der ARD-Vorsitzende Peter Boudgoust zeigten sich offen für Döpfners Einwurf.