Anklam/Schwerin - Die Vorpommersche Landesbühne in Anklam hält entgegen der vom Land geplanten Theaterstruktur an ihrer Eigenständigkeit fest und plant einen gemeinsamen Theatervertrag mit dem Mecklenburgischen Staatstheater in Schwerin. Entsprechende Pläne seien bereits mit dem Schweriner Generalintendanten Joachim Kümmritz vereinbart worden, sagte der Anklamer Intendant Wolfgang Bordel am Montag in Anklam. Damit würden die beiden am effizientesten arbeitenden Theater in Mecklenburg-Vorpommern miteinander kooperieren.
Anders als bei der von Kultusminister Henry Tesch (CDU) angestrebten Zusammenarbeit von Anklam mit der Theater und Orchester GmbH Neubrandenburg/Neustrelitz oder mit dem Theater Vorpommern würde die Eigenständigkeit des Theaters Anklam erhalten bleiben, unterstrich Bordel. Er warf zugleich dem Minister fehlende Gesprächsbereitschaft und mangelndes Demokratieverständnis vor. Durch den Schulterschluss mit Schwerin würden nach den geltenden Leistungskriterien wie Zuschauerzahlen und Einwohnerzahlen beiden Bühnen sogar zusätzliche Landeszuschüsse in Höhe von rund 600 000 Euro zustehen, die aufgeteilt würden.
Bordel bezeichnete die Lösung als letzte Option für den Fall, dass das neue Finanzausgleichsgesetz (FAG) vom Landtag beschlossen werde. Demnach würden die vom Kultusministerium vorgesehenen Mittelzuweisungen für das Einsparten-Theater Anklam ab 2010 komplett gestrichen. Bislang erhielt das Theater über den Ausgleich jährliche Zuwendungen in Höhe von 1,25 Millionen Euro. Für den Fall, das Anklam künftig leer ausginge und auch keine Zusammenarbeit mit Schwerin eingehen könnte, stehe das Theater zum 60. Bühnenjubiläum 2010 vor dem endgültigen Aus, warnte der Intendant.
Ostvorpommerns Landrätin Barbara Syrbe (Linke) verwies darauf, dass das Theater Anklam mit seinen 50 Beschäftigten allein in diesem Sommer gleichzeitig an sieben Orten insgesamt 260 Vorstellungen anbiete. Statt mit den Kommunen vor Ort zu sprechen, zwinge Tesch ein kleines, erfolgreiches Theater, das in der Region ein regelrechtes Theaterfieber ausgelöst habe, zu einer existenzbedrohenden Fusion, kritisierte sie. Das seit 17 Jahren bespielte Theaterzelt «Chapeau Rouge» auf Usedom sei nicht mehr wegzudenken, ergänzte der Heringsdorfer Bürgermeister Klaus Kottwittenborg (parteilos). Sein Anklamer Amtskollege Detlef Butzke bezeichnete die gemeinsamen Pläne mit Schwerin als extreme, aber letzte Chance, die Identität der Vorpommerschen Landesbühne zu wahren.
Nach einem Eckpunktepapier der Landesregierung soll die Theaterlandschaft wegen rückläufiger Einwohnerzahlen und sinkender Leistungen aus dem Solidarpakt II bis 2020 stufenweise umstrukturiert werden. Demnach sollen Kooperationen der Häuser beziehungsweise Orchester zwischen Schwerin und Parchim, Anklam und Neubrandenburg/Neustrelitz oder Vorpommern (Stralsund, Greifswald, Putbus) sowie Güstrow und Wismar Vernetzungen eingehen. Im Gegenzug verpflichtet sich das Land, seine Zahlungen in Höhe von insgesamt 35,8 Millionen Euro bis 2020 stabil zu halten. Der erste Theatervertrag war vom Land in der vergangenen Woche mit der Theater und Orchester GmbH Neubrandenburg/Neustrelitz unterzeichnet worden.