Berlin/Weimar - Hellmut Seemann bleibt überraschenderweise Präsident der Klassik Stiftung Weimar. Der neunköpfige Stiftungsrat verlängerte den Vertrag des 57-Jährigen am Donnerstag einstimmig um weitere vier Jahre, wie das Gremium nach seiner Sitzung in Berlin mitteilte. Der Berliner Literaturprofessor Ernst Osterkamp hatte seine Kandidatur kurz vor der Abstimmung zurückgezogen.
Kulturstaatsminister Bernd Neumann (CDU) lobte die Wahl. Bei den Thüringer Parteien fielen die Reaktionen gemischt aus. Ursprünglich hatte der Stiftungsrat im Oktober beschlossen, Seemanns Vertrag nicht zu verlängern. Der Vorsitzende des Gremiums, Thüringens Kultusminister Christoph Matschie (SPD), hatte ihm persönliche Versäumnisse sowie mangelhaftes Management vorgeworfen und sich nachdrücklich für einen Wechsel an der Spitze der bedeutenden Kulturstiftung eingesetzt. Nach der öffentlichen Ausschreibung des Postens hatte sich Seemann aber erneut beworben. Gemeinsam mit Osterkamp gelangte der Amtsinhaber auf Vorschlag einer Findungskommission in die Endauswahl.
Wieso sich Osterkamp in letzter Minute gegen eine Kandidatur entschied, ließ Matschie auf Anfrage offen. Der Professor selbst war für eine Stellungnahme zunächst nicht zu erreichen. Der Minister rief Seemann nun zur Zusammenarbeit auf. Es gehe um eine stabile Entwicklung der Stiftung, sagte er. Dazu müssten sich die Beteiligten aufeinander zubewegen. «Ich bin dazu bereit», sagte Matschie. «Herr Seemann muss jetzt zeigen, dass er die Stiftungsarbeit gemeinsam mit dem Stiftungsrat weiterentwickeln kann», fügte er hinzu. Zum Stiftungsrat zählen Vertreter von Land, Bund und der Stadt Weimar sowie drei unabhängige Vertreter.
Die Stiftung müsse sich inhaltlich und konzeptionell weiterentwickeln, forderte Matschie. Ihr nationaler und internationaler Ruf müsse gestärkt werden. Über die Ausrichtung solle in den kommenden Monaten beraten werden. Dazu werde ein Gutachten des Wissenschaftsrats abgewartet. Um einen persönlichen Konflikt zwischen ihm und Seemann sei es nie gegangen, betonte Matschie.
Seemanns Amtszeit war umstritten. Wichtige Projekte wie der Bau des neuen Bauhaus-Museums verzögerten sich. Die Besucherzahlen in den Museen, Schlösser und Kulturstätten waren im vergangenen Jahr um sieben Prozent auf 800.000 Besucher zurückgegangen.
Derweil würdigte Kulturstaatsminister Neumann Seemann als «hochqualifizierten Bewerber». Er bringe mit seiner Erfahrung, seiner langjährigen Vernetzung im Kulturbereich und der Kontinuität im Amt beste Voraussetzungen für eine erfolgreiche Zukunft mit.
Linke-Kulturexpertin Birgit Klaubert wertete die Entscheidung als «eine große persönliche Niederlage für Minister Matschie». Die Berufung des eigentlich schon geschassten Seemanns sei hochpeinlich. Nun müsse öffentlich über den neuen Kurs der Stiftung beraten werden, forderte Klaubert.
CDU-Fraktionschef Mike Mohring begrüßte das Votum des Stiftungsrats. «Jetzt gilt es, nach vorne zu blicken und zahlreiche zu lösende Aufgaben anzupacken», sagte er. Das reiche kulturelle Erbe der Stiftung könne durchaus noch mehr glänzen.
Die Grünen verlangten eine Rückkehr zur Sacharbeit. Gleichzeitig hoffe sie, dass mit der erneuten Berufung Seemanns «auch eine neue Kultur der Zusammenarbeit Einzug hält», sagte Kulturpoplitikerin Astrid Rothe-Beinlich.
Auch die SPD wünscht sich von Seemann neue Impulse. «Weimar muss vor Provinzialität und einem damit einhergehenden Bedeutungsverlust be ahrt werden. Hellmut Seemann muss jetzt unter Beweis stellen, dass er neue Ideen entwickeln kann», sagte Fraktionschef Uwe Höhn.
Die Klassik Stiftung ist die zweitgrößte Kulturstiftung Deutschlands und für nahezu sämtliche Museen in Weimar verantwortlich. Zu den 25 Einrichtungen zählen unter anderem die Wohnhäuser von Johann Wolfgang von Goethe (1749-1832) und Friedrich Schiller (1759-1805) sowie die Herzogin Anna-Amalia-Bibliothek. Seemann ist seit 2001 der Präsident.