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Tenor Peter Schreier fordert Konzerthaus für Dresden - Stiftung geplant

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Dresden - Freude schöner Götterfunken. Mit der auf der Geige gespielten 9. Sinfonie Beethovens versuchte am Donnerstagabend der Erste Konzertmeister der Dresdner Philharmonie, Wolfgang Hentrich, den Dresdner Stadtrat für den Umbau des Kulturpalastes zu begeistern. Bei einer Expertenanhörung im Rathaus hatte ihn die CDU genau dafür ins Rennen geschickt. Die Linke bot mit Peter Schreier einen international renommierten Tenor und Dirigenten auf, der anstelle des Umbaus für ein neues, eigenständiges Konzerthaus eintrat - und mit dieser Meinung längst nicht der einzige prominente Musiker ist.

Dabei will Oberbürgermeisterin Helma Orosz (CDU) lieber heute als morgen ihr Wahlversprechen einlösen und die ersten Planungsleistungen für den Umbau des Kulturpalastes vergeben. Bereits im Juli 2008 hatte der Stadtrat grundsätzlich für einen Umbau des maroden Veranstaltungshauses am Altmarkt gestimmt - gegen den Willen von SPD und Linker. Für rund 65 Millionen Euro soll im Kulturpalast ab 2012 ein moderner Konzertsaal entstehen.

SPD und Linke wollen dagegen den bisherigen Multifunktionssaal erhalten. Schreier setzte sich vor dem Stadtrat vehement für den Bau eines neuen Konzerthauses in Dresden ein. «Ich spreche hier nicht für irgendein Orchester», sagte der 74-Jährige, «ich spreche für Dresden.» Die Bedeutung der Stadt in der weltweiten Kulturszene hänge in hohem Maße vom Ambiente ihrer Einrichtungen ab. Auch deshalb hätten alle großen Orchester in den vergangenen Jahren einen Bogen um Dresden gemacht.

Ein neues, modernes Konzerthaus für die Dresdner Philharmonie und die Sächsische Staatskapelle sei daher kein Luxus, sondern unbedingt nötig. Der Wiederaufbau der Frauenkirche habe bewiesen, dass Großes innerhalb kurzer Zeit realisiert werden könne, sagte Schreier, der unter anderem die Berliner Philharmoniker, die Hamburger Symphoniker, die Dresdner Staatskapelle und das Los Angeles Philharmonic Orchestra dirigierte.

Um den Neubau und die behutsame Sanierung des 1969 eröffneten Kulturpalastes finanzieren zu können, setzten die Befürworter bis zuletzt auf eine großzügige Beteiligung des Freistaats. Nachdem
Sachsens neue Kunstministerin Sabine von Schorlemer (parteilos) jedoch ihre Ablehnung eines neuen Konzerthauses signalisierte, denken sie nun über die Gründung einer Stiftung nach. Bis zu 40 Millionen
Euro könnten auf diese Weise nach Ansicht Schreiers eingenommen werden.

Schreier betonte, dass ein Neubau auch deshalb sein Geld wert sei, da er für steigende Touristenzahlen sorgen könne. Der Siegerentwurf für den Umbau des Kulturpalastes beeindrucke ihn zwar. Doch den geplanten Verzicht auf einen Orchesterprobensaal könne er nicht nachvollziehen: «Ich kenne kein Konzerthaus in der Welt ohne Probensaal.»

Einen Umbau verhindern will unter allen Umständen auch der Architekt des Kulturpalastes, Wolfgang Hänsch. Er bat am Donnerstag um Verständnis, dass er nun als letzten Ausweg seine Urheberrechte in Anspruch nehmen wolle. Er bezeichnete den Mehrzwecksaal als «weltweit einmalig» und seine geplante «Zerstörung» als «unverzeihliches Vergehen». Dann könne es im Kulturpalast keine Unterhaltungsveranstaltungen mehr geben.

Zuletzt hatten sich 28 Dirigenten aus aller Welt für den Neubau eines Konzerthauses eingesetzt. Neben dem Generalmusikdirektor der Sächsischen Staatskapelle, Fabio Luisi, und ihrem künftigen Chefdirigenten Christian Thielemann plädierten unter anderen Sir Colin Davis, Kent Nagano, Herbert Blomstedt und Daniel Barenboim für das Vorhaben. In einem von ihnen unterzeichneten Appell betonten sie, dass es Dresden noch immer an einem erstklassigen Konzertsaal mangele, «um sich dauerhaft mit internationalen Musikmetropolen wie Berlin, Wien, Amsterdam, St. Petersburg, New York und Tokio vergleichen zu können».

 

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