Stuttgart - SWR-Intendant Peter Boudgoust hat sich für einen Zusammenschluss der Rundfunkorchester im Südwesten ausgesprochen. "Vor die Wahl gestellt entscheide ich mich gegen zwei ins Mittelmaß klein gesparte Ensembles und spreche mich aus Überzeugung für ein starkes großes Orchester aus", sagte Boudgoust bei der Sitzung des Rundfunkrats am Freitag in Stuttgart. Bis 2020 müsse der Südwestrundfunk 166 Millionen Euro einsparen und seine Reformfähigkeit unter Beweis stellen. Dies gelte auch für die Neuausrichtung der Regionalstudios.
Boudgost sagte: "Ziel ist es, unsere Orchester an der Weltspitze zu halten und die regionale Berichterstattung als Markenzeichen des SWR in die digitale Welt zu überführen." Für die Idee eines Zusammenschlusses der Orchester war er bereits von verschiedenen Seiten kritisiert worden.
Boudgoust will strukturelle Hemmnisse abbauen und inhaltliche Kompetenzen stärken. Aber auch die Neuausrichtung der Regionalstudios stößt nicht überall auf Gegenliebe. Mittelfristig schwebt dem Intendanten - wie in Rheinland-Pfalz und wie auch sonst in der ARD praktiziert - in Baden-Württemberg eine landesweite Frühsendung auf SWR4 vor. Dabei sollen die Studios selbst, wie auch alle Regional- und Korrespondentenbüros sowohl in Baden-Württemberg als auch in Rheinland-Pfalz, erhalten bleiben.
Europaminister Peter Friedrich (SPD) kritisierte die Äußerungen des SWR-Intendanten. Friedrich sagte zur Zusammenlegung der Rundfunkorchester: "Es ist ein Trugschluss zu denken, Kultur interessiere nur eine Minderheit der Menschen in Baden-Württemberg", sagte Friedrich am Freitag. Bei den Sparbemühungen müssten die Orchester ihren Beitrag liefern, dürften aber nicht im Fokus der Sparanstrengungen liegen. Schließlich mache ihr Budget nur einen kleinen Teil der SWR-Aufwendungen aus. "Sie sind aber Kristallisationspunkte des öffentlich rechtlichen Auftrags des SWR und Alleinstellungsmerkmale des Senders", sagte Friedrich, der auch Mitglied im Verwaltungsrat des SWR ist. Die Donaueschinger Musiktage gehörten zum Kulturauftrag des Senders, dazu gehören auch entsprechende Orchester. Eine Zusammenlegung zu einem Orchester lehnte Friedrich ab.
Sportbegeisterte subventionieren Kulturprogramme
Da die Reform erst 2016 greife, bleibe genug Zeit, um mit den Mitarbeitern den genauen Weg zu erarbeiten. "Statt in Parallelstrukturen stecken wir unser Geld künftig verstärkt in Reporter, die Themen und Geschichten recherchieren sollen in den Regionen", betonte Boudgoust.
Der Programmauftrag Information, Bildung und Unterhaltung werde gleichrangig behandelt, sagte Boudgoust. "Es wäre fatal, würden wir die regional verankerten 'Tatorte' des SWR, 'Report Mainz', die Eifel-Spielfilme 'Der Bulle und das Landei' oder Serien wie die 'Fallers' gegen Regionalnachrichten und Orchester, SWR3 gegen SWR2 oder 'Verstehen Sie Spaß?' gegen eine Kulturdokumentation ausspielen", sagte der Intendant.
Auch das oft angeführte Argument, an Sportrechten zu sparen, führe in die Irre: "Millionen Sportbegeisterte zahlen gerne ihre Rundfunkgebühr, weil sie samstags eine erstklassige 'Sportschau' bekommen. Millionen Sportbegeisterte subventionieren also de facto mit ihrer Gebühr Kulturprogramme und auch Orchester, die vergleichsweise nur für eine Minderheit interessant sind. Genau das macht die Stärke des solidarisch finanzierten öffentlich-rechtlichen Rundfunks aus, die umgekehrt aber auch die Kulturliebhaber nicht in Frage stellen sollten", sagte Boudgoust.
s. auch Pressemeldung des SWR zur Orchester- und Studioreform