Ende November hat der Sturm begonnen: In Dortmund, Magdeburg und Leipzig wurden Opernhäuser bestreikt. Vorstellungen fielen aus oder es gab Musik vom Band wie in Leipzig – eine besonders fragwürdige Form der Publikumsbefriedung.
Gerald Mertens, Geschäftsführer der Deutschen Orchestervereinigung: „Die Zeit der Warnstreiks ist vorbei.“ Warum die Gewerkschaft die jüngste Verhandlungsrunde mit dem Deutschen Bühnenverein (DBV) hat platzen lassen – es war der bislang letzte Versuch, über die Neufassung des Tarifvertrages für die Musiker in Kulturorchestern (TVK) Einigkeit zu erzielen –, ist auf den ersten Zeitungsleserblick kaum ersichtlich.
Gestritten wird um Details der „Anpassungsklausel“, die die Bindung der Orchestermusiker an die Tarifentwicklung der Beschäftigten des öffentlichen Dienstes gewährleistet. Misstrauen herrscht bei der DOV, inwieweit diese Anpassungsautomatik tatsächlich greift. Umgekehrt wittert DBV-Geschäftsführer Rolf Bolwin das abenteuerliche Bestreben, Abschlüsse einklagen können zu wollen. „Vollkaskomentalität“ sagt er dazu. Die DOV wiederum sorgt sich um den Bestand eines bisher weitgehend einheitlichen Tarifrechts der künstlerisch Beschäftigten. Was ist, fragt Mertens, wenn der neue Rechtsträger nicht in die kommunalen Arbeitgeberverbände eintritt?
So diffizil der Sachstand sich darstellt, so sehr folgt dessen öffentliche Darstellung dem Muster des Simplifizierens, Emotionalisierens. „Abkoppelung vom öffentlichen Dienst“, wovon die DOV gern spricht, scheint jedenfalls ein zu grober Klotz, als dass damit der differente Diskussionsstand abgebildet wäre. Die DOV ihrerseits ärgert sich über die Taktik des DBV, den Musikern ab 1. November 08 das Zuckerbrot einer 1,5 Prozent-Erhöhung nebst 50 Euro monatlich bei kommunalen Orchestern zu gewähren, der Musiker-Organisation als Ganzer zugleich jedoch mit der Peitsche einer Kündigung des Gesamt-Tarifvertrags zum 31. März 09 zu drohen. Am 4. Dezember will man sich noch einmal treffen.