Hannover - In Hannover trifft sich die Chor-Szene zu einem Branchentreffen. Von der Zusammenkunft soll ein Aufbruchssignal ausgehen, denn in der Pandemie haben viele Sängerinnen und Sänger das gemeinsame Proben schmerzlich vermisst.
Nach eineinhalb Jahren mit Corona-Einschränkungen hoffen Tausende Chöre in Deutschland auf einen Neustart mit gemeinsamen Proben und Auftritten. «Welche positive Wirkung das Singen auf die Seele hat, ist wissenschaftlich vielfach erforscht und haben Millionen von Menschen durch den Mangel erlebt», sagte Stephan Doormann, künstlerischer Leiter der Messe chor.com der Deutschen Presse-Agentur. Zu dem Treffen der Chorszene mit rund 30 Konzerten in Hannover werden Besucher aus ganz Deutschland und darüber hinaus erwartet. «Gemeinsames Singen in Präsenz ist durch nichts zu ersetzen», betonte der Chorleiter aus Celle.
Weil beim Singen noch mehr Aerosole verteilt werden als beim Sprechen, waren Chorproben und -konzerte in der Pandemie monatelang verboten. Auch in Kirchen herrschte lange Singverbot. Viele Chöre trafen sich digital - wenngleich das gemeinsame Singen per Videokonferenz schwierig ist. In den Sommermonaten konnten Ensembles zumindest im Freien wieder proben. Teilweise erhielten Chöre und Orchester auch die Möglichkeit, in Stadthallen oder Kirchen zu üben, um die Abstandsregeln einzuhalten.
Die vom Deutschen Chorverband (DCV) veranstaltete chor.com bietet bis Sonntag für Chorleitende, Sängerinnen und Sänger und andere Musiker unter anderem Workshops und Vorträge an. Allein im DCV sind mehr als eine Million Sängerinnen und Sänger organisiert. Hinzu kommen noch Hunterttausende weitere - etwa die Mitglieder von Kirchen- oder Schulchören.
Doormann kritisierte, dass in Niedersachsen für Schulchöre strengere Auflagen gelten als für Ensembles außerhalb der Schule. Diese Ungleichbehandlung müsse unbedingt in der neuen Corona-Verordnung korrigiert werden - zumal bereits ein großer Teil der über Zwölfjährigen geimpft sei. Auch der Präsident des Deutschen Chorverbandes, Christian Wulff, kritisierte die Benachteiligung von Kindern und Jugendlichen in der Pandemie. «Die Schulen sind strenger geregelt als die Erwachsenenwelt - das ist empörend!», sagte der ehemalige Bundespräsident im Interview mit der «Hannoverschen Allgemeinen Zeitung».
«Die chor.com will ein positives Aufbruchssignal für die Zukunft setzen», betonte Doormann. Über die Lehren aus der Pandemie hinaus gehe es um Zukunftsthemen wie Vielfalt, Digitalisierung und die Auseinandersetzung mit aktuellen gesellschaftlichen Fragen. «Wir haben in Deutschland eine sehr vitale Szene.» Es entwickelten sich immer wieder neue Formate - derzeit etwa viele zum spontanen Mitmachen wie Flashmob-Chöre.