Berlin - Die Kulturszene steckt im Corona-Lockdown fest. Für die Rückkehr in Museen und Theater haben die Kulturminister nun ein Szenario erarbeitet. Doch mit der Öffnung droht schon die nächste Krise.
Museen zusammen mit Einzelhandel, Theater mit den Kneipen - über einen drei Stufen umfassenden Plan wollen die Bundesländer «Kultur wieder ermöglichen». In einem gemeinsamen Papier skizzieren die Kulturministerinnen und -minister, wie die Kulturszene und ihre Einrichtungen sich nach einem Ende des Corona-Lockdowns wieder einem Alltag nähern könnten.
Die aktuellen Beschränkungen des Kulturlebens sollen dann «schrittweise wieder aufgehoben werden», heißt es in dem Papier, das der Deutschen Presse-Agentur in Berlin vorliegt. Das entspannt die Lage nur scheinbar: Der Museumsbund fürchtet bereits neue Sparrunden.
Konkrete Daten werden von Seiten der Länder nicht genannt. Das Papier hatten Bundeskanzlerin Angela Merkel (CDU) und die Regierungschefs bei den Kulturressorts für ein Eröffnungsszenario angefordert. Nun liegt das Konzept bei den Staats- und Senatskanzleien.
Die einzelnen Schritte sollen «im Einklang mit den Lockerungen in allen Bereichen des öffentlichen Lebens und der Wirtschaft» erfolgen. Damit wollen die für Kultur zuständigen Ressortspitzen «der grundrechtlich geschützten Kunstfreiheit gerecht werden».
«Die Kultureinrichtungen haben im letzten Jahr passgenaue Hygiene- und Schutzkonzepte ermöglicht, die einen verantwortungsbewussten Betrieb zulassen», heißt es. Dabei wird auch auf Erfahrungen etwa mit der Maskenpflicht verwiesen. «Die Beachtung der Abstands- und Hygieneregeln sind für die Besucher von Kultureinrichtungen eine Selbstverständlichkeit.» Zudem gebe es Nachverfolgbarkeit der Besucherkontakte und Schutzkonzepte für die Beschäftigten.
Als «wichtiger Faktor» wird zudem die Belüftungssituation beschrieben. Viele Kultureinrichtungen wie etwa Museen verfügen für den Schutz ihrer Sammlungen über hochwertige Klima- und Belüftungsanlagen. Andere Einrichtungen haben technisch nachgerüstet.
Für die Öffnung wollen die Länder «grundsätzlich» in drei Stufen vorgehen. «Korrespondierend mit der Wiedereröffnung der Schulen und Kitas werden die außerschulischen Bildungsangebote der Kultureinrichtungen und der Musik- und Kunstschulen wieder zugelassen», heißt es.
Museen, Galerien, Gedenkstätten und Bibliotheken sowie vergleichbare Einrichtungen sollen aus Sicht der Kulturminister «spätestens mit der Eröffnung des Einzelhandels einen Basisbetrieb für die Öffentlichkeit anbieten.» Daneben sollen Freiluftveranstaltungen mit bis zu 250 Teilnehmerinnen und Teilnehmern erlaubt sein.
In einer dritten Stufe sollen Veranstaltungen in Theatern, Opernhäusern und Konzerthäusern, Kinos und ähnlichen Gebäuden möglich gemacht werden. Dieser Schnitt soll «spätestens dann» ermöglicht werden, «wenn auch Betriebe der Gastronomie wieder öffnen».
Für die Besetzung mit Publikum gilt: «Grundsätzlich ist dabei ein Mindestabstand bei einem nachverfolgbaren festen Sitzplan einzuhalten.» Zudem sollen zu diesem Zeitpunkt der Vollbetrieb der Museen und Freiluftveranstaltungen mit 500 Personen gestattet werden.
Einige Länder betrachten es als einen vierten Schritt, wenn bei leistungsfähigen Lüftungsanlagen eine Schachbrettsetzung im Publikum mit einem Mindestabstand von nur einem Meter zugelassen werden soll.
Nach einem Ende der Einschränkungen fürchten Museen bereits mehr finanziellen Druck durch Einsparungen in öffentlichen Haushalten. «Wir brauchen eine grundsätzliche Diskussion nach dieser Krise, wie wir mit unserer Infrastruktur umgehen wollen», sagte der Präsident des Deutschen Museumsbundes, Eckart Köhne, der dpa in Berlin. «Wir haben fette Jahre hinter uns mit sprudelnden Steuereinnahmen, in denen wir es versäumt haben, unsere Infrastruktur weiterzuentwickeln. Das ist kein Problem allein der Museen.»
Köhne, der auch Direktor des Badischen Landesmuseum in Karlsruhe ist, erwartet bei der Aufarbeitung der Corona-Folgen mit den wirtschaftlichen Kosten neue Löcher in öffentlichen Budgets. Dann müsse es darum gehen, die fürs Zusammenleben wichtigen Strukturen zu erhalten. «Das sind in Städten, Kommunen, Dörfern die Kultureinrichtungen wie Theater oder Museen und die freie Szene. Dieses Leben in der Stadt muss als Infrastruktur geschützt werden.»
Erste Anzeichen sieht der Verbandschef bereits. «Die vielen kommunalen Museen sind das Rückgrat der Museumsszene. In den Kommunen gibt es Zusatzbelastungen durch die Pandemie, die man auffangen muss. Wie so oft ist dann die Kultur ein Opfer dieser Vorgänge.» Einige Städte hätten bereits ihre Kulturetats gekürzt. Kultur rangiere in den Haushalten aber immer deutlich unter einem Prozent. «Mit diesen geringen Mitteln lassen sich keine Haushalte retten. Aber wenn man die Kultur kürzt, tut es allen weh und so wird die Kultur letztlich Opfer einer Symbolpolitik.»
Kommunen müssen aus Sicht Köhnes Handlungsspielraum und Möglichkeiten verschafft werden, «weiter lebenswerte Städte zu betreiben, indem man in Museen, Theater, Musikschulen, in die freie Szene investiert, in diesen ganzen Bereich, der eine Stadt erst lebenswert macht.» Einen Rückgang erwartet er bei Ausstellungen, die von lokalem Publikum leben. «Die dafür notwendigen Mittel sind in der Breite der Museumsszene auch in den kleineren Kommunen aufzubringen. Das wird zunehmend schwerer werden. Da wird man Einschnitte spüren.»
Die Museen wollen sich laut Köhne künftig stärker für ihre Interessen einsetzen. «Wir müssen für uns Lobbyarbeit leisten. Denn es darf uns nicht nochmal passieren, dass wir mit Spaßbädern und Bordellen in den Freizeitbereich abgeschoben werden. Das hat uns sehr getroffen.»