Ungarns rechts-nationale Regierung hat am Montag im Parlament einen umstrittenen Gesetzesentwurf zur verstärkten Gängelung und Kontrolle der Kultur im Lande eingereicht. Die Vorlage, die der stellvertretende Ministerpräsident Zsolt Semjen unterzeichnete, sieht die Schaffung eines Nationalen Kulturrates vor, der die „fachliche Basis für die strategische Lenkung der kulturellen Sektoren durch die Regierung gewährleisten“ soll. Eine frühere, interne Version des Entwurfs, die in der vergangenen Woche durchgesickert war, hatte heftige Proteste unter Kulturschaffenden ausgelöst.
Unter anderen sieht der nun veröffentlichte Entwurf vor, dass bei der Bestellung von Intendanten von Stadttheatern, die Förderungen vom Staat erhalten, der zuständige Minister zustimmen muss. Bisher haben die Gemeinden allein entschieden, wer die von ihnen betriebenen Theater leitet. Beobachter sehen darin eine Reaktion der Regierung von Ministerpräsident Viktor Orban auf die Kommunalwahlen im Oktober, bei denen Orbans Fidesz-Partei die Hauptstadt Budapest und zehn weitere Städte an die Opposition verloren hatte.
Einige Bestimmungen, die in der internen Vorlage enthalten waren, fehlen nun im Entwurf. So wird der Nationale Kulturfonds, der über die Vergabe von Fördermittel entscheidet, nicht – wie ursprünglich geplant – abgeschafft. Zugleich aber formuliert der Entwurf weiterhin die „grundlegende Erwartung“ an Kulturschaffende, die Förderungen erhalten wollen, dass sie „die Interessen des Erhalts, des Wohlergehens und des Gedeihens der Nation aktiv schützen“.
Das neue Gesetz soll im Eilverfahren durchs Parlament gepeitscht und bereits am Mittwoch ohne wesentliche Debatte verabschiedet werden.
Zehntausende Ungarn haben inzwischen eine Online-Petition gegen das Vorhaben unterschrieben. Für Montagabend riefen Kulturschaffende zu einem Protest im Zentrum von Budapest auf.