München - Seit Jahren laufen die Planungen für das Konzerthaus in München - und es wird debattiert, vor allem wegen der hohen Kosten. Muss so ein teurer Bau in Zeiten knapper Kassen wirklich sein? Starviolinistin Anne-Sophie Mutter hat dazu eine dezidierte Meinung.
Stargeigerin Anne-Sophie Mutter wirft dem Freistaat Bayern mit Blick auf das geplante Konzerthaus Wortbruch vor. Ihre Kritik richtete sie insbesondere an Ministerpräsident Markus Söder (CSU), der angesichts der stark gestiegenen Kosten für das Prestigeprojekt eine Denkpause angeordnet hatte, aber auch an dessen Amtsvorgänger Edmund Stoiber und Horst Seehofer (beide CSU). «Alle drei Herren haben ja gesagt irgendwann mal, und haben ihr Wort gebrochen, fröhlich pfeifend», sagte Mutter in einem am Dienstag veröffentlichten Podcast des Symphonieorchesters des Bayerischen Rundfunks (BRSO). Eine Äußerung, die Kritik hervorrief.
Kunstminister Markus Blume (CSU) wies Mutters Vorwürfe zurück: «Ich verstehe die Aufregung nicht.» Die Planungen für das Konzerthaus liefen ja weiter. «Aber es muss gleichzeitig erlaubt sein zu überlegen, wie man in diesen Zeiten verantwortungsvoll Prioritäten setzt», sagte Blume. «Persönlich würde ich mir mehr Gespür für das wünschen, was die Menschen im Moment wirklich an Nöten bewegt.»
Die Intendantin des Bayerischen Rundfunks (BR), Katja Wildermuth, stellte klar: «Mich hat bislang keine Absage seitens des Freistaats erreicht, vielmehr schreiten die Planungen und Überlegungen meines Wissens weiter voran.» Die Zeiten seien schwierig. Trotzdem bleibe sie optimistisch, dass das «Weltklasse-Orchester» am Ende eine gute Heimstätte finden werde, «in der ersten Digital Concert Hall des 21. Jahrhunderts, einem architektonischen Highlight mit Schwerpunkt auf Begegnungen und Musikvermittlung.»
Das Konzerthaus soll Spielstätte des renommierten BRSO werden. Besonders am Herzen lag das Prestigeprojekt dem verstorbenen Chefdirigenten Mariss Jansons. Auch sein Nachfolger Sir Simon Rattle, der im Herbst in München starten soll, ist ein großer Verfechter. Die Gegner des Vorhabens fürchten dagegen exorbitante Kosten, im Bereich von bis zu einer Milliarde Euro.
Mutter verwies indes auf die Elbphilharmonie in Hamburg. «Was da reinschwimmt an Geld und Tourismus ist unfassbar, weil das Gebäude so aufregend ist, weil man das gesehen haben will», sagte die berühmte Violinistin. «Sowas wünsche ich mir für Bayern, für München, ein Gesamtkonzept, ein Gesamtkunstwerk, wo sich Leute wohlfühlen, egal welchen Alters.»
Die von vielen gelobte Isarphilharmonie im neuen Kulturzentrum HP8, die den Münchner Philharmonikern während der mehrjährigen Sanierung des Gasteig als Ausweichspielstätte dient, ist nach Ansicht Mutters kein Ersatz für das geplante Konzerthaus. So gebe es für Musiker vor Konzerten praktisch keine Probemöglichkeiten, die Arbeitsbedingungen seien absolut nicht tragbar. «Großes Kompliment fürs Provisorium», aber als dauerhafte Lösung sei das nicht gut genug. Auch die Verkehrsanbindung ist in Mutters Augen viel zu schlecht. «Post-Corona ist das für die klassische Musik eigentlich der Todesstoß hier in München.»